Der Anruf kam nach Mitternacht
niemals gab?«
»Kein Geist. Ein Mann.«
»Und das, was du mit ihm hattest, willst du als Ehe bezeichnen?«
Sarah schüttelte den Kopf. »Nein, so naiv bin ich nicht.«
»Dann vergiss ihn, Sarah!« Er küsste sie auf die Stirn, und sie spürte seinen warmen Atem. »Vergiss deine Erinnerungen. Das war nicht die Wirklichkeit. Lebe dein eigenes Leben!«
»Aber ein Teil von mir fragt sich immer noch …«
Sie seufzte. »Ich habe etwas über mich gelernt, Nick, etwas, das mir nicht gefällt. Ich habe eine Illusion geliebt. Das war er doch, nichts als ein Traum. Aber ich wollte, dass er Wirklichkeit sei. Ich machte ihn zur Wirklichkeit, weil ich ihn brauchte.« Traurig schüttelte sie den Kopf. »Notwendigkeit. Das ist es, was uns zerstört. Sie macht uns allem anderen gegenüber blind. Und jetzt brauche ich dich.«
»Ist das so schlimm?«
»Ich bin mir über meine Beweggründe nicht mehr im Klaren. Verliebe ich mich in dich? Oder rede ich mir das nur ein, weil ich dich so sehr brauche?«
Langsam, zögernd, fing Nick an, ihr das Kleid zuzuknöpfen. »Darauf wirst du nicht eher die Antwort finden«, sagte er, »als bis du in Sicherheit bist. Erst dann, wenn du die Freiheit hast zu entscheiden, ob du bei mir bleiben oder gehen willst. In dem Augenblick wirst du es wissen.«
Sie legte ihre Fingerspitzen auf seine Lippen. »Nick, es ist nicht so, dass ich dich nicht will. Es ist nur …« Sie verstummte.
Nick konnte den inneren Kampf in ihren Augen lesen, in diesen Augen, die ihn vertrauensvoll ansahen und nichts verbergen konnten. Er wollte Sarah besitzen. Er wollte es so sehr, dass es schmerzte. Aber der Augenblick und die Umstände waren falsch, sie befand sich noch immer in einer Art Schockzustand. Und selbst wenn es nie einen Ehemann gegeben hätte, konnte Nick sich nicht vorstellen, dass Sarah eine Frau war, die sich leicht einem Mann hingab.
»Du bist enttäuscht«, sagte sie weich.
Nick zwang sich zu einem Lächeln. »Ich gebe es zu.«
»Es ist nur, dass …«
»Nicht, Sarah«, unterbrach er sie. »Du musst nichts erklären. Ich möchte dich nur halten. Lass dich von mir halten.«
Sie barg das Gesicht an seiner Schulter. »Nick, was sollen wir jetzt nur tun?«, flüsterte sie.
»Das überlege ich mir gerade.«
»Wir können nicht ständig auf der Flucht sein.«
»Nein. Mit dem Geld kommen wir ein paar Monate aus, vielleicht. Aber selbst wenn es ewig reichte, würde dieser Schatten ständig zwischen uns sein. Du würdest nicht aufhören, dich zu fragen. Du wärest nie wirklich frei …« Er sah sie eindringlich an. »Du musst mit diesem Teil deines Lebens abschließen«, sagte er. »Um das zu können, wirst du Geoffrey finden müssen.«
Er hätte ebenso gut sagen können, sie solle zum Mond fliegen. Es war einfach ausgeschlossen. Wie sollten sie ganz Europa nach einem Mann absuchen? Noch schlimmer, wie sollten sie ihn finden, ohne selbst in Gefahr zu geraten? Sie waren Unschuldige, die zu Figuren in einem Spiel geworden waren, das sie nicht begriffen, ein Spiel mit unsichtbaren Mitspielern und unbekannten Einsätzen, unbekannt bis auf einen – ihr Leben.
»Uns blieb keine andere Wahl«, sagte Nick nach einem kurzen Schweigen. »Ich musste heute ein Risiko eingehen. Ich habe Roy Potter angerufen.«
Sie fuhr zurück und starrte ihn an. »Du hast ihn angerufen?«
»Aus einer Telefonzelle in der Stadt. Hör zu, er weiß bereits, dass wir in Brüssel sind. Er kontrolliert wahrscheinlich sowieso unsere Bankkonten. Ich gehe jede Wette ein, dass der Betrag, den wir heute Nachmittag abgehoben haben, jetzt irgendwo auf einem CIA-Computer aufblinkt.«
»Warum hast du ihn angerufen? Ich dachte, du hättest kein Vertrauen in ihn?«
»Habe ich auch nicht. Aber ich könnte mich ja irren. Vielleicht ist er ganz in Ordnung. Dann habe ich ihm etwas zum Nachdenken gegeben, und er wird jetzt seine Leute unter die Lupe nehmen, falls er das nicht bereits getan haben sollte.«
»Er wird nach uns suchen …«
»Brüssel ist eine große Stadt. Und wir können immer weiterfahren.« Nicks Blick wurde sehr drängend. »Sarah, ich habe vielleicht die besten Kontakte, aber der Rest liegt bei dir. Du warst mit Geoffrey verheiratet. Denk nach, Sarah! Wohin könnte er gegangen sein?«
»Ich habe schon so lange darüber nachgedacht. Ich weiß es einfach nicht.«
»Könnte er dir eine Nachricht hinterlassen haben? Irgendwo, wo du sie nicht vermutet hast?«
»Ich habe nur meine Handtasche.«
»Dann lass uns damit
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