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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sprach wieder normal. »Das meine ich nicht mal sarkastisch. Sie versteht sich auf Schande, und sie weiß, wie man Dinge vertuscht. In diesen beiden Punkten stimmen Johnny und meine Mutter völlig überein. Sie ist die Frau, die er hätte heiraten sollen.« Sie lachte leicht hysterisch. »Mama hätte den alten Besenstiel wahrscheinlich geliebt. «
    »Nie ein Wort von ihm? Nicht mal eine Postkarte mit der Aufforderung: ›He, Sadie, lass uns ein paar Kleinigkeiten regeln, damit jeder sein Leben weiterleben kann‹?«
    »Wie könnte es eine geben? Er weiß nicht, wo ich bin, und ich wette, das ist ihm auch egal.«
    »Gibt es irgendetwas, was du von ihm willst? Ein Anwalt könnte bestimmt …«
    Sie küsste mich. »Das Einzige, was ich mir wünsche, liegt hier mit mir im Bett.«
    Ich beförderte die Decke mit den Füßen zu unseren Fesseln hinunter. »Sieh mich an, Sadie.«
    Sie sah mich an. Und dann fasste sie mich an.
    12
    Anschließend döste ich. Nicht wirklich tief – ich konnte den Wind und die eine klappernde Fensterscheibe noch hören –, aber so tief, dass ich träumte. Sadie und ich waren in einem leeren Haus. Wir waren nackt. Im oberen Stock bewegte sich irgendetwas – es machte trampelnde, unangenehme Geräusche. Vielleicht ging es hin und her, aber dafür schien es zu viele Beine zu haben. Ich genierte mich nicht etwa, weil wir gleich unbekleidet entdeckt würden. Nein, ich hatte Angst. Auf den abbröckelnden Putz einer der Wände hatte jemand mit Kohlestift ICH WERDE DEN PRÄSIDENTEN BALD UMBRINGEN geschrieben, und jemand andres hatte NICHT BALD GENUG ERS VOLLER KRANKEIT daruntergesetzt . Das Ganze war mit dunklem Lippenstift geschrieben. Vielleicht auch mit Blut.
    Poch, stampf, poch.
    Über uns.
    »Ich glaube, das ist Frank Dunning«, flüsterte ich Sadie zu. Ich fasste sie am Arm. Er war sehr kalt. Ich hatte das Gefühl, den Arm einer Toten zu umklammern. Vielleicht einer Frau, die mit einem Vorschlaghammer erschlagen worden war.
    Sadie schüttelte den Kopf. Ihre Lippen zitterten, während sie zur Decke aufsah.
    Stampf, poch, stampf.
    Gipsstaub rieselte herab.
    »Dann ist es John Clayton«, flüsterte ich.
    »Nein«, sagte sie. »Ich glaube, es ist der Gelbe-Karte-Mann. Er hat das Jimla mitgebracht.«
    Das Gepolter über uns hörte abrupt auf.
    Sie packte meinen Arm und schüttelte ihn. Ihre vor Entsetzen geweiteten Augen fraßen ihr Gesicht auf. »Genau! Das da oben ist das Jimla! Und es hat uns gehört! Das Jimla weiß, dass wir hier sind! «
    13
    »Aufwachen, George! Wach auf!«
    Ich öffnete die Augen. Sadie, deren Gesicht ein blasser, verschwommener Fleck war, lag auf einen Ellbogen gestützt neben mir. »Was ist? Wie spät ist es? Müssen wir gehen?« Aber es war noch dunkel, und der Wind heulte nach wie vor.
    »Nein. Es ist noch vor Mitternacht. Du hast schlecht geträumt.« Sie lachte leicht nervös. »Vielleicht von Football? Weil du immer ›Jimla, Jimla‹ gesagt hast.«
    »Habe ich das?« Ich setzte mich auf. Ein Streichholz wurde angerissen und erhellte sekundenlang ihr Gesicht. Sie hatte sich eine Zigarette angezündet.
    »Ja, das hast du. Du hast alles Mögliche geredet.«
    Das war nicht gut. »Was denn?«
    »Das meiste war unverständlich, aber ein Satz war ziemlich deutlich. ›Derry ist Dallas‹, hast du gesagt. Und dann umgekehrt: ›Dallas ist Derry.‹ Was sollte das denn heißen? Erinnerst du dich nicht?«
    »Nein.« Aber es war schwierig, überzeugend zu lügen, wenn man eben erst aufgewacht war, selbst nach nur leichtem Schlaf, und ich sah Skepsis auf ihrem Gesicht. Bevor sie sich zu Ungläubigkeit vertiefen konnte, wurde an die Tür geklopft. Um Viertel vor zwölf in der Nacht!
    Wir starrten einander an.
    Wieder ein Klopfen.
    Das ist das Jimla. Dieser Gedanke war sehr klar, sehr gewiss.
    Sadie legte ihre Zigarette in den Aschenbecher, wickelte sich in die Bettdecke und verschwand wortlos im Bad. Die Tür schloss sich hinter ihr.
    »Wer ist da?«, fragte ich.
    »Mr. Yorrity, Sir – Bud Yorrity.«
    Einer der pensionierten schwulen Lehrer, denen die Candlewood Bungalows gehörten.
    Ich stand auf und zog meine Hose an. »Was gibt’s, Mr. Yorrity?«
    »Ich habe eine Nachricht für Sie, Sir. Die Dame hat gesagt, es ist dringend.«
    Ich öffnete die Tür. Draußen stand ein kleiner Mann in einem abgetragenen Bademantel. Er hatte schon geschlafen, und sein Haar umgab seinen Kopf als strubbelige Wolke. Er hielt mir einen Zettel hin.
    »Welche Dame?«
    »Ellen Dockerty.«
    Ich dankte

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