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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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einem ordentlichen Schluck an.
    Gespannt hielten die anderen die Luft an. Der Inhalt der Flasche, die sie gerade aufgemacht hatte, war älter als Flora.
    Pip spürte die Sprudelbläschen über ihre Zunge tanzen, und Sekunden später nahm sie den vertrauten Geschmack wahr: süß, spritzig, frisch und einfach ... »Köstlich!«, hauchte sie und erinnerte sich abermals daran, wie ihr Dad sie zum ersten Mal kosten ließ. Sie sah in die Runde, lächelte immer breiter und lachte schließlich lauthals: »Unschlagbar saumäßig KÖSTLICH!«

– 25 –
    Die Flasche machte die Runde und war in null Komma nichts leer. Überdreht waren die Frauen dann aber weniger vom Alkohol als von der Aufregung.
    Die Vorstellung, in die Fußstapfen ihrer Vorväter – und insbesondere des von ihnen allen so innig geliebten Pops – zu treten und gemeinsam ein Familienunternehmen zu betreiben, hatte die Fantasie aller kräftig beflügelt. Immerhin hatte Pops Wein damals diverse Preise gewonnen, und sein Cider war in Pubs in ganz Cornwall ausgeschenkt worden. Die Rebstöcke mochten schon lange der Vergangenheit angehören, aber Äpfel gab es immer noch in Hülle und Fülle, im Weinkeller stapelten sich Hunderte von Flaschen, die nur darauf warteten, befüllt zu werden, und direkt vor ihrer Nase standen alle Geräte, die sie fürs Keltern und Abfüllen benötigten.
    Wenn die doch nur ordentlich funktionieren würden ...
    Die Presse klemmte.
    Eine nach der anderen versuchten sie, sie zu lösen, doch das Teil war festgerostet und gab keinen Millimeter nach. Selbst dann nicht, als Susan einmal kräftig mit den Fingern knackte und ihre Muskeln spielen ließ.
    Ob die Apfelmühle noch funktionierte, wussten sie nicht, weil es in der Scheune derzeit keinen Strom gab. Die abenteuerliche Leitungsführung ihrer Tante, die in ihrer Kompliziertheit in keinerlei Verhältnis zu ihrem banalen Nutzen stand, war von zahlreichen Mäusegenerationen zu Kabel-Krautsalat zernagt worden.
    Susan wollte um jeden Preis verhindern, dass die Hochstimmung sank, und versicherte ihnen, sie und ihr Werkzeugkasten würden das schon wieder hinbekommen.
    »Lasst mir einen Tag Zeit«, bat sie. »Ihr fangt schon mal mit der Ernte an und wascht die Äpfel. Bis ihr damit fertig seid, bin ich auch fertig.«
    Pip, Judy und sogar Viola nahmen ihren Auftrag ernst. Schon vor Sonnenaufgang am nächsten Tag waren sie auf den Beinen und schufteten, bis Hände, Arme und Geist erschöpft waren.
    Als Bridget Flora und Gypsy nach der Schule nach Hause brachte, lösten sie Judy und Viola ab, die beide zur Arbeit mussten. Flora und Pip und sogar Bridget sammelten Äpfel auf, und Gypsy sollte sie mit Hilfe von Schlauch und Zinkwannen waschen – was zur Folge hatte, dass Gypsy und die Hunde genauso triefend nass waren wie die Äpfel, aber wenigstens auch genauso sauber.
    Der nächste Tag verlief ähnlich, allerdings mit Unterstützung von Freunden, sodass gegen zehn Uhr abends fast alle Äpfel geerntet, gewaschen und in Kisten neben der noch immer streikenden Apfelmühle verstaut waren. Der Strom in der Scheune funktionierte immer noch nicht. Susan hatte zwei volle Tage sämtliche Teile aus ihrem Werkzeugkasten ausprobiert, sie hatte herumgefummelt, herumgeschraubt und reichlich geflucht.
    Pip sorgte dafür, dass alle fleißigen Helfer etwas zu essen bekamen und schickte dann die auf Arandore Ansässigen nach herzlichen Umarmungen ins Bett, während sie die Wanderarbeiter mit zahlreichen Dankesworten in die Nacht verabschiedete.
    Die Mühle rührte sich nicht.
    Als Pip die Scheune betrat, um ihre Tante zu überreden, für heute Feierabend zu machen, schimpfte diese in einem Jargon vor sich hin, bei dem selbst hart gesottene Brauereiarbeiter rote Ohren bekommen hätten.
    »Susan!«, rief Pip erschrocken.
    »Oh! Pip! Tut mir leid! Aber das ist wirklich mal so eine Situation, in der ›ach manno‹, ›verflixt‹ und ›Mist‹ einfach nicht ausreichen.«
    Es hätte nicht viel gefehlt, und Pip hätte Susans Brecheisen zur Hilfe nehmen müssen, um die Hobby-Handwerkerin aus der Scheune herauszubekommen. Sie redete auf sie ein, ins Bett zu gehen und am nächsten Morgen weiterzubasteln, und brachte sie bis in die Küche, wo sie ihr ein spätes Abendessen servierte, bevor sie eine letzte Runde mit den Hunden drehte.
    Eddie und Persi steuerten den nächstgelegenen Busch beziehungsweise ein Rasenstück an und verschwanden verrichteter Dinge direkt wieder ins Haus, wo sie es sich auf Gypsys Bett bequem

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