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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Ängsten, Begierden und Ähnlichem auf die körperliche Beschaffenheit des Fötus. Sie haben vielleicht von der Holländerin gehört, die zugesehen hatte, wie ein Mann gerädert und ihm die Glieder gebrochen wurden, und die daraufhin ein Kind zur Welt brachte, dessen Knochen auf genau die gleiche Weise gebrochen waren und nicht mehr zusammenwuchsen. Um derlei Dinge drehen sich seine Studien.«
    Ich starrte ihn wie benommen an. Das Dröhnen in meinen Ohren machte es schwierig, genau zu verstehen, was er sagte, und ich bekam heftiges Seitenstechen, als wäre ich gerannt.
    Tatsächlich sind die berühmten Gentlemen der Royal Society, so hat mir Ihr Herr versichert, schon seit langem vom Thema Missgeburten fasziniert. Es wäre daher unklug, würde ich einen Vergleich ziehen zwischen jenen, die ein wissenschaftliches Interesse an diesem Thema haben, und den ungehobelten Massen, die Missgeburten aus Gründen des Amüsements begaffen. Das scheint Sie zu schockieren. Aber wie könnte man seinen Lebensunterhalt verdienen, wenn man nur mit denjenigen Geschäfte machte, die man schätzt? Die Tätigkeit Ihres Herrn mag nutzlos und unvernünftig sein, aber zumindest ist sie harmlos. Inzwischen lebe ich in der trügerischen, aber ruhmreichen Hoffung, dass er sein Elaborat eines Tages zu einem überteuerten Preis an einen meiner Konkurrenten verkauft und mich ordentlich bezahlt!«

Galen über den Krebs:
     
    ein Übermaß an schwarzer Gallenflüssigkeit, die krebsartige Tumore verursacht, kann in jedem Menschen hervorgerufen werden, wenn er längere Zeit einem Übermaß an Grausamkeit oder Niedergeschlagenheit ausgesetzt ist
     
    Tumor bloß das äußere & sichtbare Zeichen
    seiner inneren Angst
     
    VON DER BOSHEIT & PERFIDEN HINTERLIST MEINER PEINIGER

XXX
    I n tiefen Zügen sog ich die Luft ein, während ich in die Swan Street zurücktaumelte, und füllte meine Lungen mit dem tröstlichen Gestank dieser Stadt. Das Seitenstechen hatte ein wenig nachgelassen, aber ich zitterte noch immer wie Espenlaub, und mehrmals krümmte ich mich zusammen, weil ich glaubte, mich übergeben zu müssen.
Die Einbildungskraft von Müttern.
Und dann, wie der Refrain eines Liedes, der um die Grundmelodie gewoben ist:
mein Sohn.
Immer und immer wieder diese beiden Wörter, wie der Leierkasten des Teufels, immer und immer wieder, aufdringlich wie das schrille Gefiedel der Musikanten in Covent Garden.
Die Einbildungskraft von Müttern. Mein kleiner Sohn. Die Einbildungskraft von Müttern.
Ich presste die Hände auf die Schläfen, bis mir der Kopf wehtat. Das Getöse auf der Cheapside ging mir durch Mark und Bein.
Die Einbildungskraft von Müttern. Mein Sohn. Mein geliebter kleiner Sohn.
    In der Swan Street angekommen, schleppte ich mich in die Dachkammer und zog mir die Decke über den Kopf, aber immer noch krochen die Wörter wie Spinnen aus den Spalten und Ritzen meines Hirns hervor, bis mir der Kopf schwirrte. Schwarz und unauslöschlich wie die Schrift in einem Buch stimmten sie ihren gemeinen Chor an:
Die Einbildungskraft von Müttern, die Einbildungskraft von Müttern. Eliza Tally, du einfältige Närrin, warum warst du blind
und taub?
Und dann leiser, beinahe ausgelassen:
Du hättest ihn retten können, wenn du nur hättest sehen wollen. Wenn du nur willens gewesen wärst, hinzusehen.
    Ich wälzte mich auf die andere Seite und vergrub das Gesicht in der Matratze, doch die Worte hallten unablässig durch meinen Schädel, sponnen ihre giftigen Netze um mich und hielten mich gefangen.
Die Einbildungskraft von Müttern, du dumme Gans,
höhnten sie. Ich konnte ihnen nicht entkommen. Sie packten mich an den Ohren und rissen mir die Lider hoch, damit ich ihrer unwiderlegbaren Wahrheit ins Antlitz blicken musste.
    Der Apotheker hatte mich hierher geholt, um aus meinem Kind eine Missgeburt zu machen. Er hatte alles in seiner Macht Stehende getan, es zu verunstalten und zu verstümmeln, es seiner Menschlichkeit zu berauben und ihm die seelenlosen Instinkte einer Bestie einzupflanzen, um aus seinem unschuldigen Hals den grässlichen Schädel und das geifernde Maul eines Köters herauswachsen zu lassen. Das Bild aus dem Buch stand mir so deutlich vor Augen, dass ich laut aufstöhnen musste. Doch irgendwie, ich wusste nicht, wie, hatte ihm mein Kind einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich stellte mir vor, wie es, gleichsam ein zartes Pflänzchen, zusammengekrümmt in meinem Bauch gelegen und sich mit den Händchen die Ohren zugehalten hatte, wenn meine

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