Der Apotheker: Roman (German Edition)
Meine schweren Beine wollten sich kaum bewegen. Das Haus in der Swan Street schien an mir zu zerren und wollte mich nicht loslassen, sein schaler Atem blies mir heiß ins Genick. Mehrmals blieb ich abrupt stehen und drehte mich um, mich vergewissernd, dass in der Menge auch niemand war, der mir folgte.
Unglückliches Ableben. Unglückliches Ableben.
Die Worte hämmerten in meinem Schädel.
Die stickige Waldlichtung von Islington war von saftigem Grün, und die Stille lud geradezu zum Nachdenken ein. Ich sammelte die verlangten Kräuter, so schnell ich konnte, und eilte zurück in die Stadt. Vom gleißend hellen Himmel glühte die Sonne. Der Schweiß verklebte mein Mieder, perlte mir auf der Stirn und brannte mir in den Augen. Aus den Schlachthäusern in der Butcherhall Lane stank es derartig penetrant, dass ich mich fast übergeben hätte. Ich musste mir die Schürze vor den Mund halten.
Als ich in die Swan Street einbog, war mir immer noch übel. Die Vorhänge in unserem Haus waren zugezogen, die Fenster leer und blind wie das Schicksal selbst. Ich brachte es nicht über mich, das Haus zu betreten, machte kehrt und schlug die Artichoak Lane ein, die zum Fluss hinunterführte. Der Salzgeruch, der dort in der Luft lag, wäre wohltuend wie eine frische Brise, so hoffte ich. Ich kämpfte mich durch einen Pulk Lagerarbeiter, der Fässer voll Pökelfisch in Lastkähne lud. Unter dem gleißenden Himmel glänzte der Fluss silbrig, gepflügt von den Rudern zahlloser Boote.
Jenseits des Kais war der Quacksalber wieder am Werk. Eine Menschenmenge, hauptsächlich Frauen, die von ihrer Arbeit auf dem Fischmarkt gekommen waren, reckten die Hälse, um das Äffchen zu sehen, das sich, nachdem es seinen eselsohrigen Gegenspieler verprügelt hatte, auf dem Rücken wälzte, die Hände vors Maul geschlagen und außer sich vor Vergnügen. Dann sprang es wieder auf die Hinterbeine, schnappte sich drei grüne Fläschchen, schüttelte sie wie wild und warf sie hoch in die Luft. Die Menge johlte und stampfte mit den Füßen, als der Quacksalber feierlich die Bühne betrat.
»Meine hochverehrten Damen«, rief er, »die bewundernswertesten Wesen, die Gott unter dem Firmament je erschaffen hat und deren Schönheit, Gesundheit, Kraft und Stärke zu erhalten ich all meine Studien, nein, mein ganzes Leben gewidmet habe!«
Das Äffchen legte den Kopf schräg und reichte dem Quacksalber feierlich die drei Fläschchen, bevor es sich von der Bühne trollte. Die Frauen in der Menge stießen sich gegenseitig an, raunten und drängten noch näher an den Quacksalber heran, dessen Stimme die windstille Luft durchschnitt. Ich sah, wie manch eine schon die Hand auf ihrem Geldbeutel hatte.
Mir war elend zumute. Traurig wandte ich mich ab.
Ich bin fest entschlossen. Es gibt keinen anderen Weg. Wenn ich daran denke, wie Er zu mir kam, wie Er vor mir stand, das Licht Seines göttlichen Antlitzes verströmend, & mir mit dieser so honigsüßen & zugleich Furcht einflößenden Stimme gebot, Seinen Willen zu erfüllen, kamen mir erneut die Tränen.
Ich bin Sein Werkzeug.
O gütiger Gott, nein. Sie ist zurück, diese finstere Gestalt, die in der Ecke des Zimmers lauert, mich mit ihren kalten Krokodilsaugen anstarrt & mir mit ihrem stinkenden Schwefelatem die Luft abschnürt. Sie sieht meine Angst & lacht darüber, ein abscheuliches Lachen, das alle Bosheit des Universums in sich birgt. Ich senke den Kopf über meine Arbeit, aber das Wesen kriecht mir unter die Haut, umfängt mich wie eine Krebsgeschwulst, seine grässlichen Augen bedrängen mich tausendfach, grinsen mich höhnisch an, von außen & von innen. Sie winden sich in meinem Bauch und zerren mir an den Eingeweiden. Noch mehr von dieser Tinktur. Das Opium wird mir die Augen öffnen, damit ich die Schatten erkenne, & wird die Schreckensbilder in ihre widerlichen Schwefelhöhlen zurücktreiben.
Arbeit. Die schlichte Präzision von These und Beweis.
Sie allein wird mir Halt geben, mich schützen vor den Übeln des Zweifels & des sinnlosen Geredes der äußeren Welt. Schenke diesen Stimmen kein Gehör. Sie sind es, die dich ins Verderben stürzen, nicht die Arbeit, die getan werden muss, die stets getan werden muss, was es auch kosten mag, zur Mehrung des Ruhmes unseres Herrn.
Dein Reich komme, Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
XXI
U nd so verging die Zeit im ewigen Trott der häuslichen Verrichtungen. Der erdrückende Sommer lockerte allmählich seinen Würgegriff,
Weitere Kostenlose Bücher