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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Mary auf eine Türschwelle in einer dunklen Ecke so weit von der Schenke entfernt wie möglich, küsste sie und bat sie, sich unter keinen Umständen von der Stelle zu rühren und nur zu dem Trödelladen hinüberzusehen. Ich würde zurückkommen, sobald ich das Buch verkauft hätte. Stumm vor Müdigkeit, ließ sie die Schultern in kläglicher Ergebenheit sinken. Als ich mich an der Ladentür zu ihr umdrehte, schlief sie schon fast, die bleiche Wange an die abbröckelnde Backsteinmauer gelehnt. Der Trödler, ein Kerl mit einer abgewetzten Samtkappe und der Argwohn erweckenden Miene eines routinierten Gauners, besah sich mit betonter Gleichgültigkeit die Abbildungen in dem Buch und bot mir dafür einen Shilling. Als ich erklärte, dass es das Zehnfache wert sei, zuckte er nur mit den Schultern und meinte, seine Kundschaft sei am Studieren von Büchern nicht besonders interessiert. Dennoch fiel mir auf, wie er die Hände unter dem Kinn verschränkt hielt und die Zeigefinger an die Lippen legte, als wäre er beunruhigt, dass sie ihn, wenn er sie losließe, verraten würden. Daher verlangte ich, obwohl es schon fast finster war und ich nicht lange feilschen konnte, zwei Shilling und hielt seinem Blick stand, ohne zu blinzeln. Es war der Trödler, der als Erster die Augen niederschlug. Mit halbherziger Empörung und reichlich selbstzufriedenem Gemurmel über Diebe und Scharlatane zahlte er mir fast so viel, wie ich verlangt hatte.
     
    Den größeren der beiden Männer sah ich zuerst, denn er stand direkt vor Mary. Er schwankte wie ein Betrunkener und nestelte mit beiden Händen vorn an seiner Hose herum. Sein derbes Lachen hallte dröhnend durch den Hof, als ich losrannte und ihn, ehe er sich versah, beiseitestieß, sodass er gegen die Mauer torkelte.
    »Verdammte … Hure!«, lallte er, während er an der Wand langsam nach unten glitt, zwischen den Fingern sein schlaffes Glied, aus dem ihm Pisse über das Bein rann. Am Hauseingang hinter ihm lachte sein Kumpan vor Schadenfreude auf. Er hielt Marys Kopf an seinen Schoß und drückte ihr mit der Hand das Kinn herunter, sodass ihr Mund offen stand, aber Mary wehrte sich nicht. Sie sah nicht einmal ängstlich aus, sondern wirkte, obwohl sie die Augen geöffnet hatte, fast so, als würde sie schlafen, so leer und verschlossen war ihr Blick. Nur ihre Zungenspitze umkreiste ihre Lippen wie der Zeiger einer Uhr das Zifferblatt.
    Ich holte mit der Faust aus und schlug dem Mann mitten ins Gesicht. Er starrte mich verblüfft an, bevor er leise wimmernd nach hinten kippte und mit dem Kopf gegen die Tür fiel, was einen dumpfen Schlag verursachte. Ich packte Mary bei der Hand und zog sie hoch. Der andere Mann versuchte, nach mir zu greifen, als wir an ihm vorbeiliefen, aber der Schnaps hatte ihn schwerfällig und kraftlos gemacht, sodass er nur lallend und fluchend über den Boden kroch.
     
    Jene erste Nacht verbrachten wir zuerst in einem Gasthaus nahe der Strand, das auf Schildern in seinen schmutzigen Fenstern damit warb, billig zu sein und spät zu schließen, und dann, als dort zugemacht wurde, auf Empfehlung eines Gastes in einem Kaffeehaus, das noch vor Tagesanbruch öffnete, weil dort die Flusshändler frühstückten. Als wir durch die graue Morgendämmerung schlichen, die Glieder schwer vor Müdigkeit, blickte ich mich immer wieder um, aus Furcht, jede Minute Edgar oder Mrs Black aus der Menge auf uns zukommen zu sehen. Ein Mädchen von Marys Aussehen war leicht zu entdecken, aber zumindest hier nahm niemand von uns Notiz. Auf den Kais und Landungsstegen wimmelte es von Menschen mit Ballen und Fässern auf dem Rücken, die umherhasteten wie aufgescheuchte Krebse. Ketten klirrten, und Taue ächzten unter der Last von Tonnen und Kisten und riesigen Säcken, die von den Piers in die dunklen, engen Gänge zwischen den Lagerhäusern gehievt wurden. Träger schrien und fluchten. In dieser rasenden Betriebsamkeit schienen sich die Speicher und Mühlen geradezu ans Ufer herandrängen und zu dem Getümmel an Booten hinausgreifen zu wollen, um sie zu verschlucken.
    In dem Kaffeehaus bestellte ich Brot und zwei Becher Dünnbier, obwohl Mary sehnsüchtig auf den Schinken starrte. Schweigend aßen und tranken wir und sahen dem eiligen Kommen und Gehen der anderen Gäste zu, die vor der niedrigen Decke die Köpfe einzogen. Es herrschte reges Treiben in dem Lokal. Die Stammgäste warfen uns zwar kurze, neugierige Blicke zu, waren aber zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um uns weiter

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