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Der Arzt von Stalingrad

Der Arzt von Stalingrad

Titel: Der Arzt von Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vor einer Währungsreform stehen und danach alles besser würde! Warum nicht auch bei uns?!«
    »Weil wir Gefangene sind!«
    »Aber Arbeiter für die Sowjets!«
    Peter Fischer warf die Zeitung weg, die ihm Karl Georg gereicht hatte. »Wenn das so ist, warum haben wir uns dann überhaupt gemeldet?«
    »Um schneller nach Hause zu kommen.«
    »Gemerkt habe ich noch nichts. Der Kommissar ist noch immer hier. Über drei Wochen sind 'rum … Es muß sich doch endlich was tun!«
    »Scheiße tut sich!« sagte Karl Eberhard Möller und sah Sauerbrunn an, der sein zerschlagenes Nasenbein kratzte. »Glaubst du daran, Hans?«
    »Ich lass' mich überraschen …«
    Und die Überraschung traf ein.
    Drei Tage später rollten einige Autokolonnen über die gefrorene Straße ins Lager. Es waren russische Fahrer, Sträflinge aus den Skljutschonnyilagern, die vielfach in der Nähe der deutschen Kriegsgefangenenlager errichtet waren und deren Sträflinge – meist kriminelle, aber auch viele politische – in den gleichen Fabriken arbeiteten. Es waren russische Straflager der ersten Stufe, in die man unbequeme Leute einsperrte und sie für den Staat nützlich einsetzte, kleine, an sich harmlose KZ, in denen die Zivilgefangenen nicht schlechter, aber auch nicht besser als die deutschen Plennis lebten.
    Die Wagenkolonne, unter Führung eines Jeeps mit einem russischen Leutnant, fuhr vor das Lazarett und stoppte dort. Der Offizier sprang auf den verharschten Schnee, stampfte die Kälte aus seinen erstarrten Beinen und grüßte steif, als Major Worotilow in Begleitung des dick vermummten Dr. Kresin von der Kommandantur herüberkam.
    »Die Ausstattungen, Genosse Major!« meldete der Leutnant. »Es ist nicht alles, aber was wir bekommen konnten, ist dabei.«
    Dr. Kresin sah Worotilow erstaunt an. »Das neue Lazarett! Moskau hält tatsächlich Wort! Es ist zum Brüllen! Erst sterben Hunderttausende, und jetzt wird um den einzelnen gekämpft! Nur ein Idiot kennt sich in der Politik aus.«
    »Wie gut, daß Sie keiner sind, Genosse«, bemerkte Worotilow ironisch. Brummend betrat Dr. Kresin das Lazarett und prallte an der Tür auf Dr. Böhler, der es gerade verlassen wollte. Sie stießen mit den Köpfen aneinander und fuhren erschrocken zurück.
    »Ihr neues Lazarett«, schrie Dr. Kresin wütend.
    »Deswegen brauchen Sie mir nicht den Schädel einzuschlagen!«
    Lachend stand Major Worotilow daneben und rieb sich die klammen Hände. Kisten auf Kisten wurden ausgeladen und in den Schnee gestellt, viele davon mit amerikanischen Aufschriften, aus San Franzisko, New York, New Orleans, Milwaukee. Arzneien, zusammenklappbare Bahren, Operationstische, Schränke, Instrumentarien, Betten, die neuesten Metallschienen, ein vollkommenes Röntgengerät, eine Rotlichtlampe, Verbandeimer, eine Sterilisationsanlage …
    Dr. Böhler drehte sich zu Dr. Schultheiß um, der aus der Lazarettbaracke trat. Seine Augen glänzten.
    »Verstehen Sie das, mein Junge?« rief er. Seine Stimme zitterte vor Freude. »Es ist, als ob ich wunschlos glücklich träume …«
    Dr. Kresin sah sich brummend die Kisten an und verglich sie mit den Transportlisten, die ihm der junge Leutnant gab.
    »Verfluchte Schweinerei!« schrie er plötzlich. »Wo ist die Kiste mit den Narkosemitteln?!«
    »Welche Kiste?« Der Leutnant wurde rot und trat näher.
    »Nummer 134/43 P!« schrie Dr. Kresin.
    »Ich habe sie nicht gefressen!« sagte der Leutnant dreist. »Ich habe das aufgeladen, was man mir gab. Nicht mehr und nicht weniger …«
    »Das alte Lied!« schrie Kresin außer sich. »Geklaut! Gibt es einen Russen, der nicht klaut?! Und ausgerechnet die Narkosekiste! Jetzt sitzen die Schweine in Stalingrad und vollführen Rauschgiftorgien! Das werde ich nach Moskau melden, Genosse Leutnant!«
    Der junge Offizier war bleich geworden. Er verglich noch einmal die Transportlisten mit den Kisten, die man abgeladen hatte. Kein Zweifel – es fehlte die kleine Kiste mit dem Narkosematerial. Entweder hatte man sie beim Aufladen einfach zur Seite gestellt, oder sie war gar nicht mitgeliefert worden, war schon auf dem Weg nach Stalingrad verschwunden in einen dunklen Kanal, durch den man sie weiterschob …
    Major Worotilow schaute die Lazarettbaracke entlang, wo an einem Fenster der schmale, blasse Kopf Janinas sichtbar wurde.
    »Jetzt wirst du geheilt, mein Täubchen!« schrie er durch die Kälte. »Jetzt werden wir dich gesund machen – nicht wahr, Dr. Schultheiß?«
    Der junge Arzt nickte schwach. »Wenn

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