Der Apotheker: Roman (German Edition)
dieser sind für überhaupt nichts gut.«
Er verkniff sich ein Grinsen. »Viel Spaß bei der Vorstellung«, sagte er und verschwand pfeifend in der Menge.
Ich musste mich durch das Publikum hindurchkämpfen, um Mary zu finden. Sie stand in der vordersten Reihe und verrenkte sich fast den Hals, um auf der grob gezimmerten Bühne nichts zu verpassen. Vor ihr, fast auf ihren Händen, saß das Äffchen und streckte ihr sein behaartes Gesicht entgegen.
»Komm jetzt«, sagte ich und zog sie am Ärmel, doch sie, halsstarrig, wie sie war, versuchte sich mir zu entwinden.
Plötzlich wandte sich der Quacksalber in unsere Richtung und deutete mit seiner ringgeschmückten Hand auf mich.
»Und hier sehen Sie ein Mädchen mit der Gesichtsfarbe und dem Temperament, wie es für Bleichsucht typisch ist. Miss, Sie haben gut daran getan, heute hierherzukommen. Nach dreimaliger Einnahme wird dieser vortreffliche Sirup Ihre ungesunde Hautfarbe, Ihre Lustlosigkeit, Ihren mangelnden Appetit und Ihre Verdauung kurieren und Sie in jeder Hinsicht wiederherstellen.«
»Mary!«, zischte ich erneut. »Oder willst du Prügel beziehen?«
Widerstrebend bückte sie sich nach ihren Eimern. Noch auf dem Weg flussabwärts zur Pumpe hörte ich über den Lärm hinweg die Stimme des Quacksalbers.
»Womit bewiesen wäre, dass eine Närrin sondergleichen ist, wer sich eine Idiotin als Ratgeberin nimmt!«
»Hör nicht auf ihn«, sagte ich leise zu Mary. »Narren sind allein diese Frauen, die scharenweise Geld lockermachen für angebliche Medizin, die aus nichts anderem besteht als Wasser und Farbe, während die wirklichen Arzneien gegen ihre Beschwerden keine zwei Kilometer von hier wild wachsen.«
Und so begann die Idee allmählich Gestalt anzunehmen. In der Stadt wimmelte es nur so von törichten Menschen, die ihr Geld für jeden Firlefanz verschleuderten. Warum ihnen dann nicht mit einem neuen Elixier die Pennys aus der Tasche ziehen, einem Elixier nach meinem eigenen Rezept, in dem die wirksamsten Wurzeln und Kräuter, die die Medizin kannte, zusammengemischt waren? Meine Mutter hatte mit ihren Arzneien kaum etwas verdient, aber meine Mutter war auch eine miserable Geschäftsfrau, außer als es darum ging, ihre einzige Tochter zu verkaufen. Mit einem verführerischen Etikett auf einer hübschen Flasche ließe sich mein Elixier gewiss in vielen Schenken und Kaffeehäusern an den Mann bringen. Eines Tages wäre es vielleicht ebenso berühmt wie Stoughtons Großartiges Stärkungsmittel oder Andersons Schottische Pillen. Wusste ich denn nicht über Kräuter besser Bescheid als jeder andere?
Während ich mit schmerzenden Armen die Bettwäsche schrubbte, Kohlen schleppte oder die Bettgestelle mit Quecksilber gegen die Läuse abwusch, was eine besonders eklige und Kopfweh verursachende Aufgabe war, rief ich mir ins Gedächtnis zurück, was ich in der Kindheit gelernt hatte. Fingerhut gegen Wassersucht. Lorbeer und Weiße Nieswurz gegen den Zahnwurm – damit er sich nicht im Kiefer ausbreitete. Schlüsselblume und Färberwurzel, um die Haut wieder jugendlich aussehen zu lassen. Mein Anblick war nicht ganz und gar abschreckend, wenn es mir gut ging. Und eine kluge Frau konnte die Mängel ihres Geschlechts zu ihrem Vorteil nutzen. Wenn wir von nun an Wasser holen gingen, war ich es, die darauf bestand, die Vorführung des Quacksalbers zu besuchen, und die aufmerksam lauschte, wenn er die Wunderkräfte seiner Allheilmittel anpries. Und während ich mir täglich ein anderes Rezept ausdachte, wartete ich höchst ungeduldig darauf, dass Mrs Black mich wieder einmal zu den Feldern und Wäldern von Islington mit ihrem Reichtum an Kräutern und Pflanzen schickte.
Als sie mich eine Woche später zu sich rief, war Edgar gerade bei ihr. Ich vermied es, ihn anzusehen. Auch wenn mich seine Wichtigtuerei nicht beeindruckte, war mir sein stechender Blick doch unangenehm.
»Wir brauchen vor allem Gänsedistel aus dem Sumpf und Lauchhederich«, sagte Mrs Black, während sie eine grün gesprenkelte Paste auf einen Lederriemen auftrug. »Und Beifuß. Große Mengen von dem Kraut, nicht von den Blüten. Wickle es in ein nasses Tuch, damit es frisch bleibt. Es darf nicht austrocknen. Und Storchschnabel. Ich habe allmählich genug von deinen widerlichen Ausscheidungen.«
»Ja, Madam.«
»Das ist noch nicht alles, Mädchen«, meinte sie barsch und betrachtete stirnrunzelnd die Kompresse, die sie gerade hergestellt hatte. Ich senkte den Blick und verzog keine
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