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Der Angstmacher

Der Angstmacher

Titel: Der Angstmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sie.
    Blond, irgendwie selbstvergessen, bekleidet mit Jeans und Pullover. Ihre Augen hatte sie auf den Dirigenten gerichtet, der noch immer schimpfte und plötzlich von einer Frauenstimme unterbrochen wurde.
    »Wenn jemand zuschaut, können wir uns auch nicht konzentrieren, Herr Dr. Kimmler.«
    »Wieso?«
    »Schauen Sie mal zum Fenster!«
    Der Meister des Taktstocks drehte den Kopf, sah mich und wurde puterrot im Gesicht. »Sie!« rief er und deutete mit dem Taktstock auf mich, als hätte er eine kurze Lanze in den Hand. »Sie! Was suchen Sie hier?«
    »Guten Tag«, sagte ich.
    Über diese Antwort konnten die jungen Leute nur lachen, im Gegensatz zu Dr. Kimmler. »Ich habe Sie etwas gelragt!«
    »Entschuldigen Sie. Mein Name ist John Sinclair. Ich hätte Sie gern einmal gesprochen, Herr Dr. Kimmler.«
    »Mich — jetzt?«
    »Ja.«
    Er schüttelte wild den Kopf, und seine hellgraue Haarmähne geriet ebenfalls in Bewegung. »Das geht nicht. Sie sehen doch, daß ich eine Probe habe. Wer sind Sie überhaupt?«
    »Presse«, log ich.
    »Ach nein, nur nicht. Ich habe einen Termin für die Presse arrangiert und werde ihn auch einhalten.«
    »Ich bin extra aus London gekommen.« Während dieser Worte schaute ich kurz zu Sally Saler hin, aber in ihrem Gesicht regte sich nichts. Entweder konnte sie sich gut verstellen, oder sie hatte sich wirklich nichts bei meinen Worten gedacht.
    »Das interessiert mich nicht. Sie können jetzt keinen Termin bei mir haben.«
    »Und wenn Sie Ihre Stunde beendet haben?«
    »Ja, ich meine…«
    »In einer Stunde vielleicht?«
    Mit dieser Frage hatte ich ihn überumpelt. Dr. Kimmler nickte mir zu.
    »Also gut, in einer Stunde.«
    »Danke sehr, ich werde pünktlich sein.« Mit einem letzten Blick auf die Mitglieder des Orchesters zog ich mich zurück. Das hatte ja besser geklappt, als ich annahm.
    Die Zeit wollte ich nutzen, um mich ein wenig im Freilichtmuseum umzuschauen.
    Es war tatsächlich etwas Besonderes. Man hatte die alten Häuser und Bauernhöfe wunderbar in das waldreiche Gelände integriert. Die Häuser standen niemals zu dicht zusammen, es war stets genügend Platz zwischen ihnen vorhanden. Eine Schulklasse wurde durch das Gelände geführt. Die Kinder drängten sich in jedes Haus.
    Die meisten waren im Fachwerkstil erbaut. Auch ich nutzte die Chance und schaute mir die Bauten von innen an.
    Für mich war alles sehr klein und niedrig. Nie konnte ich mich aufrecht hinstellen, ohne Gefahr zu laufen, mit dem Kopf gegen eine Decke oder einen Balken zu stoßen.
    Ich schaute in kleine Schlafzimmer, Küchen und Wohnräume. Die Fenster besaßen ebenfalls nur geringe Ausmaße. Man wollte sie nicht zu groß haben, so blieb im Sommer die Hitze draußen, im Winter die Wärme des Feuers drinnen.
    Die einzelnen Räume waren auch eingerichtet worden. Betten, Tische, Stühle, auch Geschirr entdeckte ich an den Wänden dicht bei den Kaminen. Töpfe, Pfannen, Schürhaken, all das gehörte ebenfalls zur Ausstattung. Es war alles so interessant, daß ich fast den Zeitpunkt des Treffens vergaß. Das Museum allerdings wollte ich mir auch noch vornehmen, falls es meine Zeit hier erlaubte.
    Ich schlenderte wieder zurück. Jetzt begegneten mir auch mehr Besucher. Der Trend, das die Leute wieder ins Museum gingen, hielt auch hier in Germany an.
    Ich freute mich darüber, weil ich selbst zu den Menschen gehörte, die gern ein Museum besuchten.
    Die Probe war noch nicht beendet. Musikfetzen schallten aus dem offenen Fenster, und sehr deutlich hörte ich auch den Klang der Harfe heraus. Ich blieb stehen, um zu lauschen.
    Dabei dachte ich darüber nach, ob die Harfe tatsächlich von einer bösen Macht befallen war. So wie sie sich anhörte, konnte ich mir das kaum vorstellen.
    Ich wartete noch ein paar Minuten und war über der vereinbarten Zeit, als die Stimme des Dirigenten aufhallte. »So, meine Herrschaften. Drei Stunden Pause, dann geht es weiter.«
    »Wir waren doch gut.«
    »Nein, nicht perfekt.«
    »Das muß aber nicht sein.«
    »Soll ich Sie nach Hause schicken, van Straaten?«
    »Nein, Herr Doktor, ich bleibe.«
    »Dann halten Sie gefälligst den Mund.«
    Ich hatte mich draußen vor der Tür aufgebaut, weil ich damit rechnete, daß die Musiker durch sie den Raum verlassen würden. Das geschah nicht. Sie gingen durch eine zweite Tür direkt zu ihren Zimmern. Oder in den Speisesaal, denn ich nahm einen Essensgeruch wahr. Dr. Kimmler blieb noch. Er hatte auf einem Stuhl seinen Platz, gefunden und wischte

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