Der Anschlag - King, S: Anschlag
Gelbe-Karte-Mann, sondern der Orange-Karte-Mann. Du gehörst nicht hierher, hatte er gesagt. Wer bist du? Was machst du hier? Und als ich ihn gerade fragen wollte, ob er es wegen seines Alkoholproblems schon bei den Anonymen Alkoholikern versucht habe, hatte er gesagt …
»George?« Das klang jetzt sorgenvoll betroffen. »Was ist mit dir? Was hast du?«
Die Fans fuhren total auf diese Ruf-und-Gegenruf-Sache ab. Die Cheerleader kreischten JIM , und die Menge auf der Tribüne antwortete mit LA .
Verpiss dich, Jimla! So hatte der Gelbe-Karte-Mann, der zum Orange-Karte-Mann geworden war (allerdings noch nicht zum Schwarze-Karte-Mann, der durch eigene Hand starb), mich angeknurrt, und das hörte ich jetzt, als würde zwischen den Cheerleadern und den zweieinhalbtausend Fans auf den Rängen ein Medizinball hin und her geworfen:
» JIMLA! JIMLA! JIMLA! «
Sadie packte mich am Arm und schüttelte mich. »Red mit mir, Mister. Red mit mir, sonst bekomme ich es mit der Angst zu tun!«
Ich wandte mich ihr zu und rang mir ein Lächeln ab. Es fiel mir nicht gerade leicht, ehrlich. »Ich bin nur unterzuckert, glaube ich. Ich hole uns jetzt zwei Cokes.«
»Aber du kippst mir nicht um, oder? Ich kann dich zur Erste-Hilfe-Station begleiten, wenn du …«
»Mir geht’s gut«, beteuerte ich, und dann küsste ich sie, ohne viel zu überlegen, auf die Nasenspitze. Irgendein Schüler rief: »Weiter so, Mr. A.!«
Statt irritiert zu reagieren, machte sie eine krause Nase wie ein Kaninchen und lächelte. »Dann geh endlich. Bevor du meinen Ruf ruinierst. Und bring mir eine Chiliwurst mit. Mit reichlich Käse.«
»Yes, Ma’am.«
Die Vergangenheit harmonierte mit sich selbst, das hatte ich bereits gewusst. Aber was für ein Song war das jetzt? Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, und das bereitete mir große Sorgen. Auf dem betonierten Weg, der zum Erfrischungsstand führte, klangen die Rufe noch lauter, sodass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte, um sie auszublenden.
» JIMLA, JIMLA, JIMLA . «
Teil 4
TEIL 4
SADIE UND DER
GENERAL
Kapitel 14
KAPITEL 14
1
Die Gedenkfeier fand am Ende des ersten Tages des neuen Schuljahrs statt, und wenn man Erfolg an feuchten Taschentüchern messen konnte, war die Show, die Sadie und ich zusammengestellt hatten, ein großer Erfolg. Für die Kids war sie bestimmt läuternd, und ich glaube, dass sie Miz Mimi gefallen hätte. Sarkastische Menschen sind unter dem Panzer oft weich wie Marshmallows, hatte sie mir einmal erklärt. Ich bin da keine Ausnahme.
Die Lehrer schafften es, während der meisten Trauerreden die Fassung zu bewahren. Es war Mike, der die Fassung mit seiner ruhigen, aus dem Herzen kommenden Rezitation von Kapitel 31 der Sprüche Salomos ins Wanken brachte. Und während der Diashow zu schmalziger Musik aus der West Side Story brachen auch die Lehrer in Tränen aus. Besonders unterhaltend fand ich Coach Borman. Mit den Tränen, die ihm über sein rotes Gesicht liefen, und dem quakenden Schluchzen, das aus seiner breiten Brust kam, erinnerte Denholms Football-Guru mich an Baby Huey, jedermanns zweit liebste Cartoon-Ente.
Diese Beobachtung flüsterte ich Sadie zu, als wir neben der großen Leinwand mit den darübermarschierenden Bildern von Miz Mimi standen. Auch sie weinte, musste aber die Bühne verlassen und in den Kulissen verschwinden, als ihre Tränen zuerst gegen das Lachen ankämpften und dann von ihm besiegt wurden. Aus dem sicheren Halbdunkel heraus funkelte sie mich vorwurfsvoll an … und zeigte mir dann den Finger. Den hatte ich wohl verdient. Ich fragte mich, ob Miz Mimi weiter der Ansicht wäre, dass Sadie und ich glänzend miteinander auskamen.
Vermutlich schon.
Als Theaterstück für den Herbst wählte ich Die zwölf Geschworenen, »vergaß« jedoch, der Samuel French Company mitzuteilen, dass unsere Version Die Jury heißen würde, damit ich einige Rollen mit Mädchen besetzen konnte. Ich wollte ab Ende Oktober vorsprechen lassen und am 13. November nach dem letzten Punktspiel der Lions mit den Proben beginnen. Ich liebäugelte mit Vince Knowles als dem Geschworenen Nr. 8 – dem Hartnäckigen, der im Film von Henry Fonda gespielt wurde – und Mike Coslaw in der meiner Ansicht nach dankbarsten Rolle als dem bulligen, aggressiven Geschworenen Nr. 3.
Aber ich hatte angefangen, mich auf eine wichtigere Show zu konzentrieren, im Vergleich zu der die Affäre Frank Dunning wie ein harmloser Varieté-Sketch wirkte. Man hätte sie Jake und Lee in
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