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Der Archipel in Flammen

Titel: Der Archipel in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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bloß wir das Risiko dabei ... das Risiko, auf den Pfiff des Hochbootsmanns an der Fockraa aufgeknüpft zu werden! ... Mord und Brand! bei solchen Zeitläuften war es ein feines Geschäft, Bankier der Seeräuber vom griechischen Archipel zu sein! Drum wiederhole ich, Nikolas Starkos! es wäre bloß recht und am Platze!"
    "Was wäre bloß recht und am Platze?" fragte der Kapitän, seinem Offizier scharf ins Gesicht sehend.
    "Ei! Ihr wißt's nicht, Kapitän?" versetzte Skopelo; "na, wahrlich, Kapitän! ich soll es Euch wohl zum hundertstenmale sagen? he?"
    "Kann sein!"
    "Elisundos Töchterchen ..."
    "Was recht und am Platze ist, wird kommen," versetzte einfach Nikolas Starkos und stand auf, verließ die Herberge "zur Minerva" und begab sich zum Hafen zurück, dorthin, wo sein Boot wartete.
    "Steige ein," sprach er zu Skopelo; "die Tratten mit Elisundo bringen wir in Korfu ins reine; dann fährst du nach Arkadia zurück und besorgst die Fracht!"
    "Fahren wir ab!" versetzte Skopelo.
    Eine Stunde darauf fuhr die "Karysta" aus dem Golfe. Aber vor Tagesausgang konnte Nikolas Starkos ein fernes Grollen hören, das ihm das Echo von Süden herzutrug.
    Das war die Kanonade der vereinigten Geschwader auf der Reede von Navarino.

Sechstes Kapitel.
Wider die Piraten des Archipels!
    Der Kurs Nordnordwest, der von der Sakolewa gehalten wurde, führte sie mitten durch das pittoreske Sammelsurium, das die ionischen Inseln bilden. Ein Glück für die "Karysta", daß sich ihre wahre Natur hinter ihr biederes Aussehen als Levantefahrzeug, halb Vergnügungsjacht, halb Kauffahrteischiff, versteckte. Sonst wäre es nicht klug von ihrem Kapitän gewesen, sich bis unter die Kanonen der britischen Forts und zwischen die britischen Fregatten hinein so auf Gnade und Ungnade zu ergeben.
    Etwa 15 Seemeilen höchstens liegen zwischen Arkadien und der Insel Zante, "der Blume der Levante", wie sie poetisch von den Italienern genannt wird. Vom Hintergrunde des Golfs aus, durch den die "Karysta" jetzt segelte, sah man sogar die grünenden Gipfel des Skopos, an dessen Wänden sich Oliven- und Orangenhaine hinaufziehen, die an Stelle der von Homer und Virgil besungenen Wälder stehen.
    Der Wind war günstig. Aus Südosten blies eine kräftige Landbrise. Unter ihren Mars- und Besan-Bonnetten strich die Sakolewa munter durch die Fluten von Zante, die fast so ruhig lagen wie die eines Sees.
    Gegen Abend segelte sie in Sicht der Hauptstadt gleichen Namens mit der Insel. Eine liebliche italienische Stadt, die auf dem Boden des Zakynthos, des Sohnes des Trojaners Dardanos, aufblüht. Vom Deck der "Karysta" aus waren bloß die Lichter der Stadt sichtbar, die sich über den Raum einer halben Meile am Saum einer kreisförmigen Bucht erstreckt. Diese in verschiedenen Höhen, von den Hafenkais bis zu den Zinnen des in 300 Fuß Höhe gelegenen Schlosses venetianischen Ursprungs hinauf, verstreuten Lichter bildeten gleichsam ein Sternbild von gewaltiger Größe, als dessen Sterne erster Größe die Lichter gelten konnten, die die Plätze anzeigten, wo die im Renaissance-Stil erbauten Paläste der Hauptstraße und die Kathedrale des heiligen Dionysios von Zakynthos sich erheben.
    Mit dieser zantiotischen Bevölkerung, die sich durch den innigen Verkehr mit Venetianern, Franzosen, Engländern und Russen stark mit fremdem Blut durchsetzt hat, konnte Nikolas Starkos unmöglich die gleichen Berührungspunkte haben, wie mit den Türken des Peloponnes. Hier auf dieser Insel, der Heimat des berühmten italienischen Dichters Hugo Foscolo zu Ende des 18. Jahrhunderts und des zu den Berühmtheiten von Neugriechenland zählenden Dichters Salomos, hatte Nikolas Starkos keine Veranlassung, Signale mit der Hafenwache auszutauschen oder vor Anker zu gehen.
    Die "Karysta" steuerte durch den schmalen Meeresarm, welcher die Insel Zante von Achaia und Elis trennt. Mehr als ein Ohr an Bord hätte sich am liebsten den Gesängen verschlossen, die vom Winde, Gondelliedern vom Lido Venetiens gleich, herübergetragen wurden. Aber man mußte sich darein finden! Die Sakolewa glitt mitten durch diese italischen Melodieen hin und lag am andern Morgen vor dem Hafen von Patras, dem tiefen Einschnitt, welcher die Fortsetzung des Golfs von Lepanto bis zum Isthmus von Korinth bildet.
    Nikolas Starkos stand jetzt auf dem Vorderdeck der "Kalysta". Sein Blick schweifte über diese ganze Küste von Akarnanien an der nördlichen Grenze des Golfs. Von diesem Boden stiegen große, unvergängliche

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