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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Jahren. Julian ist alles, was du willst, egoistisch, anmaßend, reizbar, mehr oder weniger besessen, okay. Aber er hat … das hat er nicht … Er könnte es nicht. Niemals.«
    Ben schwieg.
    »Zweifelst du wirklich daran?« Ihre Stimme klang alarmiert. »Was heißt denn das für dein Buch?«
    Ihre Bestürzung übertrug sich auf Ben. Wenn sie Götz gegenüber erwähnte, dass er angefangen hatte, an Götz’ Unschuld zu zweifeln, wäre das Projekt ernsthaft gefährdet. Er musste ein Vertrauensverhältnis zu ihr aufbauen, aber er durfte nicht zu weit gehen.
    »Nein«, Bens Hand legte sich auf ihre, »das ist es ja nicht. Ich zweifle nicht an seiner Unschuld. Im Gegenteil, das steht doch völlig außer Frage. Das ist die Stoßrichtung des Buches, daran wird sich nichts ändern. Aber, verstehst du, aus rein dramaturgischen Gründen muss ich beim Leser ja ein-, zweimal den Eindruck erwecken, dass es natürlich im Prinzip auch Götz selbst gewesen sein
könnte.
Um es dann, am Ende, umso überzeugender zu widerlegen.« Er spürte, wie seine Worte mäanderten. »Das ist reine Spiegelfechterei, sicher, aber wenn eine Story ein paar hundert Seiten lang tragen soll, dann kann man, oder kann ich, oder möchte ich auf solche Tricks nicht verzichten.«
    Sie sah ihn noch immer beunruhigt an.
    »Das ändert aber nichts daran, dass Götz Opfer eines Irrtums geworden ist. Davon bin ich hundertprozentig überzeugt. Das macht ja gerade den Kern des Buches aus. Er verliert seine gesamte Familie – und wird dann für diese Tat, die sein Leben vernichtet hat, auch noch vor Gericht gestellt!«
    Ihre Finger hatten sich um seine Hand geschlossen. Er konnte ihren Puls spüren, der unter seiner Berührung leicht pochte. Zugleich fühlte Ben jedoch, wie er blass wurde. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Die vergangene Nacht mit Lillian schien noch immer seine ganze Haut zu überziehen.
    Sie runzelte die Stirn. »Alles okay?«
    »Na klar.« Er zog die Hand zurück.
    »Ich kann auch gehen, wenn dir nicht gut ist.«
    »Nein, alles gut«, sagte er und lehnte sich zurück.
    »Ist irgendwas?«, fragte sie. »Du siehst etwas angestrengt aus.«
    »Wie gesagt, ich hab nicht so gut geschlafen.«
    Sophie lächelte und stand auf. »Na gut. Ich glaube, ich lass dich mal.«
    Matt erwiderte er ihr Lächeln. »Meinst du?«
    Sie nickte und ging zur Tür, an der sie sich noch einmal umdrehte, bevor sie sie öffnete. Ben stand hinter ihr, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen. Er beugte sich vor und wollte ihr die Wange hinhalten. Aber sie griff mit der Hand an seinen Hinterkopf und berührte mit ihren Lippen sein Kinn, öffnete die Lippen leicht, ließ sie bis knapp vor die Unterlippe wandern, wo sie sich wieder von ihm löste.
    »Bis bald, Ben.« Ihre Hand strich über seine Wange. »Ruf mich an, wenn es dir wieder bessergeht.«

45
    Als es klingelte, fuhr Ben heftig zusammen.
    Sie kommt, ratterte es in seinem Kopf. Lillian. Wir schlafen miteinander, jetzt, hier, sofort.
    Er spürte, wie die Vorfreude von seinem ganzen Körper Besitz ergriff. Mit wenigen Schritten war er an der Tür, öffnete sie ungestüm.
    Nachdem Sophie gegangen war, hatte er Lillians Nummer gewählt, jedoch nur den Anrufbeantworter erreicht. »Ben hier«, hatte er in den Hörer gesprochen, und der Gedanke an sie hatte ihn förmlich durchtränkt. »Ich muss dich sehen.«
    Er hatte kaum glauben können, dass er das wirklich gesagt hatte. Aber da war es bereits zu spät gewesen, und er hatte nur noch den Hörer auflegen können. Danach hatte er den ganzen Tag lang vollkommen versunken an seinem Schreibtisch gearbeitet.
    »Herr Lindenberger.« Es war Seewald, der vor der Tür stand. »Kann ich reinkommen?«
    Ben versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Wie spät ist es denn?«
    Seewald warf einen achtlosen Blick auf seine Armbanduhr. »Ich weiß, aber Herr Götz bat mich, unbedingt bei Ihnen nachzufragen.« Er ging einfach an Ben vorbei in die Wohnung.
    Ben warf die Tür hinter dem Anwalt ins Schloss. Er kam sich dämlich vor, barfuß und in schlabbrigen Hosen.
    »Habe ich Sie geweckt?«
    »Was wollen Sie, Seewald?«, stieß er hervor.
    Seewald schmatzte kurz mit den Lippen. Ein Mann, der dazu in der Lage ist, eine Beleidigung wegzustecken, ohne mit der Wimper zu zucken, dachte Ben.
    »Haben Sie denn inzwischen mit Frau Behringer Kontakt aufnehmen können?«
    »Ja, habe ich.«
    »Und?«
    »Sie hat sich bisher nicht geäußert.«
    Seewald ließ sein Gesicht sprechen. Ach

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