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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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meiner Straße wollte nur zwei Dinge: ein Daisy-Luftgewehr und eine Waschbärenmütze à la Davy Crockett. Er hat recht, es hat nicht mal Knallpatronen dafür gegeben, aber wir haben manchmal etwas Babyöl in den Lauf gekippt. Wenn man dann Luft reingepumpt und den Abzug betätigt hat, kam aus der Mündung eine kleine, blaue Rauchwolke.« Er sah wieder auf die fotokopierten Seiten hinunter. »Der Dreckskerl hat seine Frau und drei seiner Kinder mit einem Hammer erschlagen? Jee- sus. «
    Er hat einfach angefangen damit zuzuschlagen, hatte Harry geschrieben. Ich bin zurück ins Wonzimmer gelaufen. Da war überall Blut an den Wänden und weißes Zeug auf der Kautsch. Das war das Gehirn meiner Mutter. Ellen, die hat unter dem Schaukelstul auf dem Boden gelegen und aus Ohren und Haaren geblutet. Der Fernseher war noch an, es lief die Sendung die meine Mama so gern gesehn hat, die über Elerie Queen, der Verbrechen aufklährt.
    Das an diesem Abend verübte Verbrechen hatte keine Ähnlichkeit mit den blutlos-eleganten Problemen gehabt, die Ellery Queen löste; es war ein Massaker gewesen. Der Zehnjährige, der noch mal aufs Klo gegangen war, bevor er an Halloween losziehen wollte, kam eben rechtzeitig zurück, um zu sehen, wie sein betrunkener, wild brüllender Vater Arthur »Tugga« Dunning den Schädel spaltete, als Tugga in die Küche zu kriechen versuchte. Dann warf der Tobende sich herum und sah Harry, der sein Daisy-Luftgewehr hob und ängstlich sagte: »Lass mich in Ruhe, Daddy, sonst erschieß ich dich.«
    Dunning stürmte, seinen blutigen Hammer schwingend, auf den Jungen zu. Harry schoss mit dem Luftgewehr auf ihn (obwohl ich selbst noch keines abgefeuert hatte, konnte ich das Ka-tschau hören, das es gemacht haben musste), dann ließ er es fallen und rannte in das Zimmer, das er sich mit dem jetzt toten Tugga teilte. Sein Vater hatte es versäumt, beim Hereinkommen die Haustür zu schließen, und irgendwo – »wie 1000 Meilen weit entfernt«, hatte der Hausmeister geschrieben – schrien Nachbarn und kreischten Halloween-Kinder.
    Dunning hätte bestimmt auch seinen zweiten Sohn erschlagen, wenn er nicht über den umgestürzten »Schaukelstul« gefallen wäre. Er knallte hin, rappelte sich auf und rannte hinter dem Jungen her. Harry versuchte gerade, unters Bett zu kriechen. Sein Vater zerrte ihn darunter hervor und traf seine Kopfseite mit einem Schlag, der sicher tödlich gewesen wäre, wenn seine Hand nicht an dem blutigen Hammergriff abgerutscht wäre; statt Harry den Schädel zu spalten, zertrümmerte der Hammerkopf ihn nur über dem rechten Ohr.
    Ich bin nicht bewustlos geworden, aber fast. Bin weiter unters Bett gekrabbelt und hab kaum gemerkt das er mein Bein trifft, aber er hats getan und es an 4 verschiednen Stellen gebrochen.
    Dann kam ein Nachbar aus ihrer Straße hereingestürmt, der seine verkleidete Tochter auf ihrer Halloween-Tour begleitete. Trotz des Blutbads im Wohnzimmer war der Mann aus der Nachbarschaft geistesgegenwärtig genug, sich die Ascheschaufel aus dem Eimer neben dem Küchenherd zu schnappen. Die zog er Dunning über den Hinterkopf, während der Rasende dabei war, das Bett umzukippen, um an seinen blutenden, halb bewusstlosen Sohn heranzukommen.
    Danach bin ich bewustlos geworden wie Ellen, blos hab ich Glück gehabt und bin wieder aufgewacht. Die Ärzte wollten mir vielleicht das Bein abnehm aber zuletzt wars doch nicht nötig.
    Ja, er hatte das Bein behalten und war später – Generationen von Schülern als Hoptoad Harry bekannt – einer der Hausmeister der Lisbon High School geworden. Wären die Schüler netter zu ihm gewesen, wenn sie gewusst hätten, weshalb er hinkte? Wahrscheinlich nicht. Obwohl Teenager emotional sensibel und verletzlich sind, ist Mitgefühl nicht ihre Stärke. Das entwickelt sich, wenn überhaupt, erst später.
    »Oktober 1958«, sagte Al mit seiner rau bellenden Stimme. »Soll ich glauben, dass das ein Zufall ist?«
    Ich dachte daran, was ich zu dem noch jungen Frank Anicetti über Shirley Jacksons Geschichte gesagt hatte, und lächelte. »Manchmal ist eine Zigarre nur ein Glimmstängel und ein Zufall nur ein Zufall. Ich weiß nur, dass wir von einem weiteren entschei denden Augenblick reden.«
    »Und ich habe diese Geschichte nicht in der Enterprise gefunden, weil …?«
    »Weil sie nicht hier passiert ist. Sie ist weiter nördlich in Derry passiert. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus ist Harry zu seinem Onkel und seiner Tante in Haven gezogen

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