Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Arzt von Stalingrad

Der Arzt von Stalingrad

Titel: Der Arzt von Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
ab, mein Junge«, sagte dieser gutgelaunt. »Und in drei Tagen bist du wieder da!«
    Zufrieden ging der Soldat aus dem Zimmer, vorbei an den wartenden anderen sechs, die ihn jetzt beneideten. Der heulende Mongole strich sich seinen dünnen Schnurrbart und rang die Hände. Drei Tage ohne Dienst. Mutter Gottes von Kasan … das wäre ein paar Liter Blut wert …
    Dr. Kresin und Worotilow erboten sich, abwechselnd bei Markow zu wachen. Er wurde in das Zimmer gerollt, wo im Sommer der junge Oberfähnrich gelegen hatte. Der lief heute im Lager herum und hatte eine Art Ordnungsdienst unter sich. Seinen Darmausgang hatte er zwar noch immer, doch Dr. Böhler machte ihm Hoffnungen, den Darm nach einem Jahr – bei den neuen Möglichkeiten, die er jetzt besaß – wieder anzuschließen. Dann würde nur noch eine Narbe davon erzählen, wie nahe er dem Tode gewesen war – und was die Kunst eines Arztes sogar in Stalingrad vermochte …
    Gegen fünf Uhr morgens, als Kresin gerade abgelöst hatte, sah Dr. Böhler ins Zimmer. »Alles klar?«
    »Ja. Was wollen Sie denn schon? Legen Sie sich hin und schlafen Sie.«
    »Ich stehe immer um diese Zeit auf. Im Labor warten meine Reihenblutuntersuchungen.«
    »Quatsch! Sie überarbeiten sich, Dr. Böhler.« Kresin erhob sich leise und kam an die Tür. »Sie sollten diese Arbeit einem Assistenten überlassen.«
    »Dr. Schultheiß hat mit seiner Lungenstation vollauf zu tun. Ich kann ihn nicht noch mit diesen Laborarbeiten belasten.«
    »Dann hole ich Ihnen Sellnow wieder. Sie gehen mir ein, wenn Sie so weiterarbeiten!«
    Dr. Böhler lächelte, dann verschwand er wieder in dem dunklen Gang. Er ließ einen sehr nachdenklichen Kresin zurück, der sich sinnend an Markows Bett stellte und scharf zu überlegen begann. Das Ergebnis schien zufriedenstellend zu sein, denn gegen seine sonstige Art fluchte er nicht hinterher, sondern lächelte still vor sich hin. Und wenn Dr. Kresin lächelte, mußte es etwas außergewöhnlich Gutes sein …
    Am Morgen fuhr der russische Arzt nach Stalingrad. Nicht zu Dr. von Sellnow und seiner Alexandra, sondern zum General der russischen Division.
    General Polowitzkij saß in seiner Kommandantur und trank ein Glas Wodka, als Dr. Kresin eintrat und grüßte. Als er sich umdrehte und den Arzt sah, stellte er schnell die Flasche hinter den Sessel, aber nicht so schnell, daß es Dr. Kresin nicht doch bemerkt hätte.
    Der Arzt lächelte breit. »Wieder mal ein Sünder, Genosse General?« fragte er. »Ich habe Ihnen doch Alkohol verboten!«
    »Das ist kein Alkohol, das ist Medizin«, knurrte General Polowitzkij. Er leerte das Glas mit einem Zug und stellte es demonstrativ auf den Tisch vor Dr. Kresin hin, der sich dem General gegenüber in einen anderen Sessel setzte. »Was wollen Sie überhaupt hier? Kommen Sie schon wieder wegen Ihres Lazaretts in 5110/47?«
    »Ja, Genosse General.«
    »Wollen Sie eigentlich aus dem Gefangenenlager einen Kurort machen?«
    »So ähnlich. Leutnant Piotr Markow ist schon zur Kur dort. Dr. Böhler hat ihn operiert. Eine verrückte, waghalsige Operation mit Bluttransfusion. Markow hatte eine derartige Blutvergiftung, daß wir ihn alle – auch ich als Arzt – schon aufgegeben haben.«
    »Und der Deutsche hat ihn gerettet?«
    »Ja.«
    General Polowitzkij griff nach hinten und zog die Flasche Wodka hervor. Eine Ordonnanz brachte noch ein Glas. Der General schüttete beide Gläser randvoll. »Ihr Lieblingskind, dieser Dr. Böhler, muß etwas können!«
    »Wir haben ihm überhaupt zu verdanken, daß 5110/47 in den Jahren 1944 bis 1947 nicht wegen Menschenmangels aufgelöst werden mußte. Mit den primitivsten Mitteln hat er das Leben von Tausenden gerettet!«
    »Das berühmte Taschenmesser«, lachte Polowitzkij.
    »Sie scheinen das für einen Witz zu halten!« Kresin war ehrlich beleidigt. »Ich habe es selbst erlebt!«
    »Jägerlatein, mein lieber Genosse Knochensäger!«
    »Das Taschenmesser ist noch da! Ich habe es aufgehoben für alle Zeiten! Dr. Böhler hat eine Darmoperation mit einem Taschenmesser gemacht und die Wunde mit gerupfter und ausgekochter Seide aus einem gestohlenen Frauenschal genäht!«
    »Und was wollen Sie jetzt für Ihren Wunderknaben?« Polowitzkij trank seinen Wodka und schnalzte mit der Zunge. »Wenn Rußland nichts hätte«, sagte er verzückt, »durch seinen Schnaps wäre es für alle Zeiten berühmt!«
    »Und Ihr vorzeitiger Tod ist er auch!« Kresin nahm dem General die Flasche aus der Hand, als er noch einmal

Weitere Kostenlose Bücher