Der Apfel fällt nicht weit vom Mann
getauft ...«
»Persicoria!«
»Spitzname Persi«, schob sie schnell hinterher. »Nicht Pip.«
»Na, Gott sei’s getrommelt und gepfiffen. Der arme Hund. Wusste ich es doch – ein schrecklicher Name. Warum um alles in der Welt wollte Gyps sie so nennen?«
»Ich glaube, weil sie dich vermisst hat ...« Susan lächelte sorgenschwer.
Flora streckte die Arme aus und nahm Pips Hände.
»Wir haben dich alle vermisst, Pip ...«
»Tut mir leid, dass ich so lange weg war«, erwiderte Pip schnell, und sie meinte es auch so.
So war es jedes Mal. Sie hatte überhaupt keine Lust, nach Hause zu fahren, aber wenn sie dann da war, ging ihr doch das Herz auf.
Dieses Mal allerdings konnte sie nicht die Augen davor verschließen, dass die Dinge wirklich schlimm standen.
»Gut ...«, seufzte Pip. »Wo ist Mum?«
»Rate mal.«
»Im Bett?«
»Richtig.« Flora machte ein langes Gesicht.
»Viola?«
»Gute Frage – nächste Frage?«
»Gyps?«
»Müsste eigentlich in der Schule sein ...«
»Müsste sein?«
»Na ja, wir haben sie heute Morgen hingebracht. Das ist aber keine Garantie dafür, dass sie den Rest des Vormittags da geblieben ist.«
Pip seufzte und nahm sich vor, während ihres Aufenthaltes hier auch Gypsys Schule einen Besuch abzustatten.
»Müsstest du nicht eigentlich auch in der Schule sein?«, fragte sie Flora.
Flora zuckte die Achseln und nickte.
»Schon. Aber ich wollte zu Hause sein, wenn du kommst.«
»Und das geht einfach so?«
»Ich habe ihr eine Entschuldigung geschrieben«, schaltete Susan sich ein. »Wegen Menstruationsbeschwerden.« Sie schürzte die Lippen und sah Flora verschwörerisch an. Die beiden waren wieder kurz davor, loszuprusten.
»So was ist dem alten Mr. Feltham so peinlich, dass er keine weiteren Fragen stellt ...«
»Ja, weiß ich noch«, nickte Pip. »Den hatte ich in Biologie. Da haben wir, glaube ich, alles außer der menschlichen Fortpflanzung durchgenommen.«
»Das wäre der perfekte Bio-Lehrer für deine Mutter gewesen ...«, brummte Susan und zwinkerte Pip zu.
»Und dann? Dann gäbe es uns jetzt nicht, Tante Susan! Was würdest du denn dann bloß machen?«, schimpfte Flora im Scherz, doch Susan machte trotzdem ein erschrockenes Gesicht.
»Oh je, das tut mir leid, wirklich, so war das nicht gemeint ...«
»Wissen wir doch.« Flora und Pip nahmen sie in den Arm. »Wir ziehen dich doch bloß auf.«
»Ich wüsste auch nicht, was ich ohne euch machen würde«, versicherte sie ihnen mit schriller Stimme und erwiderte ihre Umarmungen.
»Und wir wüssten nicht, was wir ohne dich machen würden«, stellte Pip klar. Susan nickte und biss sich auf die Unterlippe.
»Was aber nichts daran ändert«, wandte Pip sich wieder an Flora, »dass dir am Ende des Schuljahres wichtige Prüfungen bevorstehen. Allzu viel Fehlstunden kannst du dir nicht leisten. Und wie ich die Sache einschätze, hast du in den letzten Wochen ganze Tage gefehlt ...«
Floras bedröppeltes Gesicht bestätigte ihre Vermutung.
»Raphael hat Mum mitten in den Ferien verlassen ... Danach bin ich dann erst mal wieder in die Schule gegangen, ich schwör’s dir, Pip, aber zu Hause wurde alles so schwierig, da musste ich einfach da sein ... und heute, wie gesagt, wollte ich hier sein, wenn du kommst, ist ja bloß ein Tag ... Kommt nicht wieder vor, versprochen!«
Pip nickte und schwieg.
Wenn Flora etwas versprach, konnte man sich darauf verlassen.
»Jetzt, wo du wieder da bist, besteht ja auch gar keine Notwendigkeit mehr ... Du hilfst Mum wieder auf die Beine, stimmt’s, Pip?«
»Klar«, versicherte Pip ihr, obwohl sie sich da selbst gar nicht so sicher war.
»Ich habe sie noch nie so niedergeschlagen gesehen ...« Susan richtete den Blick zur Zimmerdecke, als könne sie durch sie hindurch in Judys Schlafzimmer sehen.
»Sie wird sich schon wieder fangen«, sagte Pip, um sich selbst Mut zu machen. »Wie jedes Mal. Dieses Mal dauert es vielleicht bloß ein bisschen länger ... Ich habe das Gefühl, dass sie meint, dieses Mal nicht nur sich selbst im Stich gelassen zu haben, sondern uns alle. Aber die Frage, auf die ich jetzt als Allererstes eine Antwort brauche, ist leider eine sehr pragmatische, und ich möchte, dass ihr schonungslos ehrlich seid: Ist wirklich alles weg?«
Tante Susan und Flora sahen einander müde, erschöpft und sorgenvoll an.
»Wie wär’s, wenn wir uns zuerst einen Tee machen? Du bist doch bestimmt kurz davor, zu verdursten.«
Pip wollte eigentlich viel lieber
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