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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Und Ellen, die hat gesagt, nein, das tust du nicht, verkleid dich und zieh selber los, und alle haben gelacht, weil wir alle Ellen lieb hatten, sie war erst 7, aber eine richtige Lucile Ball, sie konnte jeden zum Lachen bringen, sogar mein Vater (das heißt, wenn er nüchtern war, wenn er getrunken hatte, war er immer zornig). Sie wollt als Prinzessin Summerfall Winterspring gehen (ich hab extra nachgesehn, wie mans schreibt), und ich würd als Buffalo Bob gehen, beide aus der HOWDY DOODY SHOW die wir gern sehn. »He, Kinder, wie spät ists?« und »Jetzt noch mahl von der Penut-Galerie!« und »Kowabunga, Buffalo Bob!!!«. Ich und Ellen, wir lieben diese Sendung. Sie liebt die Prinzessin, ich liebe Buffalo Bob, wir beide lieben Howdy! Wir wollten, das mein Bruder Tugga (eigentlich heißt er Arthur, aber alle sagen Tugga zu ihm, weiß nicht mehr warum) als »Bürgermeister Fineus T. Bluster« geht, aber er wollt nicht, er hat gesagt Howdy Doody ist eine Babyshow und er als »Frankenstine« gehen will, obwohl Ellen gesagt hat, dass die Maske gruslig ist. Außerdem hat Tugga mich blöd angeredet, weil ich mein Daisy Luftgewehr mitnehmen wollte, auch wenn Buffalo Bob im Fernsehn unbewaffnet ist, und meine Mutter, die hat gesagt: »Nimms mit, Harry wenn du willst, es ist kein richtiges Gewehr und verschießt nicht mahl Knallpatronen also würde Buffalo Bob sich nicht daran stören.« Das waren ihre letzten Worte an mich und ich bin froh, das sie nett waren weil sie konnte streng sein.
    Wie wir losziehn wollten, hab ich gesagt Augenblick, ich muss noch mahl, weil ich so aufgeregt war. Alle haben über mich gelacht, auch Mama und Troy auf der Kautsch – aber das ich noch mahl pinkeln war, hat mir das Leben gerettet weil inzwischen ist mein Dad mit dem Hammer reingekommen. Mein Dad war bösartig wenn er getrunken hatte und hat meine Mama dann oft geschlagen. Als Troy mahl versucht hat, ihm gut zuzuredn, hat er ihm den Arm gebrochen. Jedenfalls warn meine Mama und mein Dad zu Hallowien schon »getrennt« und sie hat an eine Scheidung gedacht, aber das war 1958 nicht so einfach wie heute.
    Jedenfalls ist er zur Tür reingekommen und ich hab im Klo gestanden und gepinkelt und hab meine Mutter sagen gehört: »Mach das du mit dem Ding rauskommst, du hast hier nix zu suchen.« Als Nächstes hat sie zu schreien angefangen. Danach haben sie alle geschrieen.
    Es gab noch mehr – drei schreckliche Seiten –, aber die brauchte ich zum Glück nicht zu lesen.
    5
    Es war noch einige Minuten vor halb sieben, aber ich fand Al im Telefonbuch und tippte, ohne zu zögern, seine Nummer ein. Er antwortete nach dem ersten Klingeln, aber seine Stimme war so rau und heiser, dass sie schwer zu verstehen war – mehr wie Hundegebell als menschliche Sprache.
    »He, Kumpel, bist wohl ein Frühaufsteher?«
    »Ich habe etwas, was ich dir zeigen muss. Einen Schüleraufsatz. Du weißt sogar, wer ihn geschrieben hat. Solltest du jedenfalls; sein Bild hängt an deiner Wand für Lokalprominenz.«
    Er hustete, dann sagte er: »An dieser Wand hängen viele Fotos, Kumpel. Vielleicht sogar eins von Frank Anicetti aus der Zeit des ersten Moxie-Festivals. Hilf mir ein bisschen auf die Sprünge.«
    »Ich möchte ihn dir lieber zeigen. Kann ich so früh zu dir rüberkommen?«
    »Wenn du mich im Bademantel erträgst, kannst du meinetwegen rüberkommen. Aber ich will dich jetzt gleich fragen, nachdem du Zeit gehabt hast, darüber zu schlafen. Hast du dich schon entschieden?«
    »Ich muss vorher noch mal ins Jahr 1958 zurück, glaube ich.«
    Ich legte auf, bevor er weitere Fragen stellen konnte.
    6
    In dem Morgenlicht, das durch die Wohnzimmerfenster einfiel, sah er schlimmer aus als je zuvor. Sein weißer Frotteebademantel hing an ihm wie ein leerer Fallschirm. Die verweigerte Chemotherapie hatte sein Haar gerettet, aber es war schütter und dünn wie das eines Babys. Seine Augen schienen noch weiter in ihre Höhlen zurückgewichen zu sein. Er las Harry Dunnings Aufsatz zweimal, wollte ihn schon weglegen und las ihn dann doch ein drittes Mal. Schließlich sah er zu mir auf und sagte: »Jesus H. Christus auf seinem Himmelswagen!«
    »Als ich ihn damals zum ersten Mal gelesen habe, habe ich geweint.«
    »Das kann ich dir nicht verdenken. Der Teil mit dem Daisy-Luftgewehr hat mir am meisten zugesetzt. Damals in den Fünfzigerjahren strahlte einem praktisch von der Rückseite jedes gottverdammten Comichefts eine Anzeige für Daisy-Luftgewehre entgegen. Jeder Junge in

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