Der Antares-Krieg
Wasser vom Staudamm flussaufwärts herbeiführte, um die Bohrmaschinen zu kühlen und den Staub zu binden, war auch zu spät fertig geworden. Ohne eine ausreichende Versorgung mit Kühlwasser hatten die Bohrmaschinen nur mit halber Kraft eingesetzt werden können. Und als ob das noch nicht genug wäre, gab es hohe Arbeitsausfälle, weil die Arbeiter die ganze Zeit an Leiden erkrankten, die den Philosophen unbekannt waren. Bei alledem hing die Sicherheit des Volkes von einem gleich bleibenden Nachschub an Energiemetallen ab, und Varlan wusste, dass die Regierenden ihren Erklärungen und Entschuldigungen kaum Beachtung schenken würden.
»Mögen die Arbeiter mir zum Bösen Stern vorausgehen!«, fluchte Varlan, als sie den Produktionsbericht fertig hatte und überlegte, wie lange es noch dauern würde, bis die Betriebsleiterkaste jemand anders finden würde, um die Anlagen auf Corlis zu leiten.
Die sechseckigen Wände ihrer Zelle hallten vom leise heulenden Ruf eines Windschnüfflers wider. Varlan wandte ihren langen, biegsamen Hals zum verhängten Eingang und forderte die unbekannte Person, die das Signal ausgelöst hatte, zum Eintreten auf. Wie sie beinahe erwartet hatte, war der Besucher Salfador, der Oberphilosoph und Priester des Corlis-Komplexes. Varlan sah ihn anmutig über den Bodenbelag aus frisch gemähten Binsen näher schreiten und vor ihr stehen bleiben. Salfador war ein kräftiger Mann, dessen Schuppen von einem gesunden Graugrün waren, dessen sechs Beine von Muskeln strotzten und dessen Greiffinger die Geschicklichkeit eines erstklassigen Chirurgen besaßen. Varlan hatte lange daran gedacht, ihn zu fragen, ob er während der nächsten Paarungszeit ihr Partner sein wolle, das Thema aber noch nicht zur Sprache gebracht, weil sie befürchtete, dass es ihrer Autorität über ihn abträglich sein würde.
»Grüße, Salfador vom Ewigen Feuer!«, sagte sie und beugte den Hals, wie der Brauch es verlangte.
»Grüße auch dir, Varlan von den Duftenden Wassern«, antwortete er, bevor er im Gesprächston fortfuhr: »Ich sehe, dass du deine Buchhaltung machst. Bin ich zur Unzeit gekommen?«
»Es gibt keine guten Zeiten, wenn wir nicht einmal die Laderäume eines alten Erzfrachters füllen können«, erwiderte sie. »Ich fürchte, dass du bald einen neuen Betriebsleiter wirst beraten müssen, Salfador. Ich erwarte, dass man mich zurückrufen wird, bevor die nächste Periode um ist.«
»Du bist zu unnachgiebig gegen dich selbst, Varlan«, sagte er. Es gelang ihm mühelos, in seine Rolle als Seelsorger zu schlüpfen. »Du hast deine Sache so gut gemacht, wie jeder andere es an deiner Stelle hätte tun können, zieht man die Schwierigkeiten in Betracht, unter denen zu arbeiten du gezwungen bist. Woher solltest du wissen, dass die lokalen Mikroorganismen Ryallfleisch schmackhaft finden würden, so dass die Hälfte deiner Belegschaft ständig unter meiner Obhut sein muss?«
»Die Regierenden hören nicht auf Entschuldigungen«, erwiderte Varlan in Wiederholung der Warnung, die sie sich selbst erst vor einem paar Dutzend Herzschlägen gegeben hatte.
»Sie entfernen keine Betriebsleiter, die unter den gegebenen Bedingungen das bestmögliche Betriebsergebnis erreichen. Außerdem werden wir durch das Abteufen des Schachtes Nummer Sechs unsere künftige Produktion steigern. Alles wird vergeben und vergessen sein, wenn du in der nächsten Periode gute Ergebnisse vorweisen kannst.«
»Ich hoffe es«, sagte Varlan. »Was kann ich für dich tun, ehrwürdiges Gefäß des Geistes?«
Salfador öffnete den Mund, und zwischen zwei Reihen konischer Zähne kam seine Zunge zum Vorschein. »Ich hatte gehofft, deine Bürde der Verantwortung zu erleichtern, indem ich dich einlade, mit mir zu baden.«
Varlan sog mit pfeifendem Geräusch Luft zwischen ihre kaum geöffneten Zähne ein, was für die Ryall einem Seufzen gleichkam. »Das würde mir sehr gefallen. Unglücklicherweise habe ich mich um die Beladung der Raumschwimmer zu sorgen und Briefe abzusenden.«
»Lass es deine Untergebenen tun.«
Varlan zischte ärgerlich. »Niemand soll sagen können, dass ein Mitglied der Sippe der Duftenden Wasser andere tun ließ, was ihre Pflicht war!«
Salfador hob die Arme. »Wie du willst, Varlan. Ich gehe jetzt.«
Der Priester hatte sich eben zum Eingang umgewandt, als das Kommunikationsgerät am Datenanschluss der Betriebsleiterin zu quäken begann. Er wandte den Kopf und blickte zurück, während Varlan den Anruf
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