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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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an.
    »Verstehst du denn was davon?«
    »Ja, klar, ich habe jede Menge Fingerspitzengefühl ...«
    Das konnte Susan sich in allerlei Zusammenhängen lebhaft vorstellen, doch sie schob den Gedanken schnell beiseite.
    »Na, wunderbar, noch jemand mit zwei rechten Händen! In dem Fall setze ich eben schnell Wasser auf und zeige dir dann die Uhr.«
    Vom Beifahrersitz aus sah Flora ihre Freundin an, die sich angestrengt darauf konzentrierte, den Motor des alten Minis am Laufen zu halten.
    »Hör zu, Bridge, du musst mir einen Gefallen tun. Du musst mich bitte bei dem alten Feltham entschuldigen, ja? Ich hab was anderes vor.«
    »Du kommst nicht mit?« Bridge ließ vom Gaspedal ab und sah ihre Freundin erstaunt an. Flora schwänzte sonst nie die Schule, jedenfalls nicht, wenn es Judy gut ging, und Bridge hatte Judy strahlend vor Glück in Richtung Gallant marschieren sehen.
    Flora schüttelte den Kopf und rüttelte am rostigen Türgriff.
    »Heute nicht, Bridge ... Ich muss da was erledigen ... Könntest du mich vielleicht in Gallant absetzen? Aber nimm doch lieber die Strecke an der Kirche vorbei ...«
    Und so fuhren sie die längere Strecke am Fluss entlang, an Bauer Brummigs Hof und der außergewöhnlich hübschen Dorfkirche vorbei.
    Fünf Minuten nachdem Bridge Flora an der Kreuzung abgesetzt hatte, tauchte Viola auf. Genau, wie Flora es sich ausgerechnet hatte.
    Sie folgte ihr unauffällig, bis sie etwa hundert Meter vom Pub entfernt stehen blieb, sich nach rechts und links umsah und dann in eine schmale Gasse verschwand, die, soweit Flora wusste, nur zu drei Adressen führte.
    Damit Viola sie nicht sofort entdeckte, ging Flora eine Weile hinter einer Glyzinie in Deckung, bevor sie die Beschattung wieder aufnahm.
    In dieser Sackgasse standen drei der schönsten Häuser des Ortes. Quinn View Cottage war ein wunderschönes, vierstöckiges, weiß getünchtes, vom Keller bis zum Schieferdach mit Kletterrosen bewachsenes Gebäude. Master’s House war früher einmal eine lange, große Scheune gewesen, die man zu einem tollen Wohnhaus umgebaut hatte. Und Old School House war – na ja, das alte Schulgebäude eben.
    Flora wusste genau, in welches Haus ihre Schwester verschwunden sein musste.
    »Gypsy wäre so stolz auf mich«, brummte Flora, während sie einen Eimer aufsammelte, den ein autowaschender Bewohner der Sackgasse in der Einfahrt von Quinn View Cottage hatte stehen lassen und mit dem sie nun den Weg zur alten Schule hinaufschlich. Sie stellte den Eimer kopfüber unter eines der hohen Bogenfenster der ehemaligen Aula und stieg darauf. Der Eimer reichte nicht, sie konnte nichts sehen. Aber sie konnte etwas hören. Und was sie hörte, ließ sie beinahe wieder vom Eimer fallen.
    »Ich bezahle dir doch nicht einen Haufen Geld dafür, dass du zehn Minuten später als verabredet hier aufkreuzt! Jetzt mach schon, Viola, ich bin kein sehr geduldiger Mensch. Zieh dich aus. Die gleiche Stellung wie gestern, bitte!«

– 22 –
    Die Turmuhr schlug erstaunlich pünktlich fünf, als Judy von ihrer Schicht im Pub nach Hause kam und tütenweise Chips, Hackfleisch, Zwiebeln, keimende Kartoffeln, schlappen Salat und eine Packung Burgerbrötchen auf den Küchentisch entlud.
    »Sag mal, Mum, räumst du denen da immer die Küche leer, wenn du gehst?« Flora steckte noch in ihrer Schuluniform und tat, als hätte sie einen ganz normalen Tag verbracht.
    »Ich habe Gyps versprochen, dass wir ihre Prüfung feiern werden, und Dudley hat gesagt, ich könnte die Sachen mitnehmen, im Pub würden sie sie eh nicht mehr verwenden.«
    »Soll das heißen, dass die Sachen das Verfallsdatum überschritten haben?«
    »Ja, aber nur ganz knapp«, entgegnete Judy fröhlich. »Und jetzt lasst euch mal von meinen kulinarischen Zauberkünsten überraschen. Es gibt Burger und Pommes.«
    Pip und Gypsy kamen gerade in dem Moment nach Hause, in dem Judy alles vorbereitet hatte und den Grill anwerfen wollte.
    Sie hatten einen langen Tag hinter sich. Die Prüfung an sich hatte eine Stunde gedauert. Dann, während der Prüfer das Ergebnis ermittelte, ging der Rektor, ein eleganter, redegewandter Herr namens Earnest Hemmings, Gypsys Bilder durch, die Miss Jenkinson ihm übermittelt hatte. Danach führte er Pip und Gypsy durch das wunderschöne alte Gebäude, in dem die Schule sich befand und lud sie dann ein, mit der gesamten Schüler- und Belegschaft in dem alten Speisesaal zu Mittag zu essen. Danach wiederum wohnten sie einer Stunde Kunstunterricht bei,

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