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Der Archipel in Flammen

Titel: Der Archipel in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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habe.
    Gegen 1 Uhr nachmittags war die Flottille bloß eine Meile noch unterm Winde; ihre Riemen brachten sie fortdauernd näher heran. Der "Syphanta", mit der Nase im Nordwesten, fiel es ziemlich schwer, diese Kompaßlage zu halten. Die Korsaren fuhren in Schlachtordnung heran – zwei Briggs im Zentrum, die andern beiden rechts und links am Flügel. Sie manövrierten so, daß sie die Korvette sowohl vorn als hinten umsegelten, um sie in einen Kreis zu schließen, dessen Radius sich allmählich verringern sollte; offenbar verfolgte sie das Ziel, sie erst unter konvergierendes Feuer zu nehmen und dann zu entern.
    Henry d'Albaret hatte dieses für ihn so gefahrvolle Manöver im Nu durchschaut, vermochte es aber nicht zu verhindern, weil ihn die herrschende Kalme aller Bewegungsfähigkeit beraubte. Vielleicht bestände aber doch die Möglichkeit, die feindliche Linie durch Kanonenschläge zu brechen, bevor sie die Korvette von allen Seiten umschlossen hielte. Schon stellten sich die Offiziere die Frage, weshalb ihr Kommandant nicht mit der ihm gewohnten festen, ruhigen Stimme das Feuer eröffnen ließ. Henry d'Albaret gab den Befehl nicht: er wollte keinen Schuß vergeuden, er wollte erst feuern lassen, wenn jeder Schuß unfehlbar sitzen müßte.
    Zehn Minuten verflossen noch. Alles wartete gespannt: die Mannschaft an den Geschützen, die Offiziere vor den Stückpforten, die Matrosen auf Deck. Sollten die ersten Salven etwa vom Feinde herüberkommen, nachdem die Distanz so weit geschwächt war, daß ihm jeder Schuß Erfolg versprach?
    Henry d'Albaret schwieg noch immer. Er hielt die Linie scharf im Auge, die sich an ihren beiden Enden zu biegen begann. Die beiden Briggs im Zentrum – die eine war diejenige, die Sakratifs Schwarzflagge gehißt hatte – hatten jetzt nur eine knappe Meile Abstand.
    Wenn es aber dem Kommandanten der "Syphanta" mit der Eröffnung des Feuers nicht eilig war, so schien es dem Anführer der Flottille noch weniger eilig damit zu sein. Vielleicht meinte er gar, ohne jeden Schuß an die Korvette heranzukommen, sie durch ein paar hundert seiner Korsaren im Sturm zu nehmen.
    Endlich hielt d'Albaret die Zeit gekommen, nicht länger zu warten. Ein letztes Stück von der Brise strich bis zur Korvette heran und ließ ihn um ein Quart anluven. Er justierte seine Position, so daß er den beiden Briggs in knapp einer halben Meile Abstand an die Breitseite kam, und donnernd erschallte sein Kommando:
    "Achtung alle Mann!"
    Ein schwacher Lärm an Bord. Dann absolute Stille!
    "Grundschuß!" kommandierte d'Albaret.
    Die Geschütze visierten auf den Rumpf, die Karronaden in die Masten der Schiffe.
    "Feuer!" kommandierte d'Albaret.
    Die Steuerbordsalve krachte. Elf Kanonen und drei Karronaden, aus den Stückpforten und vom Deck, spieen ihre Geschosse, darunter mehrere Paare Kettenkugeln, die bei mittlerer Distanz unter Masten und Raaen energisch aufräumen können.
    Als der Pulverdampf sich verzogen hatte, ließ sich die auf die beiden Briggs erzielte Schußwirkung feststellen. Vollständig war sie nicht, immerhin aber von Belang.
    Die eine Brigg war über der Wasserlinie getroffen; das Takelwerk war stark havariert, der Fockmast ziemlich scharf über Deck mitten durchgeschossen; beim Sturz nach vorn hatte er den Großmast getroffen und havariert: die Brigg mußte also einige Zeit ans Ausbessern setzen, blieb aber imstande, an die Korvette mit heranzusegeln, so daß die Gefahr für diese, umzingelt zu werden, durch diese erste Salve nicht abgeschwächt wurde.
    Inzwischen waren die beiden Briggs von den Flügeln der feindlichen Aufstellung auf Höhe der "Syphanta" gelangt. Sie lenkten nun scharf auf sie zu, und zwar nicht ohne sie von rechts und links her zu bestreichen, was d'Albaret über sich ergehen lassen mußte.
    Ein böser Doppelschuß traf die Korvette. Dicht über den Mastbacken wurde ihr Besanmast getroffen; mit allem Behang stürzte derselbe, zum Glück, ohne die Takelage vom Großmast mit zu reißen; ein Boot wurde zerschlagen und – der empfindlichste Verlust! – ein Offizier und zwei Matrosen tot, vier Matrosen schwer blessiert.
    Sofort kommandierte d'Albaret "Deck freimachen". Alles Tauwerk, Segelzeug, Raaenstücke, Spieren waren in wenigen Minuten weggeschafft; der Platz wieder wegsam. Es galt, nicht einen Augenblick zu verlieren; der Geschützkampf begann mit verstärkter Heftigkeit von neuem; blieb die Korvette zwischen zwei Feuern, mußte sie von beiden Borden das Feuer erwidern.
    Da gab

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