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Der Archipel in Flammen

Titel: Der Archipel in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Priester, ein "Pappa", aus Leonardi. Gefolgt von seinen Unglücksgefährten, begab er sich auf das Oberdeck, auf welchem Henry d'Albaret mit Hadschina Elisundo, umringt von einigen Offizieren, stand. Hier knieten alle nieder, der Greis an ihrer Spitze, und die Hände zum Kommandanten aufhebend, sprach dieser:
    "Henry d'Albaret! Gottes Segen über Sie, und Lob und Preis Ihnen von all denen, denen Sie die Freiheit wiedergegeben haben!"
    "Freunde," antwortete der Kommandant der "Syphanta" tief gerührt, "ich habe weiter nichts getan als meine Pflicht!"
    "Ja, Henry! ... sie alle, alle segnen dich ... und ich auch ... Henry! ich auch!" setzte Hadschina hinzu, sich gleich den übrigen zur Erde vor ihm neigend.
    Henry d'Albaret hatte sie schnell aufgehoben, und nun wollte es der Freudenrufe: "Hoch Henry d'Albaret! Hoch Hadschina Elisundo!" kein Ende nehmen: vom Hinter- bis zum Vorderkastell, von den Tiefen der Stückpforten bis hinauf zu den Raaen, wo sich an fünfzig Matrosen postiert hatten, erschollen sie von kräftigen Seemannsstimmen.
    Eine einzige Frau unter den Gefangenen – dieselbe, die sich tagsvorher im Arkassaner Batistan verborgen gehalten hatte – hatte sich nicht an dieser Kundgebung beteiligt. Während der Einschiffung hatte sie all ihre Aufmerksamkeit darauf gerichtet, unerkannt zwischen den Gefangenen zu bleiben. Es war ihr geglückt, und niemand bemerkte auch nur noch ihre Anwesenheit an Bord, seit sie sich im finstersten Winkel des Zwischendecks hingehockt hatte. Jedenfalls rechnete sie darauf, ebenso unerkannt auch das Schiff verlassen zu können. Aber warum übte sie solche Vorsicht? War sie denn einem Offizier oder einem Matrosen von der Korvette bekannt? Auf alle Fälle mußte sie wohl ernste Gründe haben, daß sie während der 3–4 Tage, welche die Ueberfahrt dauern mußte, dies Inkognito wahren wollte.
    Wenn jedoch Henry den Dank der Passagiere, die die Korvette aufgenommen hatte, verdiente, was verdiente dann wohl Hadschina für alles, was sie seit ihrer Abfahrt von Korfu getan hatte?
    "Henry," hatte sie tagsvorher gesagt, "Hadschina Elisundo ist nun arm und deiner würdig!"
    Arm? ja!, sie war arm, tatsächlich arm! ... und würdig des jungen Offiziers? Nun, der Leser möge urteilen!
    Sobald Hadschina Elisundo erfahren hatte, woher das Vermögen stammte, das ihr Vater hinterließ, faßte sie den Entschluß, dasselbe bis auf den letzten Heller zum Rückkauf griechischer Kriegsgefangenen zu verwenden; nichts wollte sie für sich behalten von diesen schmählich erworbenen Millionen. Bloß Xaris gab sie von diesem Entschlusse Kenntnis. Derselbe billigte ihn, und so schnell wie irgend angängig wurden sämtliche Vermögensstücke des Bankhauses zu Bargeld gemacht. Dann schrieb Hadschina den Brief an Henry d'Albaret, in welchem sie ihm Lebewohl sagte, und verließ heimlich in Begleitung ihres treuergebenen Xaris Korfu, um sich in den Peloponnes zu begeben.
    Zu dieser Zeit wüteten noch Ibrahims Horden im mittleren Morea, dessen Bevölkerung so schwer und seit so langer Zeit schon gelitten hatte. Die Unglücklichen, die man nicht erschlug, wurden in die messenischen Häfen, nach Patras oder Navarino, geschleppt und von dort auf Schiffen, die zum Teil von der türkischen Regierung geheuert, zum Teil von den Korsaren des Archipels gestellt wurden, zu Tausenden entweder nach Scarpanto oder nach Smyrna transportiert, wo unausgesetzt Sklavenmärkte abgehalten wurden.
    Während der beiden ersten auf ihr Verschwinden folgenden Monate gelang es Hadschina und Xaris, denen kein Preis zu hoch war, ein paar Hundert Gefangene, die die messenische Küste noch nicht verlassen hatten, loszukaufen. Dann verwandten sie alle Sorge darauf, sie zum Teil auf den ionischen Inseln, zum Teil in den von Türken freien Bezirken des nördlichen Griechenlands in Sicherheit zu bringen. Dann begaben sie sich zusammen nach Kleinasien, zunächst nach Smyrna, einem der Hauptsitze des Sklavenhandels. Dorthin wurden zahlreiche Trupps solcher griechischen Gefangenen geschleppt, an deren Befreiung Hadschina Elisundo vor allem gelegen war. Die Gebote, die sie machte, waren denen der Mäkler aus der Berberei oder vom kleinasiatischen Küstenlande so erheblich überlegen, daß die türkischen Behörden weit besser wegkamen, wenn sie mit ihr paktierten. Tausende von Gefangenen rettete sie auf diese Weise vor den Bagnos der afrikanischen Beys. Noch immer aber blieb sehr viel zu tun, und da kam Hadschina der Einfall, dem Ziele, das sie

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