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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die Mercedes Street zurück und las meine Taschenbücher. Ich wartete darauf, dass die unerbittliche Vergangenheit mich wie eine lästige Fliege erschlagen würde – indem das Dach einstürzte oder ein sich plötzlich öffnender Krater die Nummer 2703 verschlang. Ich reinigte meinen .38er, lud ihn, entlud ihn dann wieder und reinigte ihn erneut. Ich hoffte fast auf einen meiner jähen Schlafanfälle – der hätte die Zeit rascher vergehen lassen –, aber ich hatte keinen. Die Minuten schleppten sich dahin und wurden zögernd zu einem Stapel Stunden, von denen jede Kennedy näher an die Kreuzung von Houston und Elm Street heranführte.
    Heute gibt’s keine Schlafanfälle, dachte ich. Die kommen morgen. Wenn der entscheidende Augenblick naht, werde ich einfach bewusstlos. Wenn ich dann wieder die Augen öffne, hat die Vergangenheit sich geschützt, und das Attentat ist verübt worden.
    Das könnte passieren. Dessen war ich mir bewusst. Sollte es dazu kommen, musste ich mich entscheiden: Sadie finden und sie heiraten … oder zurückgehen und alles noch einmal von vorn beginnen. Als ich darüber nachdachte, wurde mir klar, dass es eigentlich keine Entscheidung zu treffen gab. Mir fehlte die Kraft, zurückzugehen und von vorn anzufangen. So oder so war dies mein letztes Aufbäumen.
    An diesem Abend speisten die Kennedys, Johnsons und Connallys in Houston bei einer Veranstaltung der Liga Lateinamerikanischer Bürger. Es gab argentinischen ensalada rusa und das als g uiso bekannte Schmorgericht. Jackie hielt die Rede nach dem Dinner – auf spanisch. Ich aß Hamburger und Fritten aus einem Schnellrestaurant … oder versuchte es zumindest. Nach ein paar Bissen wanderte auch diese Mahlzeit in die Mülltonne hinter dem Haus.
    Ich hatte die beiden Romane von MacDonald ausgelesen. Ich überlegte, ob ich mein eigenes, unvollendetes Buch aus dem Kofferraum meines Wagens holen sollte, aber die Vorstellung, es zu lesen, war deprimierend. Stattdessen blieb ich einfach in dem halb demolierten Sessel sitzen, bis es draußen dunkel war. Dann ging ich in das kleine Schlafzimmer, in dem Rosette Templeton und June Oswald geschlafen hatten. Ich streckte mich ohne Schuhe, aber sonst vollständig bekleidet auf dem Bett aus und benutzte das lose Sitzpolster des Wohnzimmersessels als Kopfkissen. Ich hatte die Tür nicht zugemacht und die Lampe im Wohnzimmer brennen lassen. In ihrem Widerschein konnte ich die Kreidemädchen in ihren grünen Trägerkleidern sehen. Ich wusste, dass mir die Art Nacht bevorstand, die den langen Tag, der hinter mir lag, kurz erscheinen lassen würde; während meine Beine über das untere Bettende bis fast zum Fußboden hinunterhingen, würde ich hellwach daliegen, bis endlich das erste Tageslicht des 22. November durchs Fenster hereinsickerte.
    Sie war lang. Ich wurde von Was-wäre-wenn-, Du-hättest-sol len- und Gedanken an Sadie gequält. Letztere waren am schlimms ten. Sie fehlte mir sehr, und die Sehnsucht nach ihr reichte so tief, dass sie sich wie eine körperliche Krankheit anfühlte. Irgendwann, wahrscheinlich weit nach Mitternacht (ich hatte es aufgegeben, auf die Uhr zu sehen; das langsame Vorrücken der Zei ger war zu deprimierend), versank ich in einen Schlaf ohne Träume. Der Himmel mochte wissen, wie lange ich am Morgen geschlafen hätte, wenn ich nicht geweckt worden wäre. Jemand rüttelte mich sanft an der Schulter.
    »Komm schon, Jake. Mach die Augen auf.«
    Ich tat wie geheißen, aber als ich sah, wer da auf der Bettkante saß, war ich zunächst der festen Überzeugung, noch zu träumen. Ich streckte jedoch eine Hand aus, berührte ein Bein ihrer verblichenen Jeans und spürte das Gewebe unter meiner Handfläche. Ihre Haare waren zu einem Nackenknoten zusammengefasst, sie trug fast kein Make-up, und die entstellende Narbe auf der linken Wange trat klar und deutlich hervor. Dort saß Sadie. Sie hatte mich gefunden.

Kapitel 28
    KAPITEL 28
    1
    22. 11. 63 (Freitag)
    Ich setzte mich auf und umarmte sie, ohne auch nur darüber nachzudenken. Sie drückte mich ihrerseits an sich, so fest sie nur konnte. Dann küsste ich sie, schmeckte ihre Realität: eine Mischung aus Tabak und Avon. Der Geschmack des Lippenstifts war schwächer; in ihrer Nervosität hatte sie ihn größtenteils abgeknabbert. Ich roch ihr Shampoo, ihr Deodorant, darunter den öligen Dunst von Nervositätsschweiß. Vor allem berührte ich sie: Hüfte und Brust und die Furche ihrer vernarbten Wange. Sie war wirklich da.
    »Wie spät

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