Der Anschlag - King, S: Anschlag
Gesichtsausdruck zeigte mir, dass sie sich das ebenfalls schon gefragt hatte. »Ich habe meine Gründe dafür. Und übrigens: ›My old man drives a submarine.‹«
Sadie Van Owen grinste breit. »Den kennen Sie?«
»Seit Jahren«, sagte ich. »Steig ein, Sadie. Wir müssen los.«
Ich sah auf meine neue Uhr. Es war zwanzig vor neun.
3
»Erzähl mir, wieso du dich eigentlich für den Bus interessierst«, sagte Sadie.
»Erzähl mir erst, wie du mich gefunden hast.«
»Als ich dich im Eden Fallows nicht mehr angetroffen habe, habe ich deine Mitteilung verbrannt, wie du es verlangt hattest, und bin dann zu dem Alten nebenan gegangen.«
»Mr. Kenopensky.«
»Genau. Aber der wusste auch nichts. Inzwischen hat die Krankengymnastin vor deiner Tür gesessen. Sie war ziemlich sauer, weil du fort warst. Sie hat gesagt, sie hätte extra mit Doreen getauscht, damit Doreen heute Kennedy sehen kann.«
Vor uns lag die Bushaltestelle Winscott Road. Ich fuhr langsamer, um zu sehen, ob es in dem Wartehäuschen einen Aushangfahrplan gab, aber es gab keinen. Fünfzig Meter nach der Haltestelle fand ich einen Parkplatz.
»Was machst du?«
»Ich gehe auf Nummer sicher. Wenn bis neun Uhr kein Bus kommt, fahren wir weiter. Erzähl deine Geschichte zu Ende.«
»Ich habe angefangen, Innenstadthotels anzurufen, aber niemand wollte auch nur mit mir reden. Sie sind alle so ausgelastet. Also habe ich Deke angerufen, und der wiederum hat die Polizei angerufen. Hat gesagt, dass er aus zuverlässiger Quelle wüsste, dass jemand auf den Präsidenten schießen wird.«
Ich hatte bisher im Rückspiegel nach einem Bus Ausschau gehalten, aber jetzt starrte ich Sadie entsetzt an. Trotzdem empfand ich widerstrebend Bewunderung für Deke. Ich hatte keine Ahnung, wie viel er von dem, was Sadie ihm erzählt hatte, tatsächlich glaubte, aber er hatte sich trotzdem mutig aus dem Fenster gehängt. »Was ist passiert? Musste er seinen Namen angeben?«
»Dazu ist es nie gekommen. Sie haben einfach aufgelegt. Ich glaube, dass Deke in diesem Augenblick angefangen hat, dir zu glauben, dass die Vergangenheit sich schützt. Du siehst das alles wie ein lebendig gewordenes Geschichtsbuch, oder?«
»Längst nicht mehr.«
Ein grün-gelber Bus rollte schwerfällig heran. In der Fahrzielanzeige stand: 3 MAIN STREET DALLAS 3. Er hielt, und die vordere und die hintere Tür öffneten sich zischend. Nur wenige Leute stiegen zu, aber sie würden ganz sicher keinen Sitzplatz ergattern; als der Bus dann langsam an uns vorbeirollte, stellte ich fest, dass tatsächlich alle besetzt waren. Ich sah eine Frau, die an ihrer Mütze eine ganze Reihe Kennedy-Anstecker trug. Sie winkte mir fröhlich zu, und obwohl unsere Blicke sich nur eine Sekunde lang begegneten, konnte ich ihre Aufregung, Begeisterung und Vorfreude spüren.
Ich ließ den Motor an und folgte dem Bus. Auf seinem Heck verkündete ein häufig von braunem Auspuffqualm verdecktes Clairol-Mädchen mit strahlendem Lächeln, wenn sie nur ein einziges Leben hätte, würde sie es als Blondine leben wollen. Sadie machte eine theatralische Abwehrbewegung. »Puh! Mehr Abstand! Er stinkt!«
»Für eine Ein-Päckchen-am-Tag-Mieze ist das eine ziemlich kritische Bemerkung«, sagte ich, aber sie hatte recht: Der Dieselgestank war lästig. Ich ließ mich zurückfallen. Seit ich jetzt wusste, dass Sadie Springseil mir die richtige Nummer genannt hatte, brauchte ich nicht mehr am Heck des Busses zu kleben. Vermutlich hatte sie auch recht, was die Abfahrtszeiten betraf. An gewöhnlichen Tagen verkehrten die Busse wahrscheinlich alle halbe Stunde, aber heute war eben kein gewöhnlicher Tag.
»Ich habe ziemlich viel geweint, weil ich dachte, du wärst für immer fort. Ich hatte Angst um dich, aber ich habe dich auch gehasst.«
Das konnte ich verstehen, trotzdem war ich weiter davon überzeugt, das Richtige getan zu haben, deshalb hielt ich lieber den Mund.
»Dann habe ich noch mal Deke angerufen. Er hat gefragt, ob du jemals von einem weiteren Schlupfwinkel erzählt hast – vielleicht in Dallas, aber eher in Fort Worth. Ich habe ihm erklärt, dass ich nichts Bestimmtes von dir gehört hatte. Worauf er nachhakte, das könnte am ehesten im Krankenhaus gewesen sein, wo du noch ganz durcheinander warst. Ich sollte angestrengt nachdenken. Als ob ich das nicht schon getan hätte! Ich bin noch mal zu Mr. Kenopensky gegangen, um herauszubekommen, ob er zufällig irgendwas weiß. Inzwischen war es fast Abendessenszeit und schon
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