Der Anruf kam nach Mitternacht
erbracht. Eine Kugel bringt wenigstens ein Ergebnis.«
»Sie machen sich Ihre Sache allerdings ganz schön leicht, wenn Sie den Leuten einfach den Kopf wegschießen. Was also ist schief gelaufen? Warum ist Ihr Superagent nicht zum Ziel gekommen?«
Potter schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. In Amsterdam wurde Dance nervös. Er verließ die Stadt wie ein verängstigtes Kaninchen. Aus irgendeinem sonderbaren Grund flog er nach Berlin und stieg in diesem alten Hotel ab, wo an jenem Abend das Feuer ausbrach. Doch das wissen Sie ja bereits. Und das war das Letzte, was wir von Simon Dance gehört haben.«
»Und war es seine Leiche, die im Hotel gefunden wurde?«
»Uns liegen keine Zahnbefunde vor, aufgrund derer wir es nachweisen könnten, aber ich tendiere dazu, es anzunehmen. Es wurde sonst niemand als vermisst gemeldet. Dance ist nirgendwo wieder aufgetaucht. Was wirklich dahintersteckt, bleibt Ihrer Phantasie überlassen. Mord? Selbstmord? Beides ist möglich. Er war deprimiert und niedergeschlagen.«
Nick runzelte die Stirn. »Wenn er aber der Tote aus diesem Hotel ist … wer hat dann Sarah angerufen?«
»Das war ich.«
»Sie?«
»Es war ein Tonband, das aus verschiedenen Aufnahmen seiner Stimme zusammengeschnitten worden war. Sie müssen wissen, wir hatten das Telefon in seinem Londoner Hotel angezapft.«
Nick hielt die Armlehne des Sessels fest umklammert und versuchte, so sachlich wie möglich zu bleiben. »Sie wollten Sarah Fontaine nach Europa bekommen? Aus Ihren Worten geht doch klar hervor, dass Sie sie als Zielscheibe benötigten.«
»Nicht als Zielscheibe, O’Hara, nur als Lockvogel. Wie ich hörte, wollte Magus noch immer Dance erledigen lassen. Er glaubte offensichtlich nicht an dessen Tod. Wenn wir Magus dazu bringen konnten anzunehmen, Sarah wisse etwas, dann würde er sich ihr auf die Fersen heften. Deshalb haben wir sie nach Europa gelockt. Wir hofften, Magus würde seine Deckung aufgeben. Wir haben Sarah die ganze Zeit über im Auge behalten. Das heißt, bis Sie sie versteckt haben.«
»Ihr miesen Kerle«, explodierte Nick. »Für euch war sie nichts anderes als ein – ein Mittel zum Zweck, ein Opferlamm!«
»Hier geht es um etwas viel Wichtigeres …«
Nick sprang auf. »Zum Teufel mit euren Wichtigkeiten!«
Van Dam rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her. »Mr. O’Hara, setzen Sie sich bitte wieder. Versuchen Sie doch, die gesamte Situation zu sehen …«
Nick wirbelte herum. »War das Ganze Ihr genialer Einfall?«
»Nein, meiner«, räumte Potter ein. »Mr. van Dam hatte nichts damit zu tun. Er erfuhr von der Sache erst später, nachdem er in London eingetroffen war.«
Nick sah Potter an. »Sie? Ich hätte es wissen sollen! Das war ganz Ihre Handschrift. Wie sehen denn jetzt Ihre Pläne aus? Sollen wir Sarah vielleicht direkt vor der Gedächtniskirche anbinden und ihr ein Schild umhängen, auf dem ›Freiwild‹ steht?«
Potter schüttelte den Kopf und sagte ruhig: »Nein. Die Operation ist beendet. Mr. van Dam will Mrs. Fontaine in Sicherheit bringen.«
»Und was geschieht dann?«
»Allen, die in diese Sache verwickelt sind, wird klar werden, dass Fontaine wirklich tot ist. Man wird seine Frau in Ruhe lassen. Wir werden Magus zu einem anderen Zeitpunkt finden müssen.«
»Und Wes Corrigan? Ich will, dass er da rausgehalten wird.«
»Schon geschehen. Seine Karriere wird keinen Schaden nehmen. In seinem Personalbogen wird kein Vermerk gemacht.«
Langsam setzte Nick sich wieder und musterte Potter finster. Seine Entscheidung und deren Konsequenzen beruhten jetzt auf einem einzigen Umstand: Konnte er diesen Männern trauen? Selbst wenn es nicht so wäre, blieb ihm eine andere Wahl? Sarah war allein und verbarg sich vor einem Mörder. Sie würde da nicht ohne Hilfe lebend herauskommen. »Falls das eine Falle sein sollte …«
»Es besteht kein Grund, mir zu drohen, O’Hara. Ich weiß, wozu Sie fähig sind.«
»Nein«, entgegnete Nick, »das glaube ich nicht. Und wir wollen hoffen, dass Sie es auch niemals herausfinden werden.«
»Wo kann ich ihn in Amsterdam finden?«, fragte Sarah die Frau. Sie näherten sich zwischen den Bäumen wieder langsam dem wartenden Wagen.
»Wenn ich Ihnen etwas sagen würde, könnte das Simon umbringen.«
»Ich werde sehr vorsichtig sein.«
Die Frau sah Sarah prüfend an. »In Amsterdam«, sagte sie nach einigem Zögern, »gibt es eine Kneipe, die Casa Morro. Sie befindet sich in der Oude-Zijds-Voorburgwal-Straße. Die
Weitere Kostenlose Bücher