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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihm für seine Mühe und schloss die Tür. Dann faltete ich den Zettel auseinander und las die Nachricht.
    Sadie kam, immer noch in die Bettdecke gewickelt, aus dem Bad. Ihre Augen waren angstvoll geweitet. »Was gibt’s?«
    »Es hat einen Unfall gegeben«, sagte ich. »Vince Knowles hat sich außerhalb der Stadt mit seinem Pick-up überschlagen. Mike Coslaw und Bobbi Jill waren mit dabei. Mike ist aus dem Wagen geschleudert worden. Er hat sich einen Arm gebrochen. Bobbi Jill hat eine schlimme Schnittwunde im Gesicht, aber Ellie sagt, dass sie sonst unverletzt ist.«
    »Und Vince?«
    Ich dachte daran, wie alle Vince’ Fahrweise beschrieben hatten – als gäbe es kein Morgen. Nun gab es keines mehr. Nicht für ihn. »Er ist tot, Sadie.«
    Sie erbleichte. »Das kann nicht sein! Er ist erst achtzehn! «
    »Ich weiß.«
    Sie ließ die Arme hängen, sodass die Bettdecke hinunterglitt und rings um ihre Füße herumliegen blieb. Dann schlug sie die Hände vors Gesicht.
    14
    Meine Bearbeitung von Die zwölf Geschworenen wurde abgesetzt. An ihrer Stelle wurde Tod eines Schülers, ein Drama in drei Akten, gegeben: die Aufbahrung bei dem Bestattungsunternehmen, der Trauergottesdienst in der Grace Methodist Church, die Beisetzung auf dem West Hill Cemetery. An dieser düsteren Vorstellung nahm die ganze Stadt teil – oder zumindest so viele Bürger, dass es praktisch aufs Gleiche herauskam.
    Die Stars bei der Aufbahrung waren die Eltern und Vince’ sichtlich erschütterte jüngere Schwester, die auf Klappstühlen neben dem Sarg saßen. Als ich mit Sadie an meiner Seite auf sie zutrat, stand Mrs. Knowles auf und umarmte mich. Die Duftkombination aus Parfüm – White Shoulders – und Deodorant – Yodora – überwältigte mich fast.
    »Sie haben sein Leben verändert«, flüsterte sie mir ins Ohr. »Das hat er selbst gesagt. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er gute Noten. Weil er auf der Bühne stehen wollte.«
    »Mrs. Knowles, das tut mir so leid«, murmelte ich. Dann durchfuhr mich ein schrecklicher Gedanke, und ich drückte sie fester an mich, als ließe er sich auf diese Weise vertreiben: Vielleicht ist das der Schmetterlingseffekt. Vielleicht ist Vince tot, weil du nach Jodie gekommen bist.
    An den Stellwänden neben dem Sarg hingen Fotomontagen aus Vince’ allzu kurzem Leben. Auf einer Staffelei davor stand ein vergrößertes Foto, das ihn in seinem Kostüm aus Von Mäusen und Menschen und mit dem zerbeulten alten Filzhut aus der Requisite zeigte. Unter der Hutkrempe spähte sein rattenartiges, intelligentes Gesicht hervor. Vince war kein besonders guter Schauspieler gewesen, aber auf diesem Foto trug er ein absolut perfektes Klugscheißergrinsen zur Schau. Sadie begann zu schluchzen, und ich wusste, weshalb. Das Leben schlug Kapriolen. Manchmal wandt es sich uns zu, aber öfter wirbelte es flirrend und leuchtend davon: Mach’s gut, mein Schatz, es war gut, solange es währte, nicht wahr?
    Und Jodie war gut – gut für mich. In Derry war ich ein Außenstehender gewesen, aber Jodie war meine Heimat geworden. Heimat bedeutete für mich: Salbeiduft und orangerote Kokardenblumen, die im Sommer die Hügel bedeckten. Die Andeutung von Tabakgeschmack auf Sadies Zunge und das Quietschen der geölten Bodendielen in meinem Klassenzimmer. Ellie Dockerty, die so umsichtig war, dass sie uns mitten in der Nacht etwas ausrichten ließ, vielleicht damit wir ungesehen in die Stadt zurückkehren konnten, vielleicht auch nur damit wir Bescheid wussten. Die fast erstickende Mischung aus Parfüm und Deodorant, als Mrs. Knowles mich umarmte. Mike, der auf dem Friedhof einen Arm – den, der nicht eingegipst war – um mich legte und dann sein Gesicht an meine Schulter drückte, bis er die Fassung zurückgewonnen hatte. Heimat war auch die hässliche rote Schnittwunde auf Bobbi Jills Wange – und auch der Gedanke daran, dass ohne eine kosmetische Operation (die ihre Familie sich nicht leisten konnte) eine entstellende Narbe zurückbleiben und sie für den Rest ihres Lebens daran erinnern würde, wie sie einen Jungen aus ihrer Nachbarschaft tot am Straßenrand liegen sehen hatte, sein Kopf fast komplett abgerissen. Heimat war die schwarze Armbinde, die Sadie trug, die ich trug, die alle Lehrer eine Woche lang trugen. Und Al Stevens, der das Foto von Vince in seinem Diner ins Schaufenster stellte. Und Jimmy LaDues Tränen, als er vor der ganzen Schule stand und diese niederlagenlose Saison Vince Knowles widmete.
    Und noch weitere

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