Der Angriff
Hörer auf und erhob sich. Er nahm sein Sakko von der Sessellehne, schlüpfte hinein, zog kurz an den Ärmeln und schloss einen der Knöpfe des dunklen Jacketts. Lächelnd trat er hinter dem Schreibtisch hervor. »Prinz Kalib«, sagte er, »es ist mir eine Ehre, Sie endlich kennen zu lernen.«
Rafik Aziz erhob sich von der Couch und schaute dem Präsidenten mit seinem ersten ehrlichen Lächeln an diesem Tag entgegen. Währenddessen tastete er mit der rechten Hand nach dem Knopf an seiner Uhr. Er hatte es so oft trainiert und noch viel öfter davon geträumt. Genau so hatte er es sich immer vorgestellt. Die typisch amerikanische Geste des Händeschüttelns – sie bot ihm die ideale Gelegenheit, um zuzuschlagen. Es war richtig gewesen, zu warten, bis der Präsident zu ihm kam. Aziz’ Lächeln wurde noch breiter, als sein Zeigefinger die Uhr einmal umkreiste und den richtigen Knopf suchte. Er fand ihn und drückte ihn zweimal. Dann wanderte seine Hand beiläufig an den Gürtel, während er innerlich jubelnd den Präsidenten näher kommen sah.
TREASURY BUILDING
Im Führerhaus des »White-Knight-Linen«-Wagens spürte Abu Hasan das Vibrieren an seiner Hüfte und warf das Klemmbrett beiseite. Während er mit der linken Hand rasch die Tür öffnete, griff er mit der rechten nach einem kleinen Bündel, sprang aus dem Führerhaus und hörte gleichzeitig ein Dröhnen aus dem Laderaum, als der Stapler und die Geländefahrzeuge gestartet wurden. Hasan sprintete zu der grauen Tür, ging auf ein Knie nieder und legte das Stoffbündel vor sich auf den Boden. Er öffnete es, nahm die Sprengladung heraus und befestigte sie an der Tür. Eine Sprengkapsel steckte er in den Plastiksprengstoff, dann lief er mit einer Rolle Primacord-Sprengschnur einige Meter an der Wand entlang, hockte sich nieder und löste die Zündung aus. Einen Sekundenbruchteil später folgte ein kurzer, lauter Knall.
Im nächsten Augenblick ging die Heckklappe des Lieferwagens auf, und zwei Männer sprangen heraus. Sie zogen rasch die Rampe herunter und befestigten sie, während Bengazi bereits den Stapler in Bewegung setzte. Er manövrierte das schwere Gerät vorsichtig auf die Rampe und ließ es hinunterrollen. Als alle vier Räder auf festem Boden standen, stieg Bengazi auf das Gaspedal und raste auf die aufgesprengte Tür zu. Die beiden Männer mit den Granatwerfern liefen auf ihn zu und sprangen auf die Trittbretter.
Hasan riss die Überreste der Marilyn-Monroe-Tür auf. Eine Kordit-Wolke erfüllte die Luft, und die Männer zogen ihre Gasmasken über das Gesicht. Der Stapler beschleunigte erneut und fuhr dröhnend in den Tunnel hinein, während die Geländewagen einer nach dem anderen die Rampe hinunterrollten und ebenfalls zum Tunnel brausten.
WASHINGTON HOTEL
Im obersten Stockwerk des Washington Hotels stand Salim Rusan in dem vollgepfropften Abstellraum und wartete geduldig. Vor ihm auf einem sauberen weißen Tuch lag ein russisches SVD-Scharfschützengewehr. Wer mit dieser Waffe umzugehen wusste, konnte einen tödlichen Schuss auf eine Entfernung von bis zu tausend Metern anbringen. Rusan würde nicht einmal ein Viertel dieser Reichweite ausnützen müssen.
Der Pager begann zu vibrieren – das Signal, dass es nach fast einem Jahr der Planung endlich losging. Rusan stellte den Pager ab, nahm das Gewehr und eilte auf den menschenleeren Flur hinaus, direkt auf die Tür zur Dachterrasse zu. Er atmete tief durch und öffnete die Tür. Auf der Terrasse warf er sich zu Boden und kroch die zehn Meter bis zum Rand der Dachterrasse. Er legte das Gewehr an Schulter und Wange an und nahm zunächst den großen Säulengang am südlichen Ende des Weißen Hauses ins Visier. Von dort schwenkte er zum Oval Office hinüber und bereitete sich darauf vor, zu feuern. Er gelangte zur Tür, die zum Büro des Präsidenten führte – doch da war niemand. Rusan hatte nur wenig Zeit zur Verfügung und ging deshalb gleich zu seinem zweiten Ziel weiter. Durch sein Zielfernrohr sah er nicht einen, sondern gleich vier Secret-Service-Leute bei der Wachkabine auf dem Dach des Weißen Hauses stehen. Rusan nahm den Agenten ganz links aufs Korn, richtete das Fadenkreuz auf den Kopf des Mannes und drückte ab.
IM WEISSEN HAUS
Als die beiden Männer vor dem Haupteingang zum Oval Office den Alarmruf von Jack Warch hörten, rissen sie sofort ihre Waffen heraus. Der kleinere der beiden zog außerdem einen Schlüsselbund aus der Tasche
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