Der Apfel fällt nicht weit vom Mann
Manieren und drehte sich um.
»Alles ist gut! Alles ist gut!«, keuchte Pip, während sie wenig nymphenhaft wie ein Käfer auf dem Rücken lag und die nur unzureichend in den Jeans steckenden Beine in die Luft reckte.
Höflich wandte er sich wieder ab.
»Tut mir wirklich furchtbar leid«, rappelte sie sich verbal und körperlich auf. »Das kommt daher, dass ich noch nass bin. Da könnte ich genauso gut versuchen, eine Schweinshaxe in eine Wursthaut zu pressen.«
Er musste lachen.
»Nein, mir tut es leid«, sagte er. »Ich hätte nicht zu früh kommen dürfen. Vielleicht sollte ich einfach wieder verschwinden.«
»Nein, nein ...«, rief sie, als sie die Hose schließlich über den Po gezerrt hatte und sie nun in ihr schmutziges T-Shirt schlüpfen konnte. »Alles ist gut, wirklich, ich bin jetzt fertig, ist wieder alles an seinem Platz. Nur ein bisschen dreckig ... Ich habe geputzt ... Und jetzt sehe ich aus, als hätte ich meine Klamotten als Putzlappen verwendet ...«
Langsam drehte er sich wieder zu ihr um.
Pip war fest entschlossen, ihn nach diesem unfreiwillig missglückten Empfang nun auch noch richtig willkommen zu heißen. Vielleicht war er ja hartgesotten und wollte das Cottage trotzdem mieten ...
Pip strahlte ihn an und reichte ihm die Hand.
»Hi! Herzlich willkommen auf Arandore. Ich bin Pip Charteris. Sie haben mit meiner Tante Susan gesprochen. Sie sind also Mr. Rivers?«
Er ergriff ihre Hand.
»Eigentlich Rivera, aber nennen Sie mich doch Balthazar ... bitte.«
Das würde sie gerne, wenn sie es denn aussprechen könnte.
»Balthazar?« Pip fand, sie klang, als würde sie niesen. »Klingt nicht gerade englisch ...«
»Ich komme aus Spanien.«
Pip zuckte zusammen.
»Spanien«, wiederholte sie.
»Ja, aus den Rías Baixas in Galizien.«
Als er Spanien sagte, dachte Pip sofort an Raphael und überlegte einen Moment, ob dieser Balthazar wohl ein Kumpel des spanischen Gauners war und nun hier ist, um zu sehen, ob die zeitweise geistig umnachtete Judy noch irgendetwas übrig hatte, das man ihr wegnehmen könnte.
Aber Raphael war aus Barcelona und hieß mit Nachnamen Flores. Pip konnte sich noch gut erinnern, wie entzückt ihre Mutter von der Vorstellung war, eines Tages vielleicht Mrs. Flores – Frau Blume – zu sein.
Der Fremde konnte also gar nichts mit ihm zu tun haben. Oder?
»Und was hat Sie nach England verschlagen?«, erkundigte sie sich listig.
»Geschäfte.«
»Geschäfte?«, hakte Pip so lässig wie möglich nach.
»Ja, Geschäfte«, entgegnete er mit einem bezaubernden Lächeln.
Besonders mitteilsam war er ja nicht.
Aber offenbar tierlieb. Die Hunde jedenfalls bedrängten ihn mit ihren schnüffelnden Schnauzen, und er ließ es geschehen.
Pip war in all den Jahren in der Tierarztpraxis zu dem Schluss gekommen, dass Menschen, die Tiere mochten, in der Regel gute Menschen waren. Natürlich mit Ausnahme von James Bonds Gegenspieler Blofeld, der trotz seiner geliebten Perserkatze ein Bösewicht übelster Art war. Aber der gehörte für Pip zu den unrühmlichen und zudem fiktionalen Ausnahmen.
»Es kann sein, dass ich aufgrund der Geschäfte bis Ende des Jahres hierbleiben muss, und so lange möchte ich nicht im Hotel wohnen.« Er streichelte die Hunde.
Emerald, die seit ihrem etwas schweren Start ins Leben Fremden gegenüber zurückhaltend war, wedelte mit dem Schwanz und leckte Balthazar die Handfläche.
Mehr brauchte Pip nicht zu wissen.
Wenn Emerald ihn mochte, war er in Ordnung.
»Gut, dann zeige ich Ihnen jetzt das Cottage«, lächelte Pip.
Sie wäre ihm ja vorausgegangen, aber mit der nassen Unterwäsche sah sie von hinten aus, als hätte sie sich in die Hose gemacht, also ließ sie ihm den Vortritt.
»Da entlang.« Sie zeigte auf einen Pfad.
Als Pip und Balthazar aus dem Waldstück traten, schien die Sonne auf das Cottage, sodass es in schönstem pittoreskem Glanz erstrahlte. Einladend und gemütlich lag es da. Der Spanier blieb stehen. Pip betrachtete ihn von der Seite und stellte hocherfreut fest, dass der Anblick des Hauses ein Lächeln auf sein Gesicht zauberte. Dieses Lächeln war so ehrlich und aufrichtig, dass Pip nicht wie geplant mit hinter dem Rücken gekreuzten Fingern sämtliche vorhandenen und nicht vorhandenen Vorzüge des Häuschens aufzählte, sondern im Gegenteil bei der Begehung viel zu ehrlich war und alle Schwachstellen und Nachteile benannte. Doch statt die Beine in die Hand zu nehmen, lächelte der Spanier nur noch mehr.
»Die
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