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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Straße stritten. Die Vergangenheit harmonisierte; sie versuchte auch die Balance herzustellen, was ihr meistens gelang. Die Cullums saßen an einem Ende der Wippe, die Oswalds am anderen.
    Und Jake Epping, auch als George Amberson bekannt? Er war der Dreh- und Angelpunkt.
    Gegen Ende unserer Marathonsitzung gewann ich mein erstes Spiel. Drei Partien später, wenige Minuten nach vier Uhr, gewann ich sogar mit großen Vorsprung und lachte entzückt. Die kleine Jenna lachte mit, dann beugte sie sich in ihrem Hochstuhl nach vorn und zog mich freundschaftlich an den Haaren.
    »Das war’s!«, rief ich lachend. Die drei Cullums stimmten in mein Lachen ein. »Damit höre ich auf!« Ich zog die Geldbörse heraus und legte drei Fünfziger auf die rot-weiß karierte Plastikdecke auf dem Küchentisch. »Und es war jeden Cent wert!«
    Andy schob die Scheine wieder zu mir herüber. »Stecken Sie die wieder ein, George. Mir hat’s zu viel Spaß gemacht, als dass ich Ihr Geld nehmen könnte.«
    Ich nickte scheinbar zustimmend, dann schob ich die Fünfziger zu Marnie hinüber, die sie rasch an sich nahm. »Danke, Mr. Amberson.« Nach einem vorwurfsvollen Blick zu ihrem Mann wandte sie sich wieder an mich. »Das Geld können wir wirklich brauchen.«
    »Gut.« Ich stand auf und streckte mich, dass meine Gelenke knackten. Irgendwo – fünf Meilen von hier, vielleicht sieben – stiegen Carolyn Poulin und ihr Vater wieder in einen Pick-up, auf dessen Türen Poulin Maurer- & Holzarbeiten stand. Vielleicht hatten sie einen Weißwedelhirsch geschossen, vielleicht auch nicht. Jedenfalls hatten sie bestimmt einen netten Nachmittag im Wald verbracht und darüber geredet, worüber Väter und Töchter eben so sprachen, und das freute mich für sie.
    »Bleiben Sie zum Abendessen, George«, sagte Marnie. »Ich habe Bohnen und Hotdogs.«
    Also blieb ich, und anschließend sahen wir uns die Nachrichten auf Cullums kleinem Tischfernseher an. In New Hampshire hatte es einen tödlichen Jagdunfall gegeben, aber keinen in Maine. Obwohl ich pappsatt war, ließ ich mich zu einer zweiten Portion von Marnies Fruchtpastete überreden, dann stand ich auf und dankte den beiden sehr für ihre Gastfreundschaft.
    Andy Cullum streckte mir die Rechte hin. »Nächstes Mal spielen wir umsonst, okay?«
    »Klar doch.« Aber es würde kein nächstes Mal geben, und ich vermutete, dass er das wusste.
    Wie sich zeigte, wusste das auch seine Frau. Sie holte mich ein, als ich eben ins Auto steigen wollte. Marnie hatte ihre Kleine in eine Decke gehüllt und ihr eine Mütze aufgesetzt, aber sie selbst trug keinen Mantel. Ich konnte ihren Atem sehen, und sie fröstelte sichtbar.
    »Mrs. Cullum, Sie sollten reingehen, bevor Sie sich eine Erkältung oder Schlim…«
    »Wovor haben Sie ihn gerettet?«
    »Wie bitte?«
    »Ich weiß, dass Sie deswegen gekommen sind. Ich habe gebetet, während Sie mit Andy auf der Veranda gespielt haben. Gott hat mir eine Antwort geschickt, aber nicht die ganze Antwort. Wovor haben Sie ihn gerettet?«
    Ich legte die Hände auf ihre zitternden Schultern und sah ihr in die Augen. »Marnie … wenn Gott wollte, dass Sie das erfahren, hätte er es Ihnen erzählt.«
    Sie umarmte mich plötzlich und drückte mich an sich. Ich war überrascht, aber ich erwiderte ihre Umarmung. Die zwischen uns eingeklemmte kleine Jenna starrte mit großen Augen zu uns herauf.
    »Was immer es war, danke dafür«, flüsterte Marnie mir ins Ohr. Von ihrem warmen Atem bekam ich eine Gänsehaut.
    »Gehen Sie wieder rein, Schätzchen. Bevor Sie erfrieren.«
    Die Haustür ging auf. Auf der Schwelle erschien Andy mit einer Bierdose in der Hand. »Marnie? Marn?«
    Sie trat einen Schritt von mir weg. Die dunklen Augen hatte sie weit aufgerissen. »Gott hat uns einen Schutzengel geschickt«, sagte sie. »Ich werde nicht davon sprechen, aber oft daran denken. Und es im Herzen bewegen.« Dann hastete sie zur Haustür zurück, an der ihr Mann wartete.
    Engel. Das war jetzt das zweite Mal, dass ich das gehört hatte, und ich bewegte ihre Worte in meinem Herzen – am selben Abend, als ich in dem Blockhaus in meinem Bett lag und auf Schlaf wartete, und am nächsten Tag, als ich in meinem Kanu unter einem kalten, blauen Himmel, der den Winter ankündigte, durch sonntagsstilles Wasser trieb.
    Schutzengel.
    Am Montag, dem 17. November, sah ich die ersten wirbelnden Schneeflocken und nahm sie als Zeichen. Ich packte und fuhr nach Sebago Village hinunter, wo ich Mr. Winchell im Lakeside

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