Der Anschlag - King, S: Anschlag
man an diesen Pfad, okay? Den mit Giftefeu gesäumten. Und an das Brett über dem Bach.
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Ich quartierte mich sechzig Meilen südlich von Tampa in der Kleinstadt Sunset Point ein. Für achtzig Dollar im Monat mietete ich eine Fischerhütte am schönsten (und weitgehend menschenleeren) Strand, den ich je gesehen hatte. In meinem Strandabschnitt gab es vier weitere ähnliche Hütten, alle so bescheiden wie meine. Von den neu-hässlichen McMansions, die später in diesem Teil Floridas wie Pilze aus dem Boden schießen sollten, war noch nichts zu sehen. In Nokomis, zehn Meilen weiter südlich, gab es einen Supermarkt, und in Venice gab es ein verschlafenes Geschäftsviertel. Die Route 41, der Tamiami Trail, war kaum mehr als eine Landstraße. Man konnte sie nur langsam befahren, vor allem in der Abenddämmerung, in der sie gern von Alligatoren und Gürteltieren überquert wurde. Zwischen Sarasota und Venice gab es Obststände, kleine Läden am Straßenrand, ein paar Bars und ein Tanzlokal, das Blackie’s hieß. Hinter Venice, Bruder, war man dann mehr oder minder auf sich allein gestellt, zumindest bis man Fort Myers erreichte.
Ich ließ George Ambersons Rolle als Immobilienmakler hinter mir zurück. Im Frühjahr 1958 war Amerika von einer Rezession erfasst worden. An der Golfküste Floridas verkauften alle, aber niemand wollte kaufen, also wurde George Amberson genau das, was Al vorgeschwebt hatte: ein Möchtegern-Schriftsteller, dessen mäßig reicher Onkel ihm so viel hinterlassen hatte, dass er davon leben konnte, zumindest für einige Zeit.
Ich schrieb tatsächlich – und nicht nur an einem Projekt, sondern an zweien. Morgens, wenn ich am frischesten war, begann ich an dem Manuskript zu arbeiten, das Sie jetzt lesen (falls es Sie jemals gibt). Abends schrieb ich an einem Roman, dem ich den Arbeitstitel The Murder Place gegeben hatte. Der fragliche Ort war natürlich Derry, auch wenn er in meinem Buch Dawson hieß. Mein Roman diente nur als Requisite für den Fall, dass neue Freunde sehen wollten, woran ich arbeitete (mein »Morgenmanuskript« bewahrte ich in einer abgeschlossenen Stahlkassette unter meinem Bett auf). Im Lauf der Zeit wurde The Murder Place mehr als nur eine Tarnung. Ich fing an zu glauben, dass der Roman gut war, und zu hoffen, dass er eines Tages wirklich erscheinen würde.
Eine Stunde Memoiren am Morgen und eine Stunde Roman am Abend ließen mir viel Zeit, die ich sinnvoll ausfüllen musste. Ich versuchte es mit angeln, aber obwohl es reichlich Fische zu fangen gab, gefiel mir dieser Sport nicht und wurde aufgegeben. Spaziergänge am Strand waren frühmorgens und bei Sonnenuntergang gut, aber nicht in der größten Tageshitze. Ich wurde Stammkunde der einzigen Buchhandlung in Sarasota und verbrachte lange (und überwiegend glückliche) Stunden in den kleinen Bibliotheken in Nokomis und Osprey.
Ich las auch immer wieder Als Notizen über Lee Harvey Oswald. Schließlich wurde mir das Zwanghafte an diesem Verhalten bewusst, und ich legte das Notizheft in die Stahlkassette mit meinem »Morgenmanuskript«. Ich habe diese Notizen als ausführlich bezeichnet, und so kamen sie mir auch vor, aber als die Zeit – das Förderband, auf dem wir alle unterwegs waren – mich näher und näher an den Punkt heranbrachte, an dem meine Lebenslinie und die des jungen zukünftigen Attentäters sich schneiden würden, veränderte sich meine Einschätzung. Sie wiesen Lücken auf.
Manchmal verfluchte ich Al dafür, dass er mir diesen Auftrag überstürzt aufgezwungen hatte, aber bei nüchterner Überlegung wurde mir klar, dass mehr Zeit zu haben keine Rolle gespielt hätte. Sie hätte sogar alles verschlimmern können, etwas, was Al vermutlich gewusst hatte. Auch wenn er nicht Selbstmord verübt hätte, wären mir höchstens noch ein bis zwei Wochen geblieben. Und wie viele Bücher waren über die Ereignisse, die zu jenem Tag in Dallas führten, geschrieben worden? Hundert? Dreihundert? Wohl eher tausend. Manche stimmten Al darin zu, dass Oswald tatsächlich ein Einzeltäter gewesen sei; andere schilderten ihn als Mitwirkenden einer weitverzweigten Verschwörung; wieder andere behaupteten mit völliger Gewissheit, er habe überhaupt nicht geschossen und sei genau das gewesen, als was er sich nach seiner Verhaftung bezeichnet habe: ein Sündenbock. Durch seinen Selbstmord hatte Al die größte Schwäche eines Gelehrten überwunden: Unentschlossenheit als Forschungsarbeit auszugeben.
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Ich fuhr gelegentlich
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