Der Anschlag - King, S: Anschlag
oder Duffy Hendrickson, dessen linke Hand wie ein Huf aussah, seit in der Autowerkstatt seines Vaters ein Flaschenzug, an dem ein Lkw-Motor hing, versagt hatte.
»Ich schaff es noch nicht, mich einer solchen Begutachtung auszusetzen. Ich glaube nicht, dass ich es jemals wieder kann.«
Ich hoffte von ganzem Herzen, dass sie nicht recht behalten würde. Die Verrückten dieser Welt – die Johnny Claytons, die Lee Harvey Oswalds – durften nicht siegreich bleiben. Wenn Gott zu keiner Wiedergutmachung bereit war, nachdem sie ihre beschissenen kleinen Siege erzielt hatten, mussten gewöhnliche Menschen einspringen. Sie mussten es wenigstens versuchen. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für eine Predigt zu diesem Thema.
»Würde es helfen, wenn ich dir sage, dass selbst Dr. Ellerton sich bereit erklärt hat, in der Show aufzutreten?«
Sie vergaß einen Augenblick lang ihre Haare und starrte mich an. »Was?«
»Er will das Hinterteil von Bertha sein.« Bertha das tanzende Pony war ein Segeltuchgeschöpf der Kunstkursschüler. Es trat bei mehreren Sketchen auf, aber seine große Nummer war ein schweifwedelnder Tanz zu Gene Autrys »Back in the Saddle Again«. (Der Schweif wurde durch eine Schnur bewegt, die der rückwärtige Teil des Teams Bertha zog.) Die im Allgemeinen nicht gerade für ihren feinsinnigen Humor bekannte Landbevölkerung fand Bertha zum Schießen.
Sadie musste lachen. Ich merkte, dass ihr das wehtat, aber sie war machtlos dagegen. Sie sank aufs Sofa zurück und presste eine Handfläche an die Stirnmitte, als wollte sie verhindern, dass ihr Gehirn explodierte. »Also gut!«, sagte sie, als sie schließlich wieder sprechen konnte. »Ich lasse dich machen, nur um das zu sehen.« Dann funkelte sie mich an. »Aber ich sehe mir die Aufführung bei der Generalprobe an. Du kriegst mich nicht auf die Bühne, damit alle mich anstarren und flüstern können: ›Seht euch bloß an, was er dem armen Mädchen angetan hat.‹ Sind wir uns darüber einig?«
»Völlig einig«, sagte ich und küsste sie. Damit war die erste Hürde überwunden. Die nächste bestand darin, dass ich den besten Schönheitschirurgen von Dallas dazu bringen musste, in der Julihitze nach Jodie zu kommen und unter zwölf Kilo Segeltuch als Hinterteil eines tanzenden Ponys aufzutreten. Weil ich ihn noch gar nicht gefragt hatte.
Das Ganze stellte sich als problemlos heraus. Ellerton strahlte wie ein kleiner Junge, als ich ihm den Vorschlag unterbreitete. »Ich bringe sogar praktische Erfahrung mit«, sagte er. »Meine Frau wirft mir seit Jahren vor, ein richtiger Arsch zu sein.«
2
Die letzte Hürde bestand darin, einen geigneten Veranstaltungsort zu finden. Mitte Juni, etwa zu dem Zeitpunkt, an dem Lee in New Orleans von einem Kai verwiesen wurde, weil er versucht hatte, seine für Castro werbenden Flugblätter an Seeleute der USS Wasp zu verteilen, kam Deke eines Nachmittags bei Sadie vorbei. Er küsste ihre nicht entstellte Wange (die andere Gesichtshälfte wandte sie automatisch ab, wenn Besuch kam) und fragte mich, ob ich Lust hätte, auf ein kaltes Bier mit ihm auszugehen.
»Geht nur«, sagte Sadie. »Ich komme schon zurecht.«
Deke fuhr mit mir zum Prairie Chicken, einem unzulänglich klimatisierten Schuppen mit Wellblechdach, neun Meilen westlich der Stadt. An diesem Spätnachmittag war das Lokal bis auf zwei einzelne Trinker an der Bar leer, die Jukebox war nicht in Betrieb. Deke drückte mir einen Dollar in die Hand. »Ich zahle, du holst das Bier. Wie gefällt dir der Deal?«
Ich war einverstanden. Ich ging an die Bar und ließ mir zwei Buckhorns geben.
»Hätte ich gewusst, dass du Buckies bringst, wäre ich selbst gegangen«, sagte Deke. »Mann, das Zeug ist Pferdepisse.«
»Mir schmeckt es zufällig«, sagte ich. »Ich dachte übrigens, dass du nur zu Hause trinkst. ›Für meinen Geschmack ist der Arschlochquotient in hiesigen Bars ein bisschen zu hoch‹, das waren, glaube ich, deine Worte.«
»Ich will sowieso kein verdammtes Bier.« Jetzt, wo wir nicht in Sadies Nähe waren, machte er kein Hehl daraus, dass er fuchsteufelswild war. »Eigentlich will ich etwas ganz anderes: Fred Miller ins Gesicht schlagen und Jessica Caltrop in ihren schmalen, zweifellos mit Spitze verbrämten Arsch treten.«
Ich kannte diese Namen und Gesichter, obwohl ich als bescheidener Lohnsklave nie mit einem der beiden gesprochen hatte. Miller und Caltrop stellten zwei Drittel des Schulausschusses in der Denholm County.
»War’s
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