Der Archipel in Flammen
erstrebte, auf zwei verschiedenen Wegen entgegen zu steuern.
In Smyrna erfuhr Hadschina, wie es um die "Syphanta" stand, was nach den ersten Monaten ihrer Kreuzfahrt aus ihr geworden war. Sie wußte, daß korfiotische Reeder die Korvette ausgerüstet hatten und zu welchem Zwecke; daß das Schiff in der ersten Zeit ihrer Fahrt gute Resultate erzielt hatte, daß es aber nachher seinen Kommandanten, mehrere Offiziere und einen Teil seiner Mannschaft in einem Treffen gegen eine, wie es hieß, von Sakratif persönlich befehligte Korsarenflottille eingebüßt hatte.
Hadschina Elisundo setzte sich ohne weiteres mit der korfiotischen Reedergenossenschaft, die die "Syphanta" ausgerüstet hatte, in Beziehung und ließ ihnen einen Kaufpreis für das Schiff bieten, der sie bestimmte, zu verkaufen. Unter dem Namen eines Ragusaner Bankiers wurde also die Korvette angekauft, gehörte aber Hadschina Elisundo, die hiermit nur das Beispiel anderer griechischen Patriotinnen, einer Bobolina, Modena, Zacharias und anderer heldenmütigen Frauen griechischer Erde, nachahmte, deren Schiffe, auf ihre Kosten ausgerüstet und unterhalten, den Geschwadern der türkischen Marine so schwere Schläge zu Anfang des Unabhängigkeitskrieges versetzten.
Hierbei war aber Hadschina von Anfang an der weitere Gedanke gekommen, das Kommando über die "Syphanta" in Henry d'Albarets Hände zu legen. Ein ihr ergebener Mann, Neffe von Xaris und gleich seinem Onkel Seemann griechischer Abkunft, war dem jungen Offizier heimlich gefolgt, zuerst nach Korfu, als er, um Hadschina wiederzufinden, soviel vergebliche Nachforschungen anstellte; dann nach Scio, als er dort wieder zu dem Obersten Fabvier stieß. Dieser Mann verheuerte sich auf ihren Wunsch als Matrose auf der Korvette, als dieselbe nach dem Kampfe bei Lemnos ihre Mannschaft erneuerte. Durch ihn waren in Henry d'Albarets Hände die beiden von Xaris geschriebenen Briefe gelangt: der erste in Scio, durch den ihm mitgeteilt wurde, daß im Stabe der "Syphanta" ein Platz offen sei; der andere während der Fahrt. Diesen letztern hatte Xaris auf die Tafel im Mannschaftsquartier gelegt, als er draußen auf Wache stand, und durch ihn wurde die Korvette für Anfang September in die Gewässer von Scarpanto bestellt.
Dort gedachte Hadschina Elisundo nämlich, nach Beendigung ihres Barmherzigkeitswerkes um diese Zeit zu verweilen. Die "Syphanta" sollte den letzten Gefangenenzug zur Heimat zurückbefördern, den sie mit dem Rest ihres Vermögens aufgekauft hatte.
Wieviel Strapazen hatte sie nun aber während des nun folgenden halben Jahres zu ertragen, wieviel Gefahren zu laufen! Im Herzen der Berberei, in jenen von Korsarengesindel verseuchten Hafenplätzen am afrikanischen Küstengelände, wo bis zur Eroberung Algiers die schlimmsten Banditen die Herrschaft führten, hielt sich das mutige Mädchen in Begleitung von Xaris auf, um die Aufgabe zu erfüllen, der sie ihr Leben geweiht hatte, unter ständiger Gefahr, Freiheit und Leben zu verlieren, und allen Gefahren trotzend, denen sie ihre Schönheit und ihre Jugend aussetzten.
Nichts hielt sie zurück, nichts schreckte sie zurück. Als Gnadenschwester – wie die weiblichen Mitglieder des großen Gnadenbrüderbundes hießen – sah man sie nun in Tripolis, Algier, Tunis, ja selbst auf den niedrigsten Märkten der Barbareskenküste erscheinen. Ueberall, wohin griechische Gefangene als Sklaven verkauft worden waren, kaufte sie solche mit allen erdenklichen Opfern, natürlich immer zu Preisen, die den derzeitigen Besitzern der Sklaven guten Gewinn sicherten. Ueberall, wo Sklaven versteigert wurden, fand sie sich ein mit Bargeld in den Händen. An solchen Plätzen konnte sie nun in all seiner Schrecklichkeit das Schauspiel des Jammers und Elends sehen, das die Sitte der Sklaverei in einem Lande schuf, wo alle Leidenschaften zügellos austoben können.
Als ihre Mission beendigt war, als von den Millionen, die ihr Vater hinterlassen, nichts mehr vorhanden war, gedachte Hadschina mit Xaris nach Europa zurückzukehren. An Bord eines griechischen Schiffes, auf welchem die letzten von ihr aufgekauften Gefangenen untergebracht wurden, schiffte sie sich nach Scarpanto ein. Dort wollte sie mit Henry d'Albaret wieder zusammentreffen; von dort aus wollte sie die Fahrt auf der "Syphanta" fortsetzen. Aber drei Tage nach der Ausfahrt von Tunis wurde ihr Schiff von einem türkischen Schiffe gekapert, sie selber aber nach Arkassa gebracht, um dort zusammen mit denen, die sie hatte
Weitere Kostenlose Bücher