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Der Arzt von Stalingrad

Der Arzt von Stalingrad

Titel: Der Arzt von Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Hände in die Tasche. »Wir haben Cholerabazillen verpflanzt, um einen schnellen Wirkstoff gegen die Cholera zu finden! Opfer muß die Wissenschaft bringen … wir hätten Tausende nach Abschluß der Forschungen retten können.«
    »Das klingt ja ziemlich kaltschnäuzig, meine Herren!« Passadowski war entsetzt. »Sie gestehen eine Schuld ein, die Sie den Kopf kostet.«
    »Das ist uns klar. Die Versuche lassen sich nicht leugnen. Wir stehen für sie gerade. Anders die Offiziere in der Seydlitz-Gruppe, die zu den Russen überliefen und dort eine Hetzkampagne gegen die deutschen Brüder entfesselten. Sie wurden Kommunisten, nur um ihr Leben zu retten!«
    »Aber meine Herren!« Passadowski hob beide Hände. »Sie werden unsachlich. Ich bin gekommen, um Ihnen zu helfen. Ich kann Ihnen Stellungen in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands anbieten! Wir suchen gute Ärzte für unsere östlichen Krankenhäuser. Ich habe Ihnen vom Zentralkomitee Freies Deutschland das Angebot zu unterbreiten, eine dreimonatige Schulung des Politbüros in Moskau mitzumachen, um dann nach einer Verpflichtungserklärung in die Heimat entlassen zu werden. Es stehen Ihnen auch Offiziersposten in der Polizeitruppe der Ostzone, der Volkspolizei, zu … Sie können wählen …«
    Die beiden SS-Ärzte sahen sich kurz an. Dann wandten sie sich um und wollten wortlos den Raum verlassen. Major Passadowski erbleichte. Der Leutnant und Lagerkommandant trat den beiden in den Weg und hieb ihnen ins Gesicht. Stumm blieben sie stehen und wandten sich um. Passadowski hob bedauernd beide Hände.
    »Das war nicht meine Absicht, meine Herren! Der Sieger ist rauh. Aber auch Sie werden sich inmitten der anderen Kameraden, die zu einer neuen Weltanschauung gefunden haben, wohl fühlen! Die Ideologie des Kommunismus hat etwas Edles an sich, etwas Menschenwürdiges … sie reißt die Klassenschranken ein und läßt uns alle Brüder werden. Wir verfügen in Moskau über schöne, große Schulungsräume, über ein Kasino, Sportplätze, wir können die russischen Theater besuchen, die Kinos, Kunstausstellungen. Wir diskutieren oft mit Vertretern der ostzonalen Regierung, die uns besuchen kommen. Wir hatten selbst Gelegenheit, hohe Führer Rußlands – Malenkow, Berija, Budjennyi, Woroschilow – zu sprechen und mit ihnen interessante Unterhaltungen zu führen. Ilja Ehrenburg ist oft unser Gast. General von Seydlitz hat dafür gesorgt, daß wir deutschen Offiziere wieder geachtet werden von unseren sowjetischen Kameraden …« Major Passadowskis Gesicht glühte vor innerer Begeisterung. »Was der Nationalsozialismus zerstörte, was eine Clique NS-Generäle in den Dreck zog – unsere Offiziersehre –, hat General von Seydlitz wiedergewonnen. Wir haben nach dem Fall von Stalingrad eingesehen, daß eine Weiterführung des Krieges Selbstmord des deutschen Volkes ist, wir haben erkannt, daß wir einen Irren an der obersten Führung hatten, daß ein Adolf Hitler der Totengräber einer tausendjährigen europäischen Kultur wurde. Da haben wir uns abgesetzt und uns um die Vernunft geschart. Wir opponierten gegen diesen Krieg mit allen Mitteln, wir riefen den deutschen Soldaten zur Desertion auf, wir hatten von Moskau aus nur das einzige Kampfmittel in der Hand: die moralische Zersetzung der Truppe! Daß es uns nicht voll gelungen ist, war eine Folge der drakonischen Gegenmaßnahmen Hitlers und der Denkfaulheit des deutschen Soldaten. Wir scheiterten an dem Trägheitsgesetz des Militarismus. Um so mehr liegt uns daran, unseren gefangenen Kameraden den Weg aus der Verdammung zu zeigen und sie zurückzuführen in eine bessere Gemeinschaft.«
    Major Passadowski atmete tief. Er hatte sich in Erregung geredet. Die beiden SS-Ärzte nickten. »Sind Sie jetzt fertig?«
    »Ja, meine Herren.«
    Einer der Ärzte trat einen Schritt vor. »Wir gehören nicht zu den Unbelehrbaren«, sagte er ruhig. »Wir waren Ärzte der SS, warum es leugnen? Wir haben Versuche gemacht … wir geben es zu. Es war menschenunwürdig, abscheulich, eine Vergewaltigung des Individuums … aber so vieles war in diesen Zeiten unwürdig und abscheulich! Das ist keine Entschuldigung für unser Tun, und wir sind bereit, dafür zu sühnen, obgleich wir es rechtlich nicht einsehen, warum gerade der Russe, der grausamste von allen, unser Richter sein soll. Aber das tut nichts zur Sache. Es geht hier darum, daß Sie uns locken, in das kommunistische Lager zu wechseln, ein Charakterlump zu werden, um die eigene Haut

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