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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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kannte.
    Hallo Süßer.
    Postwendend kam Antwort:
    Wer ist da?
    Dein perverser Stalker.
    Hallo Pip!!
    Hallo Clive Alles klar auf der grünen Insel?
    Ohne dich eher trübe Insel x
    Vermisse dich auch x
    Ach komm, du hast doch bestimmt gar keine Zeit, viel an deinen alten Rotschopf zu denken. Was macht der Alphatierarzt?
    Pips Finger legten eine Pause ein.
    Sie hatte Clive nichts von dem Chaos mit ihrer Familie und auch nichts von der Sache mit Nancy und Dan erzählt. Er hatte mit seinem Umzug und dem neuen Job schon genug um die Ohren, da wollte sie ihn nicht auch noch mit ihren Problemen belasten. Außerdem hatte sie gedacht, dass Maggie plaudern würde, aber dieses Mal hatte ihre Kollegin wohl ausnahmsweise mal ihre Klappe gehalten.
    Sie las seine Nachricht noch einmal und überlegte, wie sie darauf antworten sollte.
    Frag Nancy , schrieb sie knapp zurück. Dann gestand sie sich ein, dass in ihrer Antwort eine gewisse Bitterkeit mitschwang, und bereute sie. Noch bevor er antworten konnte, tippte sie rasend schnell: muss los, bald mal reden, LG und schaltete Gypsys Handy aus.
    Sie war die ganze Zeit weitergelaufen, und wie üblich, wenn sie in Aufruhr war, bei der Obstplantage gelandet.
    Sie hätte sich in den Hintern beißen können, Clive so was Blödes gesimst zu haben. Sie wollte sich doch einfach nur mal melden, und jetzt würde er sich sicher Sorgen machen. Am besten rief sie ihn jetzt an, erklärte ihm, was passiert war, und versicherte ihm, dass alles in Ordnung war.
    Aber das konnte sie nicht.
    Pip konnte nicht lügen. Und schon gar nicht gegenüber ihren Freunden.
    Und es war nun mal nicht alles in Ordnung, auch wenn sich die Situation hier auf Arandore schon verbessert hatte.
    Aber was war mit ihr?
    Pip setzte sich unter ihren Lieblingsbaum. Kaum lehnte sie sich mit dem Rücken an den warmen Stamm, seufzte sie wohlig, als habe ein alter Freund sie in den Arm genommen.
    Ein bisschen albern kam sie sich ja schon vor, aber Pip stand trotzdem wieder auf, drehte sich um und schlang die Arme um den Stamm.
    Ihr Lieblingsbaum quittierte diese Zuneigungsbekundung, indem er einen der größten, reifsten Äpfel unsanft mitten auf Pips Scheitel fallen ließ.

– 24 –
    Nicht zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte brachte ein Apfel, der auf einem klugen Kopf landete, neue Ideen mit sich. Allerdings hätte Pip wetten können, dass der Apfel, der Isaac Newton auf die Birne fiel, nicht überreif gewesen und auch nicht sofort zu Matsch zerfallen war, sodass dem guten Mann der klebrige Saft ins Gesicht gelaufen wäre. Aber es war nur gut, dass ihr Apfel genau das tat, denn es war der Geschmack des Saftes auf ihren Lippen, der Pip den Geistesblitz bescherte.
    Nicht, dass der Saft köstlich und süß gewesen wäre, er war eher bitter – aber er rief Erinnerungen in Pip wach. Erinnerungen an das kleine Mädchen, an die Apfelmampferin, die kraftvoll in eine der wunderbar appetitlichen, großen, rot-grünen Lord-of-the-Isles-Früchte biss und deren Mund sich sofort entsetzt über den Geschmack zusammenzog. Und Erinnerungen an ihren Vater, der sich über ihre Grimasse kaputtlachte, den entsetzt fallen gelassenen Apfel aufhob und seiner Tochter erklärte, sie solle nicht einen einzigen dieser Lords wegwerfen, weil aus dieser so adlig benannten Sorte wahrlich fürstlicher Cider gewonnen werden konnte. Er sagte, es sei eben diese Apfelsorte, die seinen Cider zu etwas ganz Besonderem mache. Dann war er mit ihr zu der kleinen Scheune bei den Ställen gegangen, die einst, als Arandore noch ein Weingut gewesen war, als Flaschenlager gedient hatte. Pips Vater benutzte sie für seine eigene kleine Kelterei. Hier stand die alte Apfelpresse und ein kleiner Vorrat seiner Eigenproduktion der letzten Jahre. Er hatte eine Flasche aus dem Regal an der Wand gezogen, vorsichtig den Staub abgewischt und seiner Tochter das handgeschriebene Etikett gezeigt.
    Apfel-Schaumwein.
    Er ließ sie kosten.
    Nur ein winziges bisschen.
    Ein Schlückchen, das sie so lange wie möglich im Mund behielt, weil jedes einzelne Kohlensäurebläschen ihren Geschmacksknospen perlende, prickelnde Aromen bescherte. Wie zahllose Apfelbömbchen explodierten sie auf ihrer Zunge. Sie hatte gestaunt, dass aus einer so bitteren Frucht ein so wunderbar trockenes und doch so liebliches alkoholisches Getränk werden konnte.
    Pip rannte die Einfahrt hinunter auf die Straße. Sie hatte neulich gesehen, dass an Jensons Tor ein Plakat hing. Felicity Jenson engagierte sich stets

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