Der Apotheker: Roman (German Edition)
versäumt hat, das Feuer anzufachen, sodass es hier in diesem Zimmer kälter ist als in einem Grab. Heute Abend kann ich sogar geflissentlich über den fingerdicken Staub auf dem Kaminsims hinwegsehen, wenngleich sie mich morgigen Tags gewiss in weniger duldsamer Stimmung antreffen wird. Sie ist nicht nur das faulste Wesen auf Gottes Erde, sondern stolziert auch wie eine billige Hure vor dem fetten Lehrling umher. Aber genug, genug. Nach einem Abend von solcher Erhabenheit soll nicht der Ärger über diese törichte Dirne meine Hochstimmung trüben.
Die Royal Society – wie dieses Wort meine Feder erbeben lässt. Der Präsident der Society, der berühmte Mr Sloane, war höchstpersönlich anwesend & mit ihm die hervorragendsten Männer der Wissenschaft, versammelt in einem Raum, kaum größer als ein Salon. Noch wichtiger war, dass mich Mr Johanssen, auf dessen Einladung ich gekommen war, mit mehreren berühmten Mitgliedern bekannt machte, darunter Mr Halley, dem Astronomen, der mir den von ihm selbst beobachteten Fall schilderte, wie ein einem Welpen ähnliches Tier aus dem Anus eines männlichen Windhundes geschlüpft war. Er versprach, mir seinen Bericht darüber zuzusenden oder zumindest den Sekretär der Society damit zu beauftragen, da er bereits in den Sitzungsberichten veröffentlicht sei. Ich wiederum berichtete ihm von der hundsköpfigen Rasse von Wilden, die man unter dem Namen Tataren kennt und deren Physiognomie aus der gottlosen Praxis des Beischlafs more canino
herrührt. Er war höchst interessiert und ermutigte mich, ihm den neuesten Entwurf meiner These zuzusenden. Man stelle sich vor, er würde sie gutheißen, Mr Halley höchstpersönlich,
& zur Erörterung vor der Society vorschlagen! Dann würde ich gern Mr Simpsons Gesicht sehen und die Gesichter all jener Verleger, die die Kunst der Wissenschaft darauf reduzieren möchten, dass sie nichts anderes als schockieren & die Sensationsgier der Menschen befriedigen wolle. Der Gedanke ist berauschend.
Was die Debatte selbst betrifft, vermochte ich nur dank energischer Selbstbeherrschung Mr Johanssens strikter Anweisung Folge zu leisten, wonach Gäste während der Sitzung zu schweigen haben. Denn zu meiner Freude lag der Tenor dieser abendlichen Erörterungen auf einem Thema, das für meine Arbeit wesentlich ist: ob der Körper tatsächlich, wie Descartes meint, in seiner Struktur & Arbeitsweise mechanisch sei, denn wenn alle gottgeschaffenen Wesen den unveränderlichen Regeln der Mathematik gehorchten, wer oder was triebe dann die Maschine an?
Es entzündete sich eine höchst lebhafte Debatte. Die einen behaupteten, Gott allein sei für die Belebtheit zuständig, andere wiederum sprachen von einem Nervensaft, der vom Gehirn ausströme & das Herz in Bewegung setze, doch es war der berühmte Mr Tabor, der das in meinen Augen schlagkräftigste Argument anführte. In seiner Abhandlung, die kürzlich veröffentlicht wurde, spricht er von einer genialen Verschmelzung der Seele mit einem externen & göttlichen Prinzip, die jede Bewegung bestimmt, ein Konzept, bei dem die Schwerkraft, die feinstoffliche Materie & das Eingreifen des Allmächtigen zusammenwirken, damit das Herz Blut bis in die Enden der Arterien pumpt & so die Zirkulation in Gang setzt.
Als er seinen Vortrag beendet hatte, gab es etwa zehn Sekunden lang stürmischen Beifall, bevor die Debatte von Neuem und mit doppelter Heftigkeit anhob. Ich gehörte zu denen, die aufsprangen, & ich vermag nicht die mächtigen Gefühle zu schildern, die in meiner Brust tobten, darüber, dass ich als ihresgleichen inmitten dieser Männer stand, während ich mir ausmalte, der Adressat solchen Beifalls zu sein. Ich fürchte, ich habe den weiteren Experimenten jenes Abends wenig Beachtung gezollt, so benommen war ich von dem, was bereits stattgefunden hatte, & von der Gewissheit, eines Tages vor ihnen zu stehen, auf dass sie mit den Füßen stampfen & mir vor Begeisterung zujubeln, weil das Werk, das zu schaffen ich in die Welt gesetzt wurde, in der Tat zufriedenstellend ausgeführt wurde.
Ich wünschte nur, ich könnte das Gleiche über diese nichtsnutzige Metze von einer Dienstmagd sagen. Ich habe ein Abführmittel genommen, fürchte aber, es war zu spät. Mein Magen peinigt mich, & die Kälte lässt meine Zähne so heftig klappern, dass ich fürchte, mir ein Fieber zu holen. Wie kann sie es wagen, mich durch ihre Achtlosigkeit krank werden zu lassen, obwohl sie doch schon so viele Male zu hören
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