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Der Arzt von Stalingrad

Der Arzt von Stalingrad

Titel: Der Arzt von Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zu halten habe. Der Kranke schrie wild auf, als der Arzt den Fuß mit heißem Wasser zu waschen begann. Er versuchte, um sich zu schlagen, und die Männer packten zu. Sie mußten alle Kraft anwenden, um ihn zu bändigen.
    Böhler arbeitete blitzschnell. Mit einem Schnitt des Messers amputierte er eine Zehe, die an der Wurzel schon zum größten Teil abgerissen war. In Windeseile schnitt er die Hautfetzen an den Wundrändern ab – aber es ging immer noch zu langsam. Der Verletzte brüllte auf vor Schmerz und versuchte, den Händen seiner Peiniger zu entkommen.
    »Laßt mich in Ruhe, ihr Schweine«, schrie er, und »mein Gott, das ist nicht auszuhalten!«
    Die Männer, die ihn hielten, zitterten. Nahm das denn nie ein Ende …
    Böhler preßte den Fuß mit einer Hand zusammen und wickelte mit der anderen in Sekunden den Verband darum. Der Sanitäter half, so gut er konnte, was wie eine Stunde schien, hatte knapp zwei Minuten gedauert.
    Dr. Böhler legte dem Verwundeten die Hand auf die Stirn.
    »Es ist alles vorbei«, sagte er tröstend, »und bald tut's auch nicht mehr weh. Aber ich mußte es tun, nicht wahr, das verstehst du doch?«
    Dem Verwundeten standen große Tränen in den Augen. Wortlos griff er nach der Hand des Arztes und drückte sie …
    Zum Abschluß tauchte Böhler die Gipsbinden in kaltes Wasser und umwickelte damit den verletzten Fuß. Zuletzt lag dieser völlig in einem Gipsverband.
    »Da müssen wir nachher, wenn der Gips hart geworden ist, oben und unten ein Fenster hineinschneiden, damit die Wunde freiliegt. Vielleicht treiben wir irgendwo etwas Scherenartiges auf. Wenn nicht, muß es mit dem Messer gehen.«
    »Jawohl, Herr Stabsarzt«, sagte der Sanitäter, und in seinen Augen lagen Respekt und uneingeschränkte Bewunderung.
    Im Hauptlazarett focht unterdessen Dr. von Sellnow einen Kampf gegen den politischen Kommissar Wadislav Kuwakino und Leutnant Piotr Markow aus. Es ging um den noch immer im Lazarett liegenden Hans Sauerbrunn, den Kuwalkino jetzt abholen wollte, um ihn nach Moskau zu schleifen.
    Sellnow hätte diesen Kampf nie gewonnen und nie zu führen gewagt, wenn er nicht die plötzliche, erstaunliche Unterstützung der Kasalinsskaja bekommen hätte. Sie sagte ›njet‹ zu Kommissar Kuwakino und schrieb den Gefreiten Sauerbrunn nicht transportfähig.
    »Ein kleiner Schlag nur!« schrie Kuwakino. »Wie kann eine Ohrfeige so krank machen?!«
    Alexandra zog die schwarzen Augenbrauen hoch. Ihr hochmütiges Gesicht machte Leutnant Markow wild, aber er beherrschte sich, weil Major Worotilow neben ihm stand. »Eine kleine Ohrfeige?« sagte die Kasalinsskaja. »Soll ich Ihnen einmal das Nasenbein einschlagen lassen?«
    Wadislav Kuwakino wurde weiß. Er zitterte vor Erregung und sah Major Worotilow an. »Helfen Sie mir doch«, sagte er stockend.
    »Ich bin Kommandant der Lagers … die Verantwortung für die Gesundheit tragen die Ärzte.«
    »Der Mann heißt Sauerbrunn.« Sellnow blätterte in den Gefangenenpapieren. »Er ist auch so im Soldbuch eingetragen gewesen.«
    »Alles gefälscht. Wenn Moskau sagt, er heißt Sauerbruch, dann heißt er Sauerbruch!«
    »Wie schade, daß man dich in Moskau nicht Rindvieh nennt«, brummte Sellnow. Die Kasalinsskaja trat ihm unter dem Tisch auf den Fuß. Leutnant Markow schnaubte durch die Nase und ballte die Fäuste.
    Der Kommissar wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Ich nehme ihn auch mit kaputtem Nasenbein mit nach Moskau. Ich übernehme allein die Verantwortung! Aber er muß nach Moskau.«
    »Njet!« sagte die Kasalinsskaja.
    Leutnant Markow lachte ironisch. »Genossin Kasalinsskaja hat die Deutschen lieben gelernt«, sagte er anzüglich. »Oder täusche ich mich, daß sie öfter als sonst ins Lager 12 fährt?«
    »Es geschieht auf meinen Wunsch«, fiel Major Worotilow steif ein. Leutnant Markow machte ein dummes Gesicht und schwieg verbissen. Sellnow betrachtete die Kasalinsskaja von der Seite und fing ihren Blick auf. Er war voller Triumph – und er grübelte vergeblich, warum sie sich so einschneidend geändert hatte und was sie veranlaßte, gegen ihre Art ihm zur Seite zu stehen.
    »Ich werde das nach Moskau melden«, drohte Wadislav Kuwakino. Seine Stimme schwankte.
    »Bitte.« Alexandra hob die Schulter.
    Mit einem Fluch ließ Kuwakino die Gruppe stehen und entfernte sich allein zur Kommandantur. Leutnant Markow und – etwas langsamer – Major Worotilow folgten ihm.
    Sellnow kratzte sich den Kopf und sah Alexandra an.
    »Warum hast du das

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