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Der Antares-Krieg

Der Antares-Krieg

Titel: Der Antares-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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Außenministerium zu übergeben.
    »Aber diese Depeschen und Berichte sind über ein Jahrhundert alt, nicht wahr?«, fragte Ryssa.
    Bethany nickte. »Einige davon.«
    »Dann müssen sie viele Geheimnisse enthalten, um nach all dieser Zeit noch wichtig zu sein.«
    »Im Gegenteil, die meisten betreffen alltägliche Angelegenheiten. Die Jahresabrechnungen irdischer Liegenschaften auf Alta, Berichte über politische Aktivitäten der Botschaft, Listen von Passerneuerungen, Berichtigungen von Einwanderungspapieren, standesamtliche Urkunden, solche Dinge.«
    »Aber sicherlich werden Sie all diese Mühe nicht bloß auf sich genommen haben, um Akten des routinemäßigen Geschäftsgangs abzuliefern? Wenn es ist, wie Sie sagen, wer wird das Zeug lesen wollen?«
    Bethany zuckte die Achseln. »Ich bezweifle, dass jemand sich die Mühe machen wird. Bis auf den Begleitbrief meines Onkels ist alles ziemlich trockene Materie.«
    Ryssa schüttelte den Kopf. »Dann scheint mir, dass Sie einen langen Weg umsonst gemacht haben.«
    Bethany lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und betrachtete ihre Begleiterin aus schmalen Augen. Etwas an der Frage verursachte ihr Unbehagen, und sie suchte nach den rechten Worten, um Ryssa den tieferen Sinn zu erklären.
    »Nicht der Inhalt der Depeschen und Berichte meines Onkels ist wichtig, Ryssa. Wichtig ist vielmehr das Prinzip, das sie verkörpern.
    Granville Whitlow leistete einen Eid, mit dem er sich verpflichtete, die Interessen der Erde auf Alta wahrzunehmen. Er verbrachte sein Leben damit, diesem Eid gerecht zu werden. Seine Nachkommen haben über sechs Generationen das Gleiche getan. Die Berichte und Papiere, die ich bei mir habe, sind das Produkt dieser sechs Lebensspannen. Wenn ich sie den zuständigen Autoritäten übergebe, werde ich sagen können, dass diese sechs Leben etwas zählten.«
    »Es hört sich so an, als wäre es Ihnen sehr wichtig.«
    »So ist es. Sehr wichtig.«
    »In diesem Fall kann ich vielleicht mit meinem Vater darüber sprechen.«
    Am nächsten Morgen erhielt Bethany einen Anruf von einer freundlichen jungen Frau mit spanischem Akzent, die ihr mitteilte, dass sie um zehn Uhr im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten erwartet werde, und ob das der Senorita Lindquist angenehm sein würde. Nachdem sie der Anruferin versichert hatte, dass sie kommen würde, verbrachte Bethany den Rest des Morgens mit Vorbereitungen auf die Audienz.
    Sir Joshua Blenham, Staatssekretär im Außenministerium und Delegierter beim Interstellaren Rat, war ein schwerer, massiger Mann mit bedächtigen Bewegungen, einem buschigen Schnurrbart und Runzeln um die Augen. Seine Stimme neigte zum Dröhnen, wenn er sprach, aber Bethany fühlte sich in seiner Gegenwart sofort entspannt. Mit Blenham waren drei weitere Männer im getäfelten Büro. Zwei von ihnen erkannte sie als Beamte, die Richard Drake und die anderen leitenden Mitglieder der Helldiver-Expedition nach dem Empfang am ersten Tag weggeführt hatten. Der dritte Mann war ihr unbekannt.
    »Miss Bethany Lindquist, darf ich Ihnen Raoul Letterier, Alphonse Grast und Kelton Dalwood vorstellen?«, sagte Blenham und wies nacheinander auf die drei Anwesenden.
    »Ich werde Sie nicht mit ihren überlangen Titeln und Geschäftsbereichen langweilen. Sagen wir nur, dass sie die für Ihre Kolonie und die der Sandarer zuständigen Ressortleiter sind. Meine Herren, Miss Lindquist ist eine Loyalistin, die manchem zum Vorbild gereichen kann.«
    »Das entnahm ich dem Bericht des Ersten Botschaftssekretärs Oldfield«, sagte Letterier. »Offen gesagt, Miss Lindquist, ich bin erstaunt, dass es auf Alta noch Menschen wie Sie und Ihren Onkel gibt.«
    »Wieso, Mr. Letterier?«
    »Seit dem Ausbruch der Antares-Supernova ist viel Zeit vergangen. Um ehrlich zu sein, wir hatten Sie beinahe vergessen. Und wir hatten angenommen, dass Sie auch uns vergessen haben. Kolonisten zu finden, die nach all dieser Zeit der alten Heimat und der Zentralregierung in Treue verbunden sind, ist erstaunlich.«
    »Vielleicht missverstehen Sie«, erwiderte Bethany. »Mein Onkel ist dieser gegenwärtigen Zentralregierung und dem derzeitigen Interstellaren Rat nicht treuer verbunden als Sie der Regierung, die in der Zeit herrschte, als Granville Whitlow die Erde verließ, um seinen Dienst in Alta anzutreten. Mein Onkel ist der Erde als Heimat und verbindendem Element aller Menschen loyal, als dem ideellen und kulturellen Mittelpunkt der Menschheit, ohne den der Zusammenhalt verloren gehen

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