Der Archipel in Flammen
die "Syphanta" eine neue Breitseite ab: diesmal so prompt, daß zwei Schiffe, eine Saike und eine Sakolewa, im Nu unter Wasser gingen; aber der Mannschaft gelang es, die Boote zu fassen und an die Briggs im Zentrum zu segeln, wo sie schleunigst heraufgeholt wurden.
"Hurra! Hurra!" schallte es von der Korvette her.
"Zwei unter Wasser!" meinte Kapitän Todros.
"Wohl," versetzte d'Albaret, "aber die Kerle drauf sind wir nicht los! ich fürchte, es kommt zum Kampfe Mann gegen Mann!"
Eine Viertelstunde dauerte die Kanonade fort. Korsarenschiffe und Korvette verschwanden in dem weißen Pulverdampf, und ehe sich derselbe nicht zerstreut hatte, ließ sich der angerichtete Schaden bei keinem Schusse feststellen. An Bord der "Syphanta" war derselbe leider stark fühlbar; mehrere Matrosen waren gefallen, eine große Zahl blessiert; ein Offizier, mitten in die Brust geschossen, war neben dem Kommandanten gefallen, während derselbe Befehle abholte.
Der Kreis um die Korvette schloß sich enger und enger. Von allen Seiten spieen die Geschütze. Aber sie wehrte sich mannhaft und machte der Flagge, die noch an ihrem Maste hing, Ehre. Ihre Geschütze richteten schlimme Verheerungen an unter der Flottille, zwei weitere Fahrzeuge, eine Saike und eine Feluke, wurden vernichtet: die eine ging unter Wasser, die andere, von Brandkugeln getroffen, ging in Flammen auf.
Der Kampf Mann gegen Mann rückte näher. Die "Syphanta" war außer stande, der Feuerlinie, die sich um sie schloß, zu entrinnen. Dagegen ruderten die Korsarenschiffe näher und näher heran. Die Brigg mit der Schwarzflagge lag nur noch in Pistolenschußweite, als sie noch eine volle Lage feuerte: eine Kugel schlug in die Verstählung am Hinterdeck der Korvette und zertrümmerte das Steuer.
Henry d'Albaret rüstete nun zum Empfange der Korsaren, deren Sturm aller Sekunden zu erwarten stand, und ließ die Enternetze spannen. Jetzt knatterte hüben und drüben das Gewehrfeuer: ein Kugelhagel schlug auf das Deck der "Syphanta". Zahlreiche Leute fielen, fast durchweg tödlich getroffen. An zwanzig male drohte Henry d'Albaret der Tod; aber unbeweglich, ruhig, als kommandiere er bei einer Parade, gab er von der Brücke seine Befehle.
Durch die Risse im Pulverqualm konnte die kämpfende Mannschaft sich nun einander mit den Augen messen. Von den Korsaren kamen gräßliche Flüche herüber. Henry d'Albaret suchte an Bord der Brigg mit der Schwarzflagge vergeblich nach dem Befehlshaber, nach jenem Sakratif, dessen Name allein schon Entsetzen im ganzen Archipel hervorrief.
Da fuhr am Steuerbord der Korvette die Brigg mit der Schwarzflagge und am Backbord der Korvette eine von den beiden Briggs, welche die Linie geschlossen hatten, mit schwacher Unterstützung im Rücken durch die andern Fahrzeuge heran ... die Barkhölzer der Korvette knirschten unter dem Drucke der beiden Briggs ... im Nu flogen die Enterhaken herüber, und die drei Schiffe hingen aneinander; ihre Geschütze mußten schweigen ... da aber die Stückpforten der "Syphanta" genau soviel Breschen waren, durch die den Korsaren der Weg offen stand, blieb die Bedienungsmannschaft auf ihrem Posten, um diese Breschen mit Beilen, Pistolen und Piken zu verteidigen.
So lautete der Befehl des Kommandanten, der in dem Augenblicke unter Deck gelangte, als die beiden Briggs die Enterhaken an die Korvette warfen.
Plötzlich gellte von allen Seiten ein Schrei herüber, – ein Schrei, der die Luft mit solcher Gewalt erfüllte, daß er einen Moment das Geknatter der Flinten und Musketen übertönte.
"An Bord hinüber! An Bord hinüber!"
Der Kampf, der nun folgte, Mann gegen Mann, war grausig. Weder die Salven von Flinten, Musketen und Steinschloßgewehren, noch die Beilhiebe und Pikenstöße konnten dieses rasende, vor Blut trunkene, blutdürstige Korsarengesindel daran hindern, Fuß auf der Korvette zu fassen. Aus ihren Mastkörben hinunter überschütteten sie das Deck der Korvette mit Granaten, die dasselbe völlig unhaltbar machten, obwohl ihnen die "Syphanta" aus ihren Mastkörben durch die Wächter gleiche Antwort geben ließ.
Henry d'Albaret sah sich bestürmt von allen Seiten. Die Schanzkleidung der "Syphanta", obwohl sie höher war als die der beiden Briggs, wurde berannt und genommen. Von Raa zu Raa kletterten die Piraten, zerhieben die Enternetze und kletterten daran auf Deck nieder. Was kam es ihnen bei der Zahl, die sie ausmachten, auf ein paar Tote an?
Die Mannschaft der Korvette hingegen war schon stark
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