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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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befand, und ließ den Blick über die Papiere gleiten, die darauf ausgebreitet waren.
    Ben presste die Lippen aufeinander. Die Anstrengung zwang seine Schläfen wie ein Schraubstock zusammen, Blut drückte in seine Augen. Er spürte, wie die Querträger, an denen er sich hochstemmte, langsam heiß liefen.
    Sebastian beugte sich über die Pläne auf dem Tisch.
    »Was machst du denn?«
    Es war Sophie. Sie war in der Tür stehen geblieben, ihre Stimme klang spitz.
    »So können wir das hier nicht herumliegen lassen.« Sebastian nahm einige der obersten Pläne hoch.
    »Ich muss gleich los, ins Büro. Beeilst du dich?«
    Sebastian warf ihr einen Blick zu.
    Ben schloss die Augen. Die Hitze der Lampen hatte begonnen, die Innenfläche seiner Hände zu versengen. Es fühlte sich an, als würde er sich auf eine glühende Herdplatte stützen.
    Unter ihm raschelte es.
    Sebastian hielt einige Bögen in der Hand, kniete sich vor den Tisch und zog die oberste Schublade des Blechschranks auf, der sich darunter befand. Die Schublade glitt über die Rollen heraus. Sebastian schob die Bögen hinein, beugte sich über den Tisch und raffte weitere Pläne zusammen.
    Ben spürte, wie die oberste Hautschicht an den Stellen wegschmolz, die auf den Lampenträger gepresst wurden. Der Schmerz fraß sich durch seinen Körper.
Du musst ihn von dir abspalten, er gehört nicht zu dir.
    »Morgen bringe ich die Pläne zu mir«, hörte er Sebastian unter sich sagen.
    Sophie antwortete nicht.
    Die Rollschublade ratterte, rastete ein. Durch die Schlieren hindurch, die sich vor seinen Augen gebildet hatten, sah Ben, wie Sebastian die Schublade abschloss und sich aufrichtete.
    »Kommst du jetzt?«
    Er nickte.
    »Lass den Schlüssel hier, Basti, das sind Julians Sachen. Ich spreche mit ihm, dann können wir uns darum kümmern.«
    Sebastian warf den Schlüssel in die Luft, fing ihn auf. Ben spürte, wie sich ein Tropfen Tränenflüssigkeit aus seinem Auge löste, sah ihn durch die Luft fliegen …
    »Hier ist gut, oder?« Sebastian warf den kleinen Schlüssel in einen Schuhkarton, der randvoll mit Stiften gefüllt war, schippte die Stifte darüber.
    Der Tropfen erreichte den Boden. Ben kam es so vor, als könnte er ihn aufprallen hören.
    »Mach schon.« Sophie hatte die Hand am Lichtschalter.
    Beide hatten den Tropfen nicht bemerkt.
    Es klackte, ein Summton, das Licht brach in sich zusammen.
    Sebastian trat an Sophie vorbei durch die Tür. Sie zog sie hinter sich zu.
    Ben hörte sich röcheln. Er hob zuerst das linke Bein. Es schien an dem Stahlträger förmlich festzukleben. Er hatte keine Kraft mehr, ließ sich zusammenklappen, Schmerz peitschte durch seinen Körper, dann wurden seine Arme gestreckt.
    Er wollte den Sturz noch abbremsen, aber seine Finger wurden widerstandslos aufgesprengt. Dumpf landeten seine nackten Füße auf der Tischplatte.
    Schmerzwellen jagten wie Stromstöße durch seinen Körper.

74
    »Was? Ich verstehe nicht …«
    Vera hatte zusammen mit dem Mann das Zimmer betreten, er wirkte verwirrt.
    Veras Stimme klang schrill. »Das ist Mia, deinen Namen sagst du ihr besser nicht.« Ihr Gesichtsausdruck hatte sich in seiner Gegenwart merklich verändert. Es hatte sich etwas Besorgtes hineingeschlichen, etwas Beunruhigtes, etwas Eilfertiges.
    Der Mann ruckte mit dem Kopf zurück.
    »Mia, sie kommt aus dem Innenhaus«, sagte Vera, und es war, als ob diese Aussage die Irritation des Mannes eher noch steigerte.
    »Mhmm«, brummte er.
    »Sei doch nicht so unfreundlich!« Mias Blick schnellte zurück zu Vera, deren Gesicht sich verzogen hatte. »Ich meine, du kennst sie doch gar nicht.«
    Der Mann hatte sich an die Stirn gefasst, den Blick zu Boden gerichtet.
    »Ich … es …« Vera suchte nach Worten. »Was ist denn?« Sie riss sich zusammen. »Freust du dich nicht?«
    Sein Blick blieb auf den Boden geheftet.
    »Mia, komm schon, hilf mir doch!« Veras Stimme war unangenehm hell.
    Mias Atem ging flach, sie kämpfte gegen eine heftige Übelkeit an.
    »Gefällt sie dir nicht?«, hauchte Vera.
    Da sah Mia es. Wie er den Blick hob und sie anschaute, als wollte er prüfen, was er antworten könnte. Wie ihm bewusst wurde, wie verkehrt das alles war, wie dieses Bewusstsein ihn aber nicht daran hinderte, seine Augen auf sie zu richten. Einen Moment lang ruhte sein Blick in ihrem, dann hatte er ihn gekappt, wieder zurück zum Boden gewendet.
    »Sie ist … für dich, verstehst du?« Vera war dicht an ihn herangetreten, ihre Stimme jagte dahin.

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