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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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heran, guckte bewusst an Mia vorbei. »Dass du nett zu ihr bist und sie dann verschweigt, wo sie war, bevor ich sie hierhergebracht habe?!«
    Plötzlich spürte Mia, wie ihr Gesicht heiß aufglühte.
    »So läuft das nicht! Sie ist mein Geschenk an dich!«, schrie Vera.
    Mias Hand wanderte an ihre Wange, es kam ihr so vor, als wäre der Kiefer verrutscht.
    »Ist es nicht das, was dich fesselt? Was du brauchst, wovon du träumst? Dass sie in der Kammer wartet und du zu ihr kannst, wann immer du willst, sie nehmen und mit ihr anstellen, was immer du willst, sooft du magst!«
    Sie hat mich geschlagen.
    Mia sah, wie Vera auf den Mann einredete, fühlte, wie Veras Hand in ihr Gesicht hieb.
    »Schlag sie, das mag sie!«, überschlug sich Veras Stimme. Dann ging alles ganz schnell. Über das Gesicht des Mannes trieben Scham, Gier und Entsetzen hinweg wie Wolkenschatten über eine Landschaft an einem sonnigen, windigen Tag. Im nächsten Augenblick hatte Mia den Arm gehoben, Veras Schlag abgefangen, mit der Linken in ihr Gesicht gegriffen. Zeige- und Mittelfinger bohrten sich in die Augenhöhlen, die beiden Frauen taumelten. Tränenflüssigkeit benetzte Mias Fingerkuppen, und ihr eigener Schrei vermengte sich mit dem Veras. Dann spürte sie, wie ihr Körper zusammengepresst wurde, ihre Arme wurden nach hinten gebogen, die Schultern schienen zu explodieren. Der Mann musste sie gepackt haben.
    Sie rang nach Luft, Vera blitzte vor ihr auf. Als der Schlag Mia traf, überzog sich ihr Gesicht mit einer Maske von Schmerz. Sie sah den Fußboden auf sich zustürzen, es knackte, der Schuh des Mannes, ein Stich in der Seite. Sie hörte sich ausatmen – und wurde im gleichen Moment hochgerissen.
    Als sie wieder zu sich kam, war das Rauschen der Blätter, das Zwitschern von Vögeln zu hören.
    Sie hatten sie zurück in die Kammer gebracht.

79
    »Du arbeitest für Götz, in seinem Büro, erzähl mir doch nichts, Sophie!«
    Ben hatte die Grundrisse, die Fotos, die Skizzen aus dem Arbeitszimmer geholt und auf den Wohnzimmertisch geworfen. Sebastian hatte die Villa vor gut einer Stunde verlassen. Sophie hatte ihm nicht gesagt, dass Ben bei ihr war.
    »Als leitender Architekt muss Götz diese Struktur von Anfang an geplant haben. Ganz alleine kann er das aber nicht durchgezogen haben.« Ben holte Luft. »Der Bauzeichner, der Statistiker, ich meine …«
    Sophie sah ihn an. Sie wirkte erschöpft, aufgewühlt, am Ende ihrer Kräfte. »Wenn so etwas erst mal in den Plänen drin ist, geht das leichter, als man denkt«, sagte sie leise.
    »Ja? Ja, wahrscheinlich.« Ben ließ sich in den Sessel vor dem Tisch fallen.
    »Einen solchen Häuserblock zu bauen ist eine extrem komplexe Arbeit. Auf der Baustelle gibt es nur einen Anhaltspunkt. Die Pläne. Was da nicht drauf ist, existiert nicht.«
    »Wie die Struktur im Kern des Blocks.«
    Sophie nickte. »Mit zwei verschiedenen Sets von Plänen kannst du im Prinzip alles bauen, solange ein paar entscheidende Leute mitmachen und von außen nichts davon zu sehen ist.«
    »Aber warum?«, brauste Ben auf. »Was ist in diesem Kern? Wozu das Ganze, was soll das?!«
    Sie schwieg, wandte sich ab.
    »Was geht dort vor, Sophie? Was passiert in diesem Teil des Gebäudes?«
    Sie schloss die Augen.
    »Sophie! Was stellst du dir denn vor? Dass du dich aus all dem heraushalten kannst? Warum hast du deinem Bruder nicht gesagt, dass ich hier bin?«
    »Weil ich nicht wollte, okay?!«
Ihre Stimme gellte durch den Raum. »Was willst du denn hören? Dass ich Sebastian hintergangen habe, dass ich meiner Familie in den Rücken gefallen bin?«
    »Bist du?«
    »Nein!«
    »Warum hast du ihm dann nicht gesagt, dass ich zu dir gekommen bin?« Ben ließ nicht locker.
    »Das willst du gar nicht wissen.«
    »Was will ich nicht wissen?«
    Sie hatte die Augen wieder geöffnet. »Warum ich Sebastian gegenüber geschwiegen habe.«
    »Doch!«
Ben stand auf. »Ich will es wissen! Ich will wissen, warum er diese Pläne beiseiteschaffen wollte.
Was hier vorgeht!
« Er beugte sich über den Tisch und stach mit dem Zeigefinger genau in den schraffierten Bereich. »Das sind acht mal sechzehn Meter, Sophie, das ist ein Areal, doppelt so groß wie dieses Zimmer hier. Es befindet sich auf allen acht Stockwerken des Gebäudes und auch in den vier Kellergeschossen. Was ist dort drin, Sophie!«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Bullshit!«
    Er taumelte. Ein heftiges Stechen in den Handflächen hatte ihn durchzuckt. Ben warf einen Blick auf den Verband,

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