Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
Vom Netzwerk:
hierher?«
    »Weißt du …«
    Sie brach ab, atmete aus, trank einen Schluck von ihrem Kaffee. Ihre Augen lächelten ihn an.
    »Du willst, dass ich dich förmlich nötige, es zu sagen.«
    »Ja.« Sie schmunzelte neckisch und stellte die Tasse zurück auf den Unterteller. »Nein! Was ich meine, ist, dass ich dich bitten wollte, nicht so schlecht über sie zu schreiben, in dem Buch, weißt du.«
    Das war es also.
    »Ja, nicht nur, weil es meine Familie ist, obwohl, das auch … aber auch wegen Julian.« Sie schaute ihn prüfend an. »Es würde ihm nicht gerade helfen. Ich kann mir schon vorstellen, wie Sebastian, mein Vater, wie das alles auf dich gewirkt hat. Aber wenn du das so in dem Buch schilderst, werden die Leute vielleicht denken: In der Familie ist doch alles möglich. Und das wäre natürlich fatal. Und außerdem falsch. Es sind sehr liebe Menschen, weißt du, und Julian … Er hat zwar Christine geheiratet, aber er hat mit meiner Familie nicht wirklich etwas zu tun. Ich meine, er ist nicht für sie verantwortlich, verstehst du? Es täte mir leid, wenn es ein schlechtes Licht auf ihn werfen würde, nur weil ich neulich nicht in der Lage war, meinen Bruder zu bändigen.«
    Ben sah ihr beim Sprechen zu. Was er darauf antworten sollte, wusste er allerdings nicht.
    »Du sagst ja gar nichts.«
    »Nein, doch … ich meine, okay.« Er brach ab. »Ich versteh schon, was du meinst.«
    »Aber?«
    »Nichts aber.«
    »Wie ›nichts aber‹?«
    Er schwieg.
    »Du willst mir nichts versprechen, ist es das?«
    Er holte Luft. »Na ja, so einfach ist es nicht, ein Buch zu schreiben. Ich weiß ja selbst noch nicht genau, wie ich alle Einzelheiten anlegen werde. Da ist es dann schwierig, wenn man sich von vornherein auf eine bestimmte Richtung festlegen muss. Das beschränkt die Freiheit, ja? Wenn man dann grübelt, wie man es machen will, kann man die ganze Zeit nur daran denken, was man
nicht
machen darf. Ich weiß wirklich nicht, ob ich bereit bin, mich auf so eine Einschränkung einzulassen.« Er sah, wie sich ihr hübsches Gesicht ein wenig verdüsterte. »Aber das heißt nicht, dass du Angst haben musst«, beeilte er sich, hinzuzufügen. »Ich werde schon nicht gemein zu ihnen sein. Keine Sorge.«
    Sie setzte sich wieder etwas aufrechter hin. »Meinst du?«
    »Na klar.«
    Hab ich mich jetzt doch festgelegt? Ben merkte, wie ihn dieser Gedanke ärgerlich machte. »Wie gesagt, ich kann im Grunde genommen nicht wirklich darüber reden. Ich muss mir einen gewissen Spielraum frei halten.«
    Sie runzelte die Stirn. Es war klar, dass er sich nicht festnageln lassen wollte, und sie somit nicht erreicht hatte, worauf sie eigentlich abzielte.
    »Aber«, fing Sophie noch einmal an, »hast du dich nicht auch festgelegt, als du gesagt hast, dass dein Buch ganz klar von Julians Unschuld ausgeht? Also nicht nur ausgeht, sondern dass du seine Unschuld ganz klar belegen wirst? Dass das sozusagen der Sinn des Buches ist?«
    Es kam Ben so vor, als hätte sie mit einer glühenden Nadel in eine offene Wunde gestochen.
    »Hast du das eigentlich mitbekommen, von Seewald«, fragte er ausweichend, »dass Götz an seiner Aussage darüber, was er zur Tatzeit gemacht hat, nicht festhält?« Er war sich nicht sicher, ob es okay war, darüber zu sprechen. Aber es ging jetzt nicht darum, was für Götz das Beste war, sondern dass er sein Projekt nicht gefährden durfte. Und dazu gehörte auch, dass er sich mit Götz’ Familie nicht überwarf.
    Sie nickte vage. »Er hat etwas erwähnt, nichts Genaueres.«
    ›Soll ich dir sagen, dass dein Schwager deine Schwester mit einer Art Callgirl betrogen hat?‹
    »Ich weiß auch nichts Genaueres.« Ben suchte nach Worten. »Aber eines weiß ich schon: Dass er gelogen hat, als er gesagt hat, dass er im Tiergarten war. Gelogen, verstehst du? Ich meine, ich habe mich, ehrlich gesagt, schon gefragt, wo er sonst noch überall gelogen hat, als ich das gehört habe.«
    Sie sah ihn erschrocken an.
    »Na ja, geht dir das nicht so?«
    »Wie? Was soll das denn heißen?«
    Ben senkte die Stimme. »Hast du dich das nie gefragt? Ob es nicht auch sein könnte, dass … er es gewesen ist?«
    »Dass er Christine und die Kleinen …?«
    Ben ließ den Kopf kurz nach unten wippen. »Ja?«
    Jetzt stand ihr der Schreck deutlich ins Gesicht geschrieben. »Nein«, hauchte sie, »natürlich nicht. Bist du wahnsinnig? Ich kenne Julian. Ich habe fast drei Monate lang mit ihm unter einem Dach gelebt, kenne ihn seit über fünfzehn

Weitere Kostenlose Bücher