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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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klopfte, um Mary daran zu erinnern, vor dem Zubettgehen sämtliche Kerzen zu löschen, sah sie mich nicht, weil ich zusammengerollt hinter dem Küchentisch lag. Wie üblich ließ sie die Tür einen Spalt offen, sodass im schmalen Lichtstreifen ihrer Kerze ihr langer, schmaler Schatten aussah wie ein sich windender Aal, als sie die Treppe hochstieg. Mary tappte durch die Küche und blies das letzte kleine Licht auf dem Fenstersims aus, um sich dann neben mich zu legen. Ich hatte vergessen, wie finster die Küche nachts war. Plötzlich sehnte ich mich danach, irgendwo anders zu sein, egal wo, und richtete mich auf.
    Ganz sanft legte sich eine Hand auf mich und drückte mich zurück aufs Kissen. Leise murmelnd schmiegte sich Mary an meinen Rücken, schlang die Arme um meine Rippen und legte den Kopf an meine Schulter. Ich griff hinter mich, nahm ihre Hand und umschloss sie. Sie war feucht und weich wie frischer Brotteig.
    In der Finsternis zerfällt die Zeit zu eigenartigen Gebilden, die sich zusammenziehen und wieder dehnen, sodass man sich in ihren Falten und Tiefen verliert. Als ich den Nachtwächter erneut hörte, rief er die dritte Stunde aus. Das Feuer war fast erloschen, und es war kalt geworden. Der Steinfußboden hauchte seinen eisigen Atem in die dünne Matratze. Mary hatte sich ein wenig gedreht, sie wandte mir jetzt den Rücken zu, und mein rechter Arm war unter ihr eingeklemmt. Als ich ihn hervorzog, war er taub. Ich bewegte die Hand und spürte, wie das Leben kribbelnd in meine Fingerspitzen zurückkehrte. Auch in meiner Brust kribbelte es. Ich seufzte. Wie zur Antwort seufzte Mary ebenfalls, wälzte sich herum und schmiegte sich wieder an meinen Rücken. Ich schloss die Augen und genoss ihre tröstliche Wärme.
    Beim ersten Stoß dachte ich, sie habe einfach nur im Schlaf gezuckt. Sie litt seit jeher an schlechter Verdauung. Ich zog die Beine an die Brust und wartete auf das vertraute Geräusch ihres Furzens. Dann erneut ein harter Schubs gegen meinen Rücken. Ich schlug die Augen auf. Als vor dem Fenster ein Fackelträger vorbeiging, war die Küche kurz in helles Licht getaucht. Ich drehte mich ein wenig und legte meine Hand auf Marys Bauch.
    Obwohl es stockfinster war, gab es keinen Zweifel: Rund um ihre Hüften und ihren Bauch war das Fleisch weich und nachgiebig wie immer, aber darunter wölbte sich, straff gespannt, eine muskulöse Rundung. Ich strich darüber und spürte, wenn auch nur für einen Augenblick, eine harte, eckige Form. Als ich ein wenig dagegenpresste, bewegte sich auf einmal etwas, eine größere, rundere Masse, die kurz gegen meine Finger drückte, ein Spiel von beweglichen Teilen. Mary seufzte im Schlaf, murmelte etwas und drehte sich schließlich auf den Rücken. Im Schein des glimmenden Feuers wirkte ihr Bauch wie eine Kuppel, mit dem hervortretenden Bauchnabel als Laterne. Das rötliche Licht ließ ihre Haut in alabasterhafter Zartheit schimmern, nur die rissige Partie um den Mund sah aus wie der abgestoßene Rand einer Porzellantasse.
    Natürlich wusste ich es. Seit Monaten sah ich es und sah es wiederum nicht. Ich hatte mir eingeredet, es sei unmöglich, dass eine Idiotin ein Kind empfangen könne. Wohl wahr, Mary hatte schmerzhafte Monatsblutungen, die sie verstörten und erschreckten, aber in fast jeder anderer Hinsicht war sie kaum mehr als ein Kleinkind. Ich hatte zugesehen, wie ihr Bauch wuchs, und mir gesagt, sie werde nur immer dicker. In der Wiege neben dem Bett murmelte das Äffchen im Schlaf.
    Gütiger Himmel, das Äffchen. Meine Hand zitterte, als ich über die Wölbung von Marys Bauch fuhr. Das Wesen, das sie unter ihrem Herzen trug, bewegte sich nicht. Vielleicht würde es wie mein Sohn vollkommen normal sein und könnte sich aus eigener Kraft vor den bestialischen Eindrücken schützen, die sich ihm in sein weiches Fleisch einprägen wollten. Doch sosehr ich mir dies auch wünschte, wusste ich doch, dass es nicht sein konnte. Mary selbst war aus weichem Ton gebildet, ihre Leidenschaften waren stark und kannten nicht die Grenzen, die Verstand und Anstand geboten. Sie liebte dieses Äffchen von ganzem Herzen. Warum sollte es dann ein menschliches Kind sein und nicht ein Affenfötus, was sich da in der feuchten Dunkelheit ihres kindlichen Schoßes zusammenkauerte und in seiner Wildheit nur durch die würgende Nabelschnur in Zaum gehalten wurde?
    Mary wurde wach und hob den Kopf. Das zerknitterte Laken hatte ein dunkelrotes Muster auf ihre Wange gezeichnet. Sie

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