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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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waren die Bücher ordentlich in Reihen ausgelegt, alle mit dem Rücken zur Straßenseite, sodass man die Titel leicht lesen konnte, und eine breite Markise schützte die Druckwerke vor dem Ausbleichen durch die Sonne. Neben dem Tisch saß ein schlaksiger Junge von etwa sieben Jahren auf einem dreibeinigen Stuhl, mit kerzengeradem Rücken, aber die Arme und Beine in komplizierten Knoten ineinander verschlungen. Als ich atemlos näher kam, entknotete er sich, stand auf und blickte mich mit ernster Miene an. Sein braunes Haar fiel ihm über die Augen.
    »Ich würde Sie ja gerne hineinführen«, sagte er, »aber ich darf meinen Posten nicht verlassen. Man möchte meinen, dass man hier, im Schatten des Gotteshauses, vor Dieben gefeit ist, aber das ist ein Irrtum.«
    Die Abendsonne drang nicht in den Laden, da dünne Kattunvorhänge vor die Fenster gezogen worden waren. Das gedämpfte Licht erzeugte einen perlmuttartigen Glanz, eine friedliche Beschaulichkeit, die so ganz anders war als die abgeriegelte Düsternis in der Swan Street. Ich stand vor der Tür und traute mich nicht hinein. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nicht so viele Bücher gesehen. Die Wände waren über und über bedeckt mit ihnen. Sogar über dem Fenster waren zwei schmale Regalbretter angebracht. Der Laden selbst war ein Labyrinth von Regalen, alle höher als ich, die so eng standen, dass ein Erwachsener Mühe hatte, sich dazwischen durchzuzwängen. Wo zwischen den Büchern noch ein wenig Platz vorhanden war, lagen ordentlich gestapelt Stöße von Briefpapier, Schreibfedern, Hauptbüchern, Briefmappen, Siegelwachs, Siegelmarken, Schiefertafeln, Bleistiften, Tintenpulver und auf einem Regal sogar eine Schachtel mit Brillen. Schwer vorstellbar, dass an einem solchen Ort noch Platz war für den Besitzer, sofern er nicht ebenfalls in Leder gebunden und sein Name in Gold auf dem Rücken aufgeprägt war. Als ich mich staunend und mit offenem Mund umsah, bekam ich Bücherstaub in die Kehle und musste husten.
    »Ja, bitte?«
    Die Frau, die unvermittelt vor mir stand, trug ein schlichtes Kleid aus gewöhnlichem, dunklem Stoff. Sie hatte nicht einen Hauch von Schminke im Gesicht, nicht einmal etwas Rot auf ihren blassen Lippen, und ihr Haar steckte unter einer weißen Haube, die mich an die Kopfbedeckung von Nonnen erinnerte. Ihr ganzes Aussehen war ordentlich und schlicht und passte tadellos zu dem Gesicht, das nicht einmal ansatzweise schöner sein wollte, als es war. Der einzige Schmuck, den sie trug, war eine Brosche an der Brust in Form einer Blume mit blutroten, glänzenden Blütenblättern und einem grünen Stängel aus Emaille. Auf einem der Blütenblätter saß wie ein Tautropfen eine einsame winzige Perle. Ich starrte verzaubert darauf und hatte den Brief in meiner Hand völlig vergessen.
    »Falls Sie im Besitz einer Zunge sein sollten, wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sie benutzen würden«, sagte die Frau trocken. »Ich bin nämlich sehr beschäftigt.«
    »Verzeihung«, stammelte ich. »Mr Black schickt mich. Um seine Bücher abzuholen.«
    »Ah, der über alles geschätzte Mr Black. Der Apotheker, der gern der nächste Mr Harvey wäre.
Schätz glücklich dich, entflohn zu sein aus dieser rasend’ Zeit, Wo nur die Dummheit herrscht und die Scheinheiligkeit! Zu keiner Zeit hat eine Seel’ besser dran getan, ins Himmelreich zu fahrn, als heut’, denn einzig dort ist man von alledem befreit.
Doch man darf gewiss mit Fug und Recht annehmen, dass Ihr Herr kein großer Bewunderer von Leuten wie Cowley ist, wie weise dessen Epitaphe auch sein mögen?«
    Sie seufzte auf, und ich trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Falls sie dachte, ich hätte auch nur ein Wort von dem verstanden, was sie sagte, war sie im Irrtum.
    »Ich … ich habe auch das hier«, stieß ich hervor und hielt ihr den Brief hin.
    »Ach ja. Meinen Vater wird es gewiss sehr interessieren, was darin steht.« Sie sah mich an. »Warten Sie hier. Ich hole ihn, für den Fall, dass eine Antwort gewünscht wird.«
    »Meine Herrin sagte …«
    Und weg war sie. Die untergehende Sonne beleuchtete die verhängten Fenster wie Lampenschirme. Im Laden hing der Geruch von Staub und Bienenwachs und einer modrigen Wärme, die, wie ich heute glaube, das Aroma alten Papiers war, die ich damals aber für die Ausdünstungen der Gelehrsamkeit hielt. Ich hatte nicht gewusst, dass es Orte wie diesen überhaupt gab. Ich steckte meine geröteten Hände in die Schürzentaschen, weil ich

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