Der Angriff
aufrichtig war oder ob er immer noch etwas für sich behielt. Sie blickte ihn, so wie ihr Boss, völlig ausdruckslos an, ohne auch nur das Geringste preiszugeben.
McMahon schaute schließlich zu Vizepräsident Baxter und Dallas King hinüber, die ihm gegenübersaßen. Vor dieser Sitzung hatte Irene Kennedy ihm erzählt, dass Baxter grünes Licht für den Einsatz der SEALs gegeben hatte – doch nun hatte General Flood die Schuld ganz allein auf sich genommen. McMahon beschloss zuzuwarten, bis er Gelegenheit hatte, sich mit Irene Kennedy allein zu unterhalten; spätestens dann würde er der Sache auf den Grund gehen.
Dallas King wischte sich mit einer beiläufigen Geste einen Schweißtropfen von der Oberlippe. Ihm war mittlerweile ziemlich heiß. Jedes Mal, wenn einer der Anwesenden ihn ansah, fragte er sich, ob derjenige vielleicht Bescheid wusste. Nachdem er heute Morgen im Fernsehen das Bild des Mannes gesehen hatte, mit dem er durch die Nachtklubs der Umgebung gezogen war, spielten Kings Nerven verrückt. Zuerst hatte er sich einzureden versucht, dass das nicht der Typ war, mit dem er sich wiederholt getroffen hatte. Der Kerl hieß Mike und war Student. Mike trug sein Haar nicht glatt zurückgekämmt, so wie der Mann auf dem Bild. Doch so sehr sich Dallas auch an den Gedanken klammerte, dass es sich nicht um denselben Mann handeln konnte – er musste sich schließlich doch eingestehen, dass er es war. Es gab einfach zu viele eigenartige Zufälle – zum Beispiel, dass ihm der Mann eine Zeit lang ständig über den Weg zu laufen schien. Und dann war der Kerl auch noch ein glühender Fan derselben Basketballmannschaft wie Dallas gewesen.
King schloss die Augen, als er daran dachte, wie er zusammen mit dem Mann einen nächtlichen Abstecher ins Weiße Haus unternommen hatte. Der Typ berichtete King, dass sein Onkel unter Kennedy für den Secret Service gearbeitet hätte, und überredete ihn, ihm den Tunnel in den Keller des Weißen Hauses zu zeigen. Mike erzählte ihm auch, dass zur Zeit der Kennedy-Administration manche Mitarbeiter des Weißen Hauses Frauen durch den Tunnel ins Haus brachten, um sich mit ihnen zu vergnügen.
Und genau das taten King und sein Kumpel auch in jener Nacht mit den beiden Ladies, die sie mitgebracht hatten. King konnte sein Pech einfach nicht fassen. Von den Hunderten von Menschen, die im Weißen Haus beschäftigt waren, musste sich dieser verrückte Terrorist ausgerechnet ihn aussuchen. Wie konntest du nur eine solche Scheiße bauen?, fragte er sich verzweifelt. Er musste jetzt scharf nachdenken, wie er aus dieser misslichen Lage wieder herauskam.
Als Mitch Rapp erwachte, hörte er Milt Adams schnarchen. Außerdem stellte er fest, dass ihm Anna Riellys brauner Pferdeschwanz ins Gesicht hing. Sein linker Arm lag unter ihrem Hals und sein rechter Arm auf ihrer Brust. Rapp hob den Kopf und versuchte, seinen rechten Arm von ihr zu lösen, worauf Anna seinen Arm nur noch fester umklammerte.
Es war wohl etwas seltsam, dass sie in dieser Position eingeschlafen waren, doch ihr Versteck war nun einmal nicht besonders geräumig. Nach dem Rückschlag der vergangenen Nacht war Rapp bis vier Uhr morgens mit Langley in Funkkontakt geblieben. Man sagte ihm, dass er fürs Erste abwarten und etwas schlafen solle. Man würde ihm dann am kommenden Morgen neue Anweisungen geben.
Rapp hatte der Zentrale gegenüber ganz offen seine Meinung zum Verlauf der Ereignisse zum Ausdruck gebracht; wenn sie ihm nämlich gestattet hätten, zu handeln, als die Chance da gewesen war, dann hätten jetzt Aziz und zwei weitere Terroristen den Tod gefunden, und ein toter SEAL wäre noch am Leben. Es überraschte Rapp keineswegs, dass von Langley kein Kommentar zu seinen Vorwürfen kam. Danach zwang sich Rapp, ein wenig zu schlafen. Er wusste aus Erfahrung, dass man bei solchen Operationen jede Gelegenheit zu ein paar Stunden Schlaf nützen musste. Rapp war sich über eines jedenfalls absolut sicher: Wenn ihm Aziz noch einmal über den Weg laufen sollte, dann würde er zuerst schießen und dann fragen.
Anna Rielly hatte Rapp überrascht, indem sie seine Arme genommen und sie um sich gezogen hatte, als sie sich schlafen legten. Kurz vor dem Einschlafen hatte sie noch seine Hand geküsst und irgendetwas geflüstert, das er nicht verstand. Er war ziemlich erstaunt von dem warmen Gefühl, das der kleine Kuss ihm vermittelte.
Rapp streckte sich, um zum Funkgerät hinüberzublicken, das zwischen ihm und Adams stand.
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