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Der Assistent der Sterne

Der Assistent der Sterne

Titel: Der Assistent der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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er.
    »Und noch etwas«, sagte er. »Ilunga Likasis Adoptiveltern leben hier in Brügge. Haben die Antwerper davon etwas erwähnt?«
    »Nein. Aber das ist nur eine Frage der Zeit.«
    »Du bist der Kontaktmann. Die Antwerper werden dich bitten, mit den Eltern zu sprechen. Und jetzt hör mir gut zu, Frans. Wenn die Mutter erfährt, dass ihrer Tochter etwas zugestoßen ist, wird sie möglicherweise behaupten, dass ich ihre Tochter umgebracht habe. Ein Wahrsager hat ihr den Tod ihrer Tochter prophezeit … und du hast da etwas am Hals, Frans.«
    »Was?«
    »Du hast einen Leberfleck am Hals.« Es war Jensen noch nie aufgefallen: ein dunkelbrauner Fleck von der Größe einer Ein-Cent-Münze. »Wenn du mit der Mutter sprichst, würde ich dir empfehlen, einen Schal zu tragen, damit sie diesen Leberfleck nicht sieht. Sie glaubt nämlich, dass ein Mann mit einem Mal am Hals ihre Tochter töten wird. Hör dir einfach an, was sie sagt. Und falls sie meinen Namen erwähnt, sollte er in deinem Bericht nicht auftauchen. Ich weiß, was ich da von dir verlange. Aber gib mir bitte einfach drei Tage Zeit.«
    »Du und deine drei Tage!« Stassen zog aus seiner Manteltasche ein Papiertaschentuch hervor und rieb sich damit die Stirn trocken, denn er schwitzte, trotz der Kälte, ein Fetzen Papier blieb über seiner Augenbraue kleben. »Was willst du denn in diesen drei Tagen tun? Den Fall selber lösen?«
    »Das wäre wohl das Beste.«
    »Dann wünsche ich dir viel Glück. Von ganzem Herzen. Und ich hoffe, du denkst dabei auch ein wenig an mich. Begünstigung eines Tatverdächtigen. Irreführung der zuständigen Ermittlungsbehörden. So ungefähr nennt sich das, was ich tue. Ich würde ruhiger schlafen, wenn ich wüsste, was du zu tun gedenkst, wenn die drei Tage um sind, ohne dass der Mörder oder Entführer oder wer auch immer an deiner Handschelle hängt.«
    »Wer leitet die Ermittlungen?«
    »In Antwerpen? Verstreken.«
    »Joos Verstreken?«
    »Genau der. Inspecteur Joos Verstreken.«
    »Das macht es nicht leichter.«
    »Nein.«
    »Trotzdem. Und das verspreche ich dir, Frans. Falls sich in diesen drei Tagen nichts tut, werde ich mit Verstreken sprechen. Ich werde ihm die Wahrheit sagen. Außer natürlich, dass du mir geholfen hast. Meine Fingerabdrücke auf dem Zettel, dass ich mit Ilunga Likasi geschlafen habe, er wird das alles erfahren.«
    »Und deine Freundin? Das würde bedeuten, dass sie es auch erfährt.«
    »Ich werde es zuerst ihr sagen und dann Verstreken. In dieser Reihenfolge.« Was für ein waghalsiges Versprechen.
    »Und was ist mit Shanghai? Verstreken wird mit deiner Freundin sprechen, und sie wird ihm sagen, dass sie nicht in Shanghai war.«
    »Nein. Sie wird ihm sagen, dass sie nach Shanghai reisen wollte, es sich dann aber anders überlegt hat.«
    Das kannst du Stassen doch überhaupt nicht garantieren!, dachte Jensen.
    »Weißt du was, Hannes? Ich glaube, ich bin erledigt. Das wird alles nicht funktionieren. Du musst denken, dass ich ein Dummkopf bin. Aber ehrlich gesagt: Es ist mir egal. Das Verfahren, meine ich. Der Prozess. Ein Jahr bedingt, das ist das Schlimmste, was mich erwartet. Und natürlich die Entlassung. Nicht, dass du denkst, dass ich ein solches Risiko eingehe, nur weil wir im Celtic Ireland ein paar Biere miteinander getrunken haben. Die Wahrheit ist, dass ich die Nase voll habe. Ich bin jetzt achtundvierzig. Die meisten Kriminellen sind zehn Jahre jünger als ich. Und was tut man, wenn man merkt, dass man in seinem Beruf der Älteste ist? Man steigt aus. Jedenfalls, wenn man klug ist und es sich leisten kann. Du weißt es wahrscheinlich nicht, aber mein Vater ist vor drei Monaten gestorben. Er war siebenundachtzig, und merkwürdigerweise hat er mir genau diese Summe vererbt, mal tausend. Also. Wenn mir diese Sache hier das Genick bricht: umso besser. Dann züchte ich Lilien. Das ist mein Ernst. Ich verstehe eine Menge von Lilien.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ich muss jetzt gehen. Die Antwerper warten auf meine Falschmeldung. Und hör mal, falls du das Gefühl hast, dass du mir etwas schuldig bist … Sinja macht im Frühjahr ihr Abitur. Meine Tochter, Sinja.«
    »Ja«, sagte Jensen.
    »Sie ist musisch hoch begabt, sie spielt Chopin, ohne Noten, also auswendig. Ihr Klavierlehrer sagte, das sei ziemlich außergewöhnlich. Er glaubt, dass sie die Aufnahmeprüfung fürs Konservatorium schaffen könnte.«
    Stassens Gesicht rötete sich vor Stolz.
    »Das ist toll«, sagte Jensen.
    »Ja. Aber das

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