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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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haben könnte.«
    Götz lächelte nicht mit. »Sie hat Caspar erwähnt? Und was noch?«
    Ben winkte ab. »Sie hat das nur angedeutet. Sie wusste nichts Genaues.«
    »Nein? Sagen Sie doch mal, Lindenberger, was genau?«
    Ben ließ die unfreundliche Nennung seines Nachnamens einen Moment lang im Raum stehen, bevor er antwortete. »Es ging mir ums Buch, Herr Götz. Ich habe sie gefragt, ob sie mir etwas über Sie erzählen kann. Ich hatte mir überlegt, dass ich das gut gebrauchen könnte –«
    »Das war nicht abgesprochen.«
    »Wie?«
    »Es war nicht abgesprochen«, wiederholte Götz mit unangenehm metallischer Stimme. Das Entrückte, das er ausgestrahlt hatte, als er von seinem Freund sprach, war wie weggeblasen. »Ich möchte doch bitten, dass wir vorher abklären, in welche Richtung Sie recherchieren.«
    »Wie stellen Sie sich das vor?«, entgegnete Ben. »Ich meine, darüber haben wir doch gerade gesprochen. Ich muss Informationen einholen –«
    »Nicht bei Frau Behringer.«
    Ben verstummte.
    »Kommen Sie, Ben, das müssen Sie doch verstehen. Es ist meine Existenz, die Sie in dem Buch ausbreiten. Es geht schließlich darum, dass ich mein Leben zurückbekomme, nicht darum, dass ich, also, dass danach nichts mehr davon übrig ist.«
    »Natürlich«, versuchte Ben einzulenken, »darüber besteht doch gar kein Dissens. Aber –«
    »Kein ›aber‹.«
    ›Du wirst mir das nicht verbieten können.‹
    »Haben wir uns da verstanden?«
    »Ja.«
    Ben zuckte zusammen. Götz war ungestüm aufgestanden. »›Ja‹. Was soll das denn heißen, ›ja‹? – Sie können mir schließlich erzählen, was Sie wollen, und nachher etwas ganz anderes machen!« Er warf dem Beamten, der sich ebenfalls erhoben hatte, einen schnellen Blick zu. »Nein, schon okay, ich mach ja nichts.« Götz hob beide Hände, als er sah, wie der Wachmann ihm entgegentrat. Dann aber wandte er sich, ohne den Wachmann weiter zu beachten, wieder Ben zu, stützte die Hände auf den Tisch und drückte die Arme durch. »Hören Sie, Lindenberger, ich brauche eine Garantie, dass Sie mit meinem Leben nicht umgehen wie mit einem beliebigen Stoff, den sie je nach Laune durch den Dreck schleifen können.«
    Ben schaute dem Wachmann dabei zu, wie er sich wieder setzte. Auch wenn Ben es sich nicht eingestehen wollte: Er genoss diesen Moment. Er blickte zu Götz hoch und konnte es ihm regelrecht ansehen: Wie ihm zum ersten Mal bewusst wurde, dass er sich vielleicht zu sehr in Bens Hand begeben hatte.
    »Beruhigen Sie sich, Julian, wir ziehen am gleichen Strang.« Was glaubte Götz denn? Dass er ihm, ganz wie es ihm gefiel, ein paar Informationsbrocken zuwerfen konnte – und dann wieder nicht? Ben hing jetzt mit drin in der Sache, er würde sich nicht einfach so abspeisen lassen.
    Götz schob die Lippen vor. Ben meinte förmlich mitverfolgen zu können, wie er begriff, dass es falsch gewesen war, zu glauben, er könne Ben manipulieren. Wie er begriff, dass es durchaus möglich war, dass
Ben ihn
benutzte – und nicht
er Ben.
    Ich geh hier raus, nach Hause, duschen und dann zu Lillian, zieh sie aus, leg sie aufs Bett und feiere ihren Körper, ging es Ben durch den Kopf. Und du sitzt hier und hast Angst, dass ich dich in die Pfanne haue.
    Er bog die Mundwinkel nach unten, um sich keinesfalls durch ein Grinsen zu verraten.
    »Ich will, dass Frau Behringer in dem Buch überhaupt nicht auftaucht.« Mit den Händen in den Hosentaschen stand Götz vor dem Tisch.
    »Ihre Aussage wird die entscheidende Wendung in dem Prozess bringen, und ich soll sie weglassen?« Jetzt grinste Ben doch offen.
    ›Du kannst mich mal! Noch ist nicht entschieden, wer am längeren Hebel sitzt.‹
    »Entschuldigen Sie, Götz, aber sind Sie sich sicher, dass das eine gute Idee ist?«
    Unter Bens Lächeln wurde Götz’ Gesicht hart und böse.

49
    Architekturvisionen. Ein Bau, der auf seine Bewohner wirkt. Ansteckende Phantasien. Ben saß am Schreibtisch und starrte auf den Bildschirm, über den hinweg ihm Leuchtpunkte entgegenflogen, die am Rand wieder verschwanden. Der Bildschirmschoner hatte sich eingeschaltet.
    In Gedanken war er noch immer bei Götz in der U-Haft. Aber sosehr er auch versuchte, die einzelnen Andeutungen und Vorstellungen, die Götz ihm gegenüber erwähnt hatte, zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzusetzen, entglitt ihm doch immer wieder der rote Faden, an dem er glaubte, alles aufziehen zu können. Immer wieder landete er bei der zentralen, alles entscheidenden Frage: Hatte

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