Der Apotheker: Roman (German Edition)
verwendet. Bingelkraut. Fingerhut, täglich einen Monat lang eingenommen. Der aus Wurzeln, Blättern und Beeren der Tollkirsche gewonnene Saft.
An Mr Grayson Black
Apotheke zum Einhorn in der Swan Street
Verehrter Mr Black,
ich freue mich zu hören, dass Sie sich auf dem Weg der Besserung befinden, und hoffe, dass Ihre Genesung mit jedem Tag schneller voranschreitet.
Zu Ihrer Kenntnisnahme schicke ich Ihnen eine Aufstellung der noch ausstehenden Gelder, die Sie mir schulden. Wie Sie sehen, ist die Summe beträchtlich gewachsen. Ich bin ein wenig erstaunt über Ihre Bemerkung in Ihrem letzten Brief, dass die beste Aussicht auf Rückzahlung nicht darin liege, meine Dienste einzustellen, sondern Ihnen die Vollendung Ihrer Studien zu ermöglichen. Was für eine kühne Idee! Um mich bezahlen zu können, verlangen Sie von mir, dass ich Ihnen noch mehr Bücher schicke. Was für eine geschickte Argumentation! Ich hoffe nur, dass Sie als Wissenschaftler zumindest halb so gut sind wie als Logiker.
Da ich nach wie vor keine besondere Vorliebe für die mühseligen englischen Gerichtsverfahren hege, schlage ich Ihnen Folgendes vor: Ich werde Sie weiterhin mit den von Ihnen gewünschten Büchern beliefern. Jedoch werde ich die Kosten pro Ausleihe um sechs Pence erhöhen, die ich zu den noch nicht bezahlten Schulden hinzurechnen werde. Wie gewohnt erwarte ich, dass jedes Exemplar unbeschädigt und innerhalb von drei Wochen nach Lieferung zurückgegeben wird. Zusätzlich werde ich für den Wiederverkauf alle Bücher annehmen, die Sie bereits von mir gekauft haben, sofern sie in hinreichend gutem Zustand sind, und den daraus erzielten Erlös Ihrem Konto gutschreiben. Was den Restbetrag betrifft, werde ich keine Schritte einleiten, sofern die vollständige Summe in spätestens sechs Monaten beglichen wird, vom heutigen Datum an gerechnet.
Ich denke, meine Bedingungen sind großzügig. Des Weiteren wäre ich Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie darüber hinaus auch weiterhin die Bücher durch Ihr reizendes Dienstmädchen überbringen ließen. Sie dürfen sich glücklich schätzen, dass mir ihr hübsches Gesicht eine Art Trost spendet.
Ich verbleibe, Sir, Ihr ergebener – und überaus geduldiger – Diener,
ETIENNE HONFLEUR
Buchhändler im Kirchhof von St. Paul’s, London
2 . Juni 1720
XXXI
D iesmal nahm ich zwei Fläschchen Elixier mit. Zwei Wochen waren vergangen, ehe ich wieder zum Buchhändler geschickt wurde. Es war ein drückend heißer Tag, das Himmelsband hatte sich eng um die Sonne geschlungen. Die Tür zu Mr Honfleurs Laden stand sperrangelweit offen, gehalten von einem schweren Eisengewicht. Direkt hinter dem Eingang war eine Malerstaffelei aufgestellt, auf die Handzettel geheftet waren, manche von oben bis unten beschrieben, andere mit Holzschnitten bebildert. Die größte Abbildung zeigte einen Mann, der, eine Schreibfeder in der Hand, an einem Tisch saß. Von einer Wolke über ihm schwebte ein Engel herab, aus dessen Mund ein Band aus Wörtern in winzigen Buchstaben hervorquoll; in den Händen hielt er ein aufgeschlagenes Buch. Ich zwängte mich an der Staffelei vorbei in den Laden. In meinem Korb schlugen die Fläschchen mit dem Opium leise klirrend aneinander.
»Ah, die verlorene Tochter ist zurückgekehrt!«, rief Mr Honfleur. »Und wie gefällt Ihnen unsere neueste Geschäftsidee?«
»Du wärst gut beraten, dir einmal genauer anzusehen, wer da so fieberhaft an deiner innig geliebten Börse spekuliert«, erwiderte Annette, als wäre ich gar nicht vorhanden. »Ich wette, du würdest nichts anderes entdecken als Eigennutz und Gier und die Entschlossenheit, auf Kosten der Geschäftspartner Profit zu erzielen.«
»Bitte entschuldigen Sie, aber ich bin heute ein wenig in Eile«, murmelte ich und nahm die Bücher aus dem Korb. Unter meinen Röcken zuckten meine Beine ungeduldig. Wenn ich mich sputete, hätte ich noch Zeit, zwei Kaffeehäuser aufzusuchen, ohne dass mein Fernbleiben auffiele.
»Aber jeder Profit wird doch auf Kosten anderer erzielt«, sagte der Buchhändler, wickelte die Bücher aus und betrachtete beiläufig deren Einbände. »Wir haben Fleisch auf dem Tisch, weil unser Geschäft schneller die Bedürfnisse der Kunden befriedigt und ihnen bessere Preise bietet als Mr Roe nebenan. Ist das alles, was Sie mitgebracht haben?«
»Ja, Sir«, nickte ich ungeduldig. »Und könnte ich vielleicht …«
»Und weil du dich immer mehr von den Büchern abwendest«, unterbrach
Weitere Kostenlose Bücher