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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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klar doch, und ich verspreche, es nie wieder zu tun«, behauptete sie.
    Sie sahen einander an.
    Pip war die Erste, die blinzelte.
    Sie kehrte zu ihrem eigentlichen Thema zurück.
    »Pops Cottage ...«
    »Pops Cottage«, wiederholten die anderen unisono, um sie zu foppen.
    »Ach, jetzt hört mir doch bitte mal zu! Schließlich versuche ich, euch zu helfen.«
    Alles schwieg und sah sie ergeben an.
    »Also, ich habe mir heute Morgen den Immobilienteil in der Zeitung vorgenommen, und plötzlich ist mir aufgegangen, dass wir Arandore doch vermieten statt verkaufen könnten. Das dürfte uns genug Geld einbringen, um euch ein kleineres Haus zu mieten und euch sogar monatlich zu bezuschussen ...«
    Die Reaktion entsetzten Aufkeuchens hatte sie erwartet.
    »Ich weiß, ich weiß.« Sie hob die Hände, um Viola zu stoppen, die bereits den Mund aufmachte. »Ich weiß, dass ihr den Gedanken unerträglich findet, irgendwo anders als auf Arandore zu leben, so lange es uns noch gehört, und darum habe ich weiter nachgedacht ... Das Cottage«, sagte sie, »steht doch nur unbewohnt herum, dabei ist es ein ganz wunderbares Häuschen. Das ist doch eine Schande. Wir brauchen dringend Geld, und von daher finde ich meine Idee geradezu perfekt: Wir werden das Cottage vermieten!«
    Sie strahlte die anderen an. Applaus erwartete sie nicht gerade, aber doch zumindest eine gewisse Anerkennung ihres geradezu genialen Rettungsplans.
    Doch die anderen fanden ihn offenbar weniger genial, er löste eher Entsetzen aus.
    »Und?«, wollte sie wissen, nachdem alle einfach nur schweigend Blicke gewechselt hatten und sie ansahen, als sei sie völlig übergeschnappt. »Was meint ihr?«
    Außer dem Knurren von Gypsys Magen war nichts zu hören.
    »Herrgott noch mal!« Pip schnappte sich die mitten auf dem Tisch stehende Kanne mit der frischen Milch, goss großzügig davon über Gypsys Porridge, verteilte einen ordentlichen Löffel braunen Zucker darauf, rührte um, nahm einen Löffel auf, führte ihn zu Gypsys Mund und forderte ihre Schwester auf, ihn zu öffnen.
    Und Gypsy tat ausnahmsweise einmal das, was man ihr sagte. Erst verzog sie das Gesicht, als hätte man ihr gerade Zitronensaft eingeflößt, doch dann verteilte sich der Brei auf ihrer Zunge, und sie fing an zu lächeln. Flugs schaufelte sie sich selbst zwei weitere Löffel hinein.
    »Schmeckt’s jetzt?« Pip beobachtete sie mit vor der Brust verschränkten Armen.
    Gypsy dachte kurz nach, dann nickte sie.
    »Super. Und wäret ihr jetzt wohl so freundlich, mir zu erklären, wieso sich eure Begeisterung so extrem in Grenzen hält und ihr mir nicht die Füße küsst, weil ich eine so geniale Idee hatte?«
    Ihre Schwestern sahen zu Tante Susan.
    »Ich glaube, es ist das Beste, wenn wir es dir zeigen, Pip. Nach dem Frühstück ...«
    Als der Porridge aufgegessen und der Tisch abgeräumt war – was natürlich nicht ohne die üblichen Querelen darüber vonstatten ging, wer was zu tun hatte – hatten sie noch eine halbe Stunde Zeit, bevor sie sich auf den Weg zur Schule machen mussten. Also marschierten sie alle zu Pops Cottage.
    Vor dem Haus erstreckten sich Wiesen bis hinunter ins Quinntal, und ganz unten konnte man in Form eines Silberstreifs sogar das Wasser erkennen. Es war das reinste Postkartenidyll.
    Aber wenn man sich dem Gebäude näherte, sah man, wie tonnenweise Spinnweben die Haustür blockierten, die schwarze Farbe abblätterte, die Fensterbänke rissen, die Dachrinnen von Unkraut verstopft waren, die wunderschönen kornischen Schieferschindeln vom Dach rutschten, der Efeu alles überwucherte.
    »Und das willst du also vermieten, Pip?«
    Pip nickte entschlossen.
    Und sie nickte selbst dann noch, als ein Blitz den Himmel durchzuckte und sein entferntes Knistern ausreichte, um den eisernen Türklopfer so zu erschüttern, dass sich seine letzte rostige Schraube löste und er zu Boden krachte. Selbst als unheilschwanger der Himmel sich auftat und ein Platzregen sie alle ins Cottage flüchten ließ, nickte sie noch.
    Der muffige Geruch jahrelanger Vernachlässigung schlug ihnen entgegen.
    »Wann ist denn zum letzten Mal jemand hier drin gewesen?«, wollte Pip wissen, als sie durch das trockene Laub stapfte, das sich im Hausflur gesammelt hatte. Die anderen folgten ihr auf dem Fuß.
    Susan zuckte betreten die Achseln.
    »Keine Ahnung, Pip ... Das ist wahrscheinlich schon Jahre her ...«
    Vor über sechs Jahren hatten sie Pops Sachen zusammengepackt. Daran konnte Pip sich noch gut

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