Der Angriff
Schlepptau kroch Rapp wie ein Alligator dahin. Der Empfang in seinem Funkgerät wurde währenddessen immer schlechter.
Nicht lange, nachdem sie den Funkkontakt mit Rapp verloren hatten, brach auch die Verbindung mit Milt Adams ab. Jetzt konnten Irene Kennedy und die anderen nichts mehr tun als warten. Ihr kam der Gedanke, dass sich die Leute in der NASA-Kontrollzentrale einst während der Apollo-Mondflüge ganz ähnlich gefühlt haben mussten. Als sich die Astronauten an der Rückseite des Mondes befanden, hatte es ebenfalls eine Zeit gegeben, in der kein Funkkontakt mehr möglich war. Die Wissenschaftler saßen damals nervös auf ihren Plätzen und hofften, dass das Raumschiff mit seiner Besatzung heil wieder zur Erde zurückkehren würde. Genauso erging es ihnen jetzt. Sie konnten nichts mehr tun als abwarten.
Irene Kennedy nahm ihren Kopfhörer ab, blickte auf die Uhren an der Wand zu ihrer Rechten und rief sich in Erinnerung, dass es sehr wohl etwas gab, das sich erledigen ließe. Genau in der Mitte der Wand hing die Uhr, die die Washingtoner Zeit anzeigte. Es war fast elf Uhr abends. Eine der Uhren weiter rechts zeigte die Zeit an, die Irene wissen wollte. Sie nahm das Telefon zur Hand und wählte aus dem Gedächtnis eine bestimmte Nummer, eine sehr wichtige Telefonnummer. Es war jetzt kurz vor sieben Uhr morgens in Tel Aviv, und wenn ihr israelischer Kollege noch nicht da sein sollte, so würde er bestimmt bald kommen. Nach einigen Sekunden hob am anderen Ende jemand ab.
»Ja, Fine hier«, meldete sich Oberst Ben Fine vom israelischen Geheimdienst Mossad. Oberst Fine bekleidete die gleiche Position wie Irene Kennedy, war also der Mann, der bei Mossad für die Terrorbekämpfung verantwortlich war.
»Hallo, Ben, hier spricht Irene Kennedy.«
»Irene«, sagte Ben aufgeregt. »Es tut mir Leid, dass ich noch nicht angerufen habe – aber ich dachte mir, dass ihr bestimmt alle Hände voll zu tun habt.«
»Haben Sie die Ereignisse verfolgt?«, fragte Irene mit müder Stimme.
»Natürlich. Kann ich euch irgendwie helfen?«
»Na ja, es gäbe da schon etwas«, antwortete Irene und blickte auf ein Blatt Papier hinunter, das sie vor sich liegen hatte. »Sie könnten ein paar Namen für mich überprüfen.«
»Wie viele?«
»Zehn. Wir haben einiges Material über sieben der zehn Personen, aber über die letzten drei wissen wir überhaupt nichts.« Dr. Kennedy sah erneut auf die Namen hinunter, die Dr. Hornig ihr gegeben hatte.
»Sie können auf mich zählen, dass ich alle Quellen nützen werde, die mir zur Verfügung stehen. Schicken Sie mir die Liste; ich kümmere mich persönlich um die Sache.«
»Danke, Ben. Sie tun mir einen großen Gefallen damit.«
Es folgte eine kurze Pause, ehe der Oberst sagte: »Also, ich hätte da auch eine Frage an Sie. Wir haben unbestätigte Meldungen bekommen, wonach ein bestimmtes hochrangiges Mitglied der Hizbollah verschwunden ist.« Der israelische Oberst hielt kurz inne und fügte dann hinzu: »Sie wissen nicht zufällig etwas darüber, oder?«
Irene Kennedy blickte kurz zu den Fernsehschirmen vor ihr auf. »Na ja, es könnte schon sein, dass ich etwas darüber in Erfahrung bringen kann.«
Fine antwortete nicht sofort. Eine Hand wäscht die andere, schien er mit seinem vielsagenden Schweigen ausdrücken zu wollen. »Ich hoffe, Sie können mir demnächst Näheres dazu mitteilen.«
»Das hatte ich sowieso vor«, antwortete Irene Kennedy wahrheitsgemäß.
»Gut«, stellte Fine zufrieden fest. »Brauchen Sie sonst noch etwas von mir?«
Irene Kennedy überlegte einen Augenblick. »Nein, nicht dass ich wüsste, aber wenn Sie mir mit den Namen irgendwie weiterhelfen könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
»Ich kümmere mich gleich darum. Und Sie können jederzeit anrufen, wenn Sie sonst noch etwas brauchen.«
»Das werde ich. Danke, Ben.« Nachdem sie aufgelegt hatte, schob Irene Kennedy die Liste mit den Namen in eine Mappe und ging damit bis ans Ende ihrer Reihe. Sie winkte einem ihrer Mitarbeiter zu, der sogleich die Treppe herunterkam. Irene übergab ihm die Mappe. »Faxen Sie das sofort an Oberst Fine.« Der Mann nickte eifrig und ging mit der Mappe zum Faxgerät.
Nichts als Rauschen in seinem Ohrhörer. Ich muss bald das Ende erreicht haben, dachte Rapp. Der Tunnel schien immer enger und enger zu werden. Rapp schwitzte aus allen Poren, und sein Herz schlug viel schneller, als ihm lieb war. Das Rauschen irritierte ihn, und er nahm den Kopfhörer ab und
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