Der Angriff
bitte Sie als Nation, sich vor Ihrem Gott zu fragen, wer in diesem Krieg wem den größeren Schaden zugefügt hat.« Als Aziz innehielt und in die Kamera sah, war jede Aggression aus seinem Blick gewichen.
»Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat der Westen – und vor allem Sie, die Amerikaner und Ihre israelischen Verbündeten – mehr als eine halbe Million meiner arabischen Brüder getötet. Über fünfhunderttausend Menschen.« Erneut hielt Aziz inne und blickte in die Kamera, um die Zahl wirken zu lassen. »Sie leben hier in diesem wunderbaren Land mit all Ihrem Wohlstand und Ihrer hoch entwickelten Technik und sind taub für das Leid, das mein Volk schon so lange erdulden muss. Ich bitte Sie, sich für einen Moment in meine Lage zu versetzen, in die Lage des arabischen Volkes. Wer ist der größere Barbar – der Terrorist, der dreißig Menschen mit einer Autobombe tötet, oder der Präsident, der seine Luftstreitkräfte losschickt und einen Befehl gibt, der Tausenden den Tod bringt?
Wir werden uns über diese Frage vielleicht nie einigen können, aber wir sollten zumindest alle miteinander verstehen, dass das Ganze eine einzige große Tragödie ist. Ich spreche aber heute nicht zu Ihnen, um Schuld zuzuweisen, sondern um den ersten Schritt zu tun, dass wir das alles hinter uns lassen können. Ich spreche zu Ihnen, weil ich den Frieden will.
Als dieser Konflikt begann, habe ich Ihr FBI gewarnt, dass jeder Versuch, das Weiße Haus zurückzuerobern, zwecklos ist. Ich habe betont, dass jeder derartige Versuch dazu führen wird, dass Geiseln sterben müssen. Trotz dieser Warnungen hat Ihr arrogantes FBI vergangene Nacht einen Kommandotrupp in das Gebäude geschickt. Der Angriff wurde zurückgeschlagen, so wie ich es vorhergesagt hatte, und dabei ist eine unbekannte Anzahl von Angreifern ums Leben gekommen. Ich hatte eigentlich vor, einen Ihrer Mitbürger heute Morgen zu töten, um das FBI und Ihre leichtsinnigen politischen Verantwortlichen zu bestrafen … aber ich habe beschlossen, diesen Menschen am Leben zu lassen, um meinen guten Willen zu zeigen. Ich finde es nicht richtig, dass ein Unschuldiger für die Dummheit und Arroganz der kleinen Gruppe von Kriegstreibern bezahlen muss, die Ihr Land regieren.
Meine aufrichtige Hoffnung ist, dass dieser Konflikt friedlich gelöst werden kann, und deswegen wende ich mich heute an Sie, das friedliebende amerikanische Volk. Es ist schon genug Blut vergossen worden. Es ist Zeit für uns, dass wir aufhören, als Feinde zu leben.« Aziz machte erneut eine kurze Pause, um die Wirkung seiner Worte zu verstärken. »Aber bevor das möglich wird, muss Amerika als wirklich unabhängiger Anwalt an den Verhandlungstisch im Nahen Osten kommen, und nicht als großer Bruder Israels. Ich habe noch zwei Forderungen, und wenn diese Forderungen erfüllt werden, gebe ich Ihnen dieses großartige Haus zurück und lasse die Menschen, die sich darin befinden, frei. Meine erste Forderung ist ganz einfach. Die USA müssen bis heute, sechs Uhr abends, die Vereinten Nationen dazu bewegen, die wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Irak aufzuheben. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass die Sanktionen für all jene Güter beibehalten werden, die es dem Irak ermöglichen würden, Massenvernichtungswaffen herzustellen. Meine tiefe Sorge ist es, dass meine arabischen Brüder und Schwestern verhungern müssen, weil die politischen Führer des Westens und des Iraks verfeindet sind. Das ist nicht richtig und muss verhindert werden.
Wenn diese Forderung nicht bis heute Abend erfüllt wird«, fuhr Aziz mit etwas grimmigerer Miene fort, »dann bin ich gezwungen, jede Stunde eine Geisel zu töten, bis Ihre Verantwortlichen einlenken. Ich wiederhole noch einmal, dass jeder Versuch, die Geiseln mit Gewalt zu befreien, strengstens bestraft wird. Ein Knopfdruck genügt, damit dieses ganze Haus binnen weniger Sekunden in Schutt und Asche liegt und jeden unter sich begräbt, der sich darin befindet. Wird meine Forderung erfüllt, so lasse ich die Hälfte der verbleibenden Geiseln frei. Danach werde ich meine letzte Forderung bekannt geben. Wenn auch diese Forderung erfüllt ist, werden all die unschuldigen Menschen verschont, die zufällig zwischen die Fronten dieses Konflikts geraten sind, und wir können damit beginnen, die Beziehungen zwischen unseren Völkern in Ordnung zu bringen.«
Aziz senkte kurz den Blick, so als suche er nach irgendetwas. Als er wieder aufblickte, sagte er: »Ich bitte Sie
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