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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Eintrittsgeldern bekommst du sie allerdings nicht zurück. Die sind alle für Sadies Heilkosten reserviert.«
    Wie hoch Sadies Heilkosten waren, wusste ich sehr gut; ich hatte schon dreihundert Dollar bezahlt, um den Teil der Krankenhausrechnung zu übernehmen, den ihre schäbige Versicherung nicht begleichen wollte. Auch wenn Ellerton umsonst arbeitete, würden die sonstigen Kosten schnell ansteigen. Was mich betraf, waren meine finanziellen Reserven zwar noch nicht erschöpft, aber ihr Ende war abzusehen.
    »George? Was sagst du?«
    »Fifty-fifty«, stimmte ich zu.
    »Dann trink dein beschissenes Bier aus. Ich will in die Stadt zurück.«
    3
    Als wir diesen dürftigen Ersatz für eine Bar verließen, fiel mein Blick auf ein im Fenster stehendes Plakat. Im oberen Drittel stand in Fettdruck:
    SEHEN SIE DEN KAMPF DES JAHRHUNDERTS IN EINER DIREKTÜBERTRAGUNG!
LIVE AUS DEM MADISON SQUARE GARDEN!
LOKALMATADOR TOM »THE HAMMER« CASE GEGEN DICK TIGER!
DALLAS AUDITORIUM
DONNERSTAG, 29. AUG.
KARTENVORVERKAUF HIER
    Darunter waren nebeneinander die Fotos zweier Muskelmänner mit bloßem Oberkörper angeordnet, die behandschuhten Fäuste in anerkannter Boxhaltung erhoben. Einer war jung und zeigte keine Kampfspuren. Der andere Kerl sah viel älter aus, und seine Nase schien mehrfach gebrochen zu sein. Mich interessierten allerdings in erster Linie die Namen. Ich kannte sie von irgendwoher.
    »Denk noch nicht mal daran«, sagte Deke kopfschüttelnd. »Sportlich gesehen hättest du mehr von einem Hundekampf zwischen einem Pitbull und einem Cockerspaniel. Einem alten Cockerspaniel.«
    »Wieso?«
    »Tommy Case hat immer durch Kampfgeist überzeugt, aber jetzt schlägt sein vierzig Jahre altes Herz in einem vierzig Jahre alten Körper. Er hat einen Bierbauch und kann sich kaum noch bewegen. Tiger ist jung und schnell. Wenn er die richtigen Kämpfe bekommt, wird er in ein paar Jahren Meister. Bis dahin setzen sie ihm schwerfällige Kolosse wie Case vor, damit er in Form bleibt.«
    In meinen Ohren klang das wie Rocky Balboa gegen Apollo Creed, aber warum nicht? Manchmal imitierte das Leben die Kunst.
    Deke sagte: »Fernsehen, für das man zahlt, um es in einer Halle zu sehen. Mann, was fällt denen noch alles ein?«
    »Ist wohl der Trend der Zukunft«, sagte ich.
    »Und es ist bestimmt ausverkauft – zumindest in Dallas –, was aber nichts daran ändert, dass Tom Case der Trend der Vergangenheit ist. Du wirst sehen, Tiger macht ihn platt.« Er wechselte das Thema. »Bleibt es also bei unserer Vereinbarung in der Grange-Sache, George?«
    »Unbedingt.«
    4
    Es war ein seltsamer Juni. Einerseits machte es mir Spaß, wieder mit der Truppe proben zu können, die das ursprüngliche Jamboree aufgeführt hatte. Das war ein Déjà-vu-Erlebnis vom Feinsten. Andererseits fragte ich mich immer öfter, ob ich jemals wirklich vorgehabt hatte, Lee Harvey Oswald aus dem Buch der Geschichte zu streichen. Ich konnte nicht glauben, dass mir der Mut dazu fehlen sollte – schließlich hatte ich schon einmal einen Menschen, der sonst gemordet hätte, kaltblütig erledigt –, aber ich konnte nicht leugnen, dass ich Oswald im Fadenkreuz gehabt und laufen lassen hatte. Ich redete mir ein, dass das nicht an seiner Familie lag, sondern an dem Ungewissheitsprinzip, aber vor meinem inneren Auge stand oft Marina, die lächelnd mit flachen Händen einen dicken Bauch andeutete. Ich fragte mich oft, ob er nicht vielleicht doch ein Sündenbock war. Ich sagte mir, dass er ja im Oktober zurückkehren würde. Und dann fragte ich mich natürlich, was das ändern sollte. Seine Frau würde weiterhin schwanger sein und die restliche Unsicherheit immer noch bestehen.
    Inzwischen musste ich Sadies langsame Genesung beaufsichtigen; es gab Rechnungen zu zahlen, Versicherungsvordrucke auszufüllen (die Bürokratie war 1963 genauso nervtötend wie 2011) und Proben zu leiten. Dr. Ellerton konnte nur zu einer kommen, aber er lernte schnell und meisterte seine Hälfte von Bertha dem tanzenden Pony mit begeisterndem Elan. Nach der Probe erzählte er mir, dass er vorhabe, einen Kollegen hinzuzuziehen, einen Gesichtschirurgen vom Massachusetts General. Ich versicherte ihm – mit sinkendem Mut –, ein weiterer Chirurg sei eine großartige Idee.
    »Können Sie sich das denn auch leisten?«, fragte er. »Mark Anderson ist nicht billig.«
    »Wir kommen schon zurecht«, sagte ich.
    Als die beiden Vorstellungen näher rückten, lud ich Sadie zu den Proben ein. Sie weigerte sich sanft,

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