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Der Atem der Angst (German Edition)

Der Atem der Angst (German Edition)

Titel: Der Atem der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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Familienangehörige in der darauffolgenden Nacht verschwunden. Das bedeutete nichts Gutes. Überhaupt nichts Gutes. Hatte sich Michelle etwas angetan? Gehörte all das zum kranken Plan des Täters? Oder war das reiner Zufall? Heidi hatte es gespürt. Mit dem Mädchen im rosafarbenen Frotteebademantel hatte etwas nicht gestimmt. Michelle hatte ihr etwas verschwiegen. Heidi hätte sie nicht so einfach davonkommen lassen dürfen. Sie hätte das Mädchen zum Reden bringen müssen. Mein Gott, welche Angst sie ausgestanden haben musste! Heidi sog die Luft tief durch die Nase ein. Verdammt! Verdammt, verdammt, verdammt! Dieser Henner mit seiner weichen, verständnisvollen Art hatte sie vollkommen aus dem Konzept gebracht. So ein Weichei, das einem aus dem Hintergrund in die Ermittlungen pfuschte, konnte sie nicht gebrauchen. Man sah ja, wohin das führte!
    Heidi klappte die staubige Akte wieder zu. Dabei flatterte ihr eine Notiz auf den Schoß, die offenbar nachträglich in die Akte gelegt worden war. Darauf war handschriftlich vermerkt: Gero – Suizid – zwei Tage nach Verschwinden von B. – Zusammenhang überprüfen!
    Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Heidi drehte den gelben Zettel um, dann durchsuchte sie noch einmal die Mappe nach den Ermittlungsergebnissen. Doch da war kein weiterer Hinweis. Und auch Madeleine, die sich hoffnungsvoll ein zweites Mal lautlos ins Büro zwängte, wusste nichts von einer Akte über einen Gero. Sie kannte nur den Namen. Gero war ein Junge, der sich vor fünfundzwanzig Jahren erhängt hatte. Sein Vater, der ehemalige Besitzer des Sägewerks, hatte ihn im Schuppen hinter dem Sägewerk entdeckt.
    Madeleine senkte ihre Stimme ab: » Der Vater wird dir aber nichts mehr sagen können. Der hat sich kurze Zeit nach der Isabel-Geschichte in den Kopf geschossen und vegetiert drüben in St. Steiner im Pflegeheim als Salatblatt vor sich hin.«
    Heidi lächelte freundlich. » Danke, Madeleine.« Das wurde ja immer verwirrender! Lauter Menschen, die sich umbrachten oder verschwanden! Was ging in diesem Ort vor sich? Hingen die einzelnen Fälle miteinander zusammen oder hatten sie gar nichts miteinander zu tun? Ähnelten sie sich nur zufällig?
    Von hinten drängte sich Henner in Winterjacke und Pudelmütze ins Büro. » Morgen. Die Frau von der Blumenhandlung hat angerufen. Ihr ist wieder eingefallen, wer die pinkfarbene Orchidee gekauft hat. Ein Herr mittleren Alters.«
    Heidi lächelte noch breiter, wobei ihr zum Heulen zumute war. Musste sie hier eigentlich jeden drängenden Schritt anweisen?! » Ach, was! Dann soll sie unverzüglich herkommen und wir lassen ein Phantombild erstellen.«
    Jetzt nahm Henner doch seine Pudelmütze ab und knetete sie hilflos in Händen. » Geht nicht. Sie hat eine Art Nervenzusammenbruch erlitten, als sie realisiert hat, dass der Täter in ihrem Laden eine Blume für Leonie gekauft hat.«
    Heidi nickte, wobei sie innerlich beschloss, ab jetzt grenzenlose Geduld walten zu lassen, um nicht an einem Magengeschwür draufzugehen. » Dann fahren wir eben zu ihr.«

24 . NIEMAND
    Der Baustellenscheinwerfer warf sein grelles Licht auf die rohen Holzlatten, die auf dem feuchten Kellerboden lagen und heimeligen Holzgeruch ausströmten. Das war der Geruch seiner Kindheit, die er im Sägewerk seines Großvaters verbracht hatte. Als kleiner Junge hatte er ihm Tag für Tag dabei zugesehen, wie er lange Baumstämme in Scheiben zerlegte. Nach Feierabend hatte er selbst kleine Sägearbeiten erledigen dürfen. Er hatte den Tag herbeigesehnt, an dem er das Sägewerk einmal übernehmen würde. Er liebte den Wald. Das Holz. Die Späne. Den harzigen Geruch. Jetzt hörte er es wieder: Das Kreischen der Sägen. Zuerst leise, dann schwoll es immer mehr an, bis es unerträglich laut wurde. Um das quälende Geräusch loszuwerden, schüttelte er den Kopf. Mit einem Mal sah er sein schmales Handgelenk wieder vor sich, das von der gewaltigen Pranke seines Großvaters aus der rotierenden Kreissäge zurückgerissen wurde. Im Bruchteil einer Sekunde waren seine Finger von der eben noch unversehrten Hand geflogen und auf dem mit Sägemehl überzogenen Asphaltboden gelandet.
    » Junge! Mein Gott, Junge!« Entsetzt hatte der Großvater sein Handgelenk in die Höhe gehalten und aus den Fingerstummeln war das Blut geschossen. » Habe ich dir nicht tausend Mal gesagt, dass du die Finger von der Maschine lassen sollst!?«
    An das Darauffolgende konnte er sich nicht mehr erinnern. Immer wieder nur an

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